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Der Pinienprozessionsspinner ist – ähnlich wie sein Verwandter, der Eichenprozessionsspinner – ein klarer Profiteur im Klimawandel.
Der Pinienprozessionsspinner ist – ähnlich wie sein Verwandter, der Eichenprozessionsspinner – ein klarer Profiteur im Klimawandel.

Warum viele Schadinsekten vom Klimawandel profitieren

19. Mai 2023
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass viele Schadinsekten vom Klimawandel profitieren – unter ihnen sind dabei nicht nur die bekannten Fichtenborkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher, auch andere Insekten gehören hier zu den Gewinnern.

In den vergangenen Jahren wurde bereits vielerorts in Deutschland, Österreich und der Schweiz beobachtet, dass sich Schadinsekten immer weiter ausbreiten. Die fortschreitende Klimaerwärmung macht es möglich. Dabei profitieren die Insekten auf unterschiedliche Weise von den Umweltveränderungen. Einerseits werden die Wirtsbäume geschwächt, andererseits fördern die steigenden Temperaturen und milde Winter die Ausbreitung vieler Arten. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Geograf Léonard Schneider, Doktorand am gemeinsamen Lehrstuhl für Angewandte Klimatologie an der Universität Neuenburg und der Eidg. Forschungsanstalt WSL. Das Ziel seiner Doktorarbeit war es, die Auswirkungen des Klimawandels auf Schädlinge in der Schweiz zu modellieren.

Was Klimadaten mit dem Fortpflanzungsverhalten von Insekten zu tun haben ...

Es ist das erste Mal, dass eine Studie von Klimadaten – hauptsächlich von Temperaturmessungen – ausgeht und diese mit der Fortpflanzung von Insektenschädlingen in der Schweiz in Verbindung bringt, heißt es in einer Mitteilung der WSL. In dieser Studie untersuchten Schneider und seine Kollegen, ob die Veränderung der Tagestemperaturen die Fortpflanzung gewisser Arten von Schädlingen begünstigen könnte. Die Erkenntnis: Da die Winter weltweit milder werden und die Zeitspanne, in der Insekten sich entwickeln können, somit länger und wärmer, ist tatsächlich ein positiver Zusammenhang festzustellen, so die Forschenden.

„Das ist besonders deutlich bei Schädlingen, deren Fortpflanzungszyklus mehrere Generationen in einem Jahr umfasst, wie beim Buchsbaumzünsler, beim Bekreuzten Traubenwickler oder beim Apfelwickler“, erläutert Schneider. „Eine wärmere Entwicklungssaison begünstigt beispielsweise eine zusätzliche Generation pro Jahr.“

Um Modelle zur Vorhersage dieser Entwicklung zu erstellen, zog Schneider die durchschnittliche Tagestemperatur während der Entwicklungssaison der Insekten heran. Von diesen Temperaturen hänge es schlussendlich ab, ob eine zusätzliche Generation erscheint oder nicht.

„Dazu“, so Schneider, „haben wir Daten der täglichen Durchschnittstemperatur der letzten 40 Jahre (genauer gesagt von 1980 bis 2021, jeweils erfasst für den Zeitraum April bis September) gesammelt, die von 67 Messstationen von MeteoSchweiz in 200 bis 2.300 Metern Höhe stammen. Dann haben wir zwei Klimaszenarien verwendet, die einen unterschiedlichen Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre in den nächsten Jahren vorsehen, um daraus die täglichen Durchschnittstemperaturen von 2022 bis 2099 abzuleiten.“ In beiden Szenarien treten demnach pro Jahr eine oder mehrere zusätzliche Generationen dieser Insekten auf, wobei die Folgen bei geringeren CO2-Emissionen deutlich weniger gravierend sind.

Kurze Winter, lange Sommer

Andere Schädlingsarten könnten den Winter leichter überstehen, fährt der Forscher fort, der unter der Aufsicht von Martine Rebetez, Professorin für Klimatologie, geforscht hat. Man denke an den Pinien-Prozessionsspinner (Thaumetopoea pityocampa) und die Fichtenröhrenlaus (Elatobium abietinum) sowie an einige Kulturschädlinge wie die Grüne Reiswanze (Nezara viridula).

Laut WSL-Angaben zeigen die Modelle, dass die künftigen Temperaturen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts gewisse Kulturschädlinge bevorteilen werden, indem sie ihnen erleichtern, bspw. auch im Schweizer Mittelland zu überwintern. Die Entwicklung betrifft auch bestimmte Baum- und Waldschädlinge, die sich dadurch wahrscheinlich bis in höhere Lagen ausbreiten werden.

Mit Material der WSL