Die Holznutzung ist die wichtigste Einkommensquelle für Waldbesitzer. Aber ob das immer so bleiben wird? Es deuten sich zumindest weitere Möglichkeiten an. Eine zunehmende Rolle könnten schon bald Transferleistungen des Staates spielen. Neben den üblichen Fördermitteln will die Bundesregierung dieses Jahr erstmals 200 Mio. € Extrageld verteilen, um die Ökosystemleistungen der Wälder zu honorieren. Das wünschen sich kommunale und private Forstbetriebe schon seit Jahren. Noch ist es eine einmalige Aktion, für die noch nicht einmal die Vergabekriterien feststehen. Aber ein Anfang ist gemacht. Im Mai wird sich die Agrarministerkonferenz mit diesem Thema beschäftigen.
Daneben gewinnen privatwirtschaftliche Einkommensquellen an Bedeutung. Man denke nur an Windkraftanlagen im Wald oder an Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, für die es einen wachsenden Bedarf gibt, weil Firmen ihre Baumaßnahmen oder ihren CO2-Ausstoß duch Aufforstungen oder Waldumbaumaßnahmen kompensieren wollen. Nicht zuletzt dürfte sich der freiwillige Handel mit CO2-Zertifikaten zu einer wichtigen Säule entwickeln. Ein Markt dafür scheint gerade auch in Deutschland zu entstehen, wie beispielweise das Start-Up „Let’s Woodify“ zeigt.
Let´s Woodify
Die Let´s Woodify GmbH bietet Waldbesitzern ein neues Geschäftsmodell an. Sie pachtet intakte oder geschädigte Wälder mit stehendem Totholz, die sie anschließend auf Grundlage waldökologischer Prinzipien in klimafeste Mischwälder umwandelt. Sie verzichtet dabei auf die Holzernte und lässt Totholz einfach stehen. Die Besitzer dürfen die Flächen 30 Jahre lang nicht mehr bewirtschaften, sie werden als Waldreservate ausgewiesen oder mit einem Eintrag im Grundbuch vor dem Holzeinschlag geschützt. Für die zusätzlich im Wald verbleibende CO2-Menge lässt sich Woodify Emissionszertifikate ausstellen, die sie wiederum an Unternehmen oder Privatpersonen verkauft, die ihre CO2-Bilanz ausgleichen wollen. Bisher hat Let´s Woodify Verträge mit sechs Gemeinden und einem Landkreis abgeschlossen. Weitere Gemeinden, aber auch Privatwaldbesitzer sollen ernsthaftes Interesse bekundet haben.
Wieviel CO2 der Wald mit dem Konzept zusätzlich bindet, das soll der TÜV Nord Cert zertifizieren und zwar auf Grundlage von Kriterien, die Let´s Woodify zusammen mit dem Centre for Econics and Ecosystem Management (CEEM) an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde entwickelt hat. Zu den Direktoren zählt unter anderem Professor Pierre Ibisch. Damit die Unternehmen sicher sein können, dass ihre CO2-Zertifikate fälschungssicher sind und nicht etwa mehrmals verkauft werden können, führt Let´s Woodify eine Blockchain-basierte System Certif-ID für die Zertifikate ein. Mit ihr lassen sich Klima- und Emissionsdaten sowie der Handel mit CO2-Zertifikaten zurückverfolgen.
Ein wenig erinnert das Konzept von Let´s Woodify an das Urwaldprojekt von Peter Wohllebens Waldakademie. Diese pachtet Waldflächen, um sie 50 Jahre lang sich selbst zu überlassen. Im Zentrum des Interesses stehen dabei alte Buchenwälder ab 100 ha Größe. Finanziert wird das aber nicht über den Verkauf von CO2-Zertifkaten, sondern durch Spenden.
Beide Initiativen wollen mit ihrem Angebot neben der Kohlenstoffspeicherung auch die Biodiversität im Wald fördern und bieten den Waldbesitzern dafür eine attraktive Bezahlung an. Die Waldakademie orientiert sich bei der Pacht an dem zu erwartend Holzerlös und legt noch einen Betrag X oben drauf. Beide Modelle haben auch eine erwerbswirtschaftliche Komponente. Wie Dr. Anselm Schneider sagt, einer der Gründer von Let´s Woodify, fließen jedoch zwei Drittel der Erträge zurück in den Wald.
Geo schafft Wildnis
Keine Gewinnabsichten verfolgt dagegen des Magazin Geo mit seinen im März vorgestellten Plänen. Es hat den Verein „Geo schafft Wildnis e.V.“ gegründet und will in Zusammenarbeit mit der Loki Schmidt Stiftung Wald kaufen, um ihn anschließend sich selbst zu überlassen. Ziel der Initiative ist es, in Deutschland mehr Wildnisflächen zu schaffen. „Denn Wildnisgebiete sind zwar essenziell für den Arten- und Klimaschutz, in Deutschland aber rar“, teilt das Magazin mit. Gerade einmal 0,6 % der Landesfläche Deutschlands seien derzeit geschützte Wildnis. Dabei hätten es bis Ende 2020 eigentlich 2 % sein sollen – zumindest laut der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt” aus dem Jahr 2007.
Geo schafft Wildnis spricht konkret die 2,39 Mio. Leser von Geo an (Reichweite laut AWA 2021). Sie können ihre Waldflächen zum Kauf anbieten oder sich mit Spenden am Kauf beteiligen. Redaktionsleiterin Katharina Schmitz: „Als wahrscheinlich erste Redaktion Deutschlands kaufen wir deshalb einen bestehenden Wald. Und machen dort: nichts!“
Auswirkungen
Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich solche Modelle in Zukunft ausbreiten werden. Den Befürwortern der Waldbewirtschaftung bereiten sie ohne Zweifel Kopfschmerzen. Die Flächenstilllegungen werden aus ihrer Sicht dazu führen, dass die Rohstoffbasis für Waldarbeiter, Forstunternehmer und ihre Beschäftigten aber auch für die Holzindustrie zurückgehen wird. Ausgerechnet im ländlichen Raum dürften dann auch Arbeitsplätze verschwinden. Mit der Einstellung der Holznutzung sinkt zugleich die Holzmenge, die in langfristigen Produkten CO2 bindet und nicht nachhaltig erzeugte Rohstoffe ersetzt.