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Lothar Lang mit Pflanzgut aus dem eigenen Wald.
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Wildlinge – eine Alternative zur Baumschulware?

20. Oktober 2020

In Zeiten knapper Baumschulware kann es eine Überlegung wert sein, Wildlinge zu werben und selbst anzuziehen. Damit dies erfolgreich gelingen kann, sind einige Dinge zu beachten.

Idealerweise wählt man Wildlinge aus einem anerkannten Saatgutbestand. Besteht diese Möglichkeit nicht, können aber solche aus der eigenen Waldfläche geworben und  verwendet werden. Ein Verkauf der Pflanzen ist dann allerdings laut Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) nicht erlaubt.

Naturverjüngung – ungenutztes Pflanzpotenzial
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Ebenfalls zu beachten ist der Standort der Pflanzen: Wildlinge, die unter Schirm, also im Schatten aufgewachsen sind, haben Schattennadeln bzw. -blätter entwickelt. Werden sie anschließend auf eine Freifläche mit hoher Sonneneinstrahlung gepflanzt, ist ein sehr hoher Pflanzenausfall zu erwarten, denn die Pflanze hatte dann nicht genug Zeit, sich von Schattennadeln oder -blättern auf Licht- bzw. Sonnennadeln/-blätter umzustellen.

Douglasien-Wildlinge frisch ausgehoben (links) und nach sechs Monaten im Container (rechts)
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Auch die Wurzeln sind bei im Schatten gezogenen Wildlingen nur in geringer Anzahl vorhanden. Deshalb wurden von uns im Frühjahr 2020 Wildlinge der Baumarten Douglasie und Große Küstentanne (Abies Grandis) in der Höhe 10 bis 20 cm gewonnen und in 6x6x15 cm große Behälter mit hochwertiger Baumschulerde gepflanzt. Hierfür sollte keinesfalls Blumenerde verwendet werden.

Ein wenig Pflege

Eine Pflanzpalette bietet Platz für 15 Wildlinge. Es empfiehlt sich, diese für die weiteren Arbeiten wie Bewässerung, Kontrolle und Luftwurzelschnitt hoch zu stellen. Der Platzbedarf für 180 Topfpflanzen beträgt etwa einen Quadratmeter.

Große Küstentanne – am 15.09.2020 getopft. Eine einfache Beschattung ist je nach Lichteinfall etwa sechs bis acht Wochen nötig.
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Es dauert rund sechs bis acht Wochen, bis sich Schattennadeln in Sonnennadeln umwandeln. Hierfür ist eine Beschattung der Pflanzen erforderlich. Abzuschätzen, zu welchen Tageszeiten diese Beschattung eingesetzt und wieder entfernt werden sollte, erfordert etwas Übung. Wem es jedoch gelingt, der wird mit hochwertigem Pflanzmaterial belohnt, welches nach der Verholzung des Triebes in der gewünschten Pflanzgröße zur Verfügung steht.

Einen Versuch ist es wert

Wenn Sie durch diesen Bericht Interesse an der Wildlingswerbung bekommen haben, probieren Sie es aus! Sie werden überrascht sein, wie viele Wildlinge bei Ihnen vorhanden sind und mit welch geringem Aufwand und Kosten diese herangezogen werden können. Ein Versuch lohnt sich!

Lothar Lang, Waldbesitzer und Forstwirtschaftsmeister,<br> Finalist beim Deutschen Waldpreis 2019