Das aktuell in der Branche diskutierte Thema „Digitalisierung in der Forstwirtschaft“ bietet vieleinteressante Aspekte. Virtueller Wald, Internet der Dinge, Digitaler Zwilling, Augmented Reality oder Unmanned aerialvehicle (UAV) sind Schlagworte kommender Technologien – doch was sind die Tagesaufgaben?
Für eine effektive Digitalisierung der Branche bedarf es zunächst einer Standardisierung der Geschäftsprozesse, die auf vereinheitlichten Verfahren und Begriffsdefinitionen basieren und über definierte Schnittstellen unternehmensübergreifend kommunizieren. Belastbare Geodaten müssen die Arbeitsprozesse unterstützen.
Mit Open Street Map und dem Kartenmaterial der NavLog GmbH, das digital die Waldwege, Orthofotos und topografische Karten bereitstellt, existiert bereits eine gute Geodatengrundlage. Mit ELDAT – und zukünftig ELDATsmart – steht eine Kommunikationsschnittstelle zur Verfügung, die auf der Basis der ELDAT-Referenztabellen die Kommunikation zwischen den Akteuren ermöglicht. Die Referenztabellen sind auch Bestandteil der Rahmenvereinbarung für den Rohholzhandel (RVR), auf die sich Deutscher Forstwirtschaftrat (DFWR) und Deutscher Holzwirtschaftrat (DWHR) verständigt haben, um Sortierung, Vermessung und Begriffsdefinitionen zu konsolidieren.
Erfolgreiche Digitalisierung durch Standardisierung?
Wie es scheint, sind Grundlagen für eine Standardisierung der Prozesse gegeben, die Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Digitalisierung bilden könnten. Doch eine Vereinheitlichung der Prozesse scheint noch nicht wirklich greifbar. Die einzigen Standardprogramme der Forstbranche sind bundesweit WORD und EXCEL. In den Staats- und Landesbetrieben haben sich jeweils länderspezifische Branchenlösungen etabliert, länderübergreifende Lösungen bilden eher die Ausnahme. Im Privat- und Kommunalforst regiert ein extremes Customizing, individuelle Konfigurationsmöglichkeiten verlangen einen hohen Pflegeaufwand für die jeweils kundenspezifischen IT-Systeme. Ob die Verfahren und Begriffsdefinitionen der RVR durchgängig in bestehende Warenwirtschaftssysteme implementiert sind, um so eine einheitliche Geschäftsgrundlage zu bilden, bleibt fraglich. Das damit verbundene notwendige Redesign der Systeme verlangt Investitionen. Das gilt auch für die Einführung von ELDATsmart. Mit den ELDAT-Referenztabellen wurde bereits ein wichtiger Schritt zur Konsolidierung der Kommunikation im Cluster Forst und Holz vollzogen, die Wirkkraft von ELDATsmart muss sich jetzt durch eine zeitnahe Umsetzung entfalten und in der Praxis bewähren, um die Holzbereitstellung von der Ernte bis zur Rechnungsstellung in diesem Format zu kommunizieren. Der Paradigmenwechsel vom Warenkorb (classic) zum Prozessschritt (smart) verspricht ein Ende unzähliger Derivate.
Die Geodatengrundlage der NavLog GmbH ist bei den Staats- und Landesforsten als auch bei den beteiligten Unternehmen der Holzindustrie weitgehend etabliert. Rahmenverträge, die Privat- und Kommunalforstbetrieben sowie kleinen und mittleren Unternehmen der Holzindustrie die Datennutzung erlauben, bestehen erst mit drei Bundesländern. Die aktuellen Lizenzmodelle sind für kleinere Betriebe derzeit häufig noch nicht attraktiv genug.
Eine Prognose
Der Druck zur Digitalisierung und der damit verbundenen Standardisierung wird sich erhöhen. Voraussichtlich werden sich Verkaufsprozesse von den Staats- und Landesforsten durch das Kartellrecht zum Privat- und Kommunalwald verlagern. Dabei gilt: die Bewirtschaftung des Waldes und der Holzverkauf müssen wirtschaftlich sein, da sonst kein Anreiz für unternehmerisches Handeln besteht. Es werden sich hier neue Chancen für Forstbetriebsgemeinschaften, Waldbesitzervereinigungen, den Großprivatwald und Handelsorganisationen ergeben. Notwendig wird dabei der effektive Einsatz von einfacher, intuitiv bedienbarer Software sein, um Geschäftsprozesse zu automatisieren und zu standardisieren. Diese Forderung wird durch den Generationswechsel auf der Ebene der Entscheider forciert werden. Die „digital immigrants“, also die Akteure, die die Informationstechnologie erst im Erwachsenenalter kennengelernt haben, reichen den Stab an die „digital natives“ weiter, die bereits in der digitalen Welt aufgewachsen sind. Die „digitalen Einwanderer“ haben die erste Generation forstlicher Warenwirtschaftssysteme eingeführt. Hohe Kosten und hoher Aufwand bei Einführung und Schulung haben diese Generation sehr lange an heute veralteten Systemen festhalten lassen, die für die „digitalen Ureinwohner“ nur noch schwer zu akzeptieren sind, denn im Bereich der Informationstechnologie hat eine rasante Entwicklung stattgefunden. Die erste forstliche Branchensoftware der 80er-Jahre war geprägt durch betriebssystemnahe Entwicklung, „Allrounder“ erarbeiteten technische und fachliche Lösungen, bei denen Funktionalität und Performance im Vordergrund stand. Heute hat sich der Schritt „vom Handwerk zur industriellen Fertigung“ vollzogen. Die ISO Norm 9241 definiert die Software-Ergonomie an der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Eine Spezialisierung in verschiedene Arbeitsbereiche wie Key Account, Teamleitung, Projektleitung, Systemdesign, Business Analyse, Entwicklung, Deployment, Dokumentation und Qualitätssicherung bietet den Anwendern heute eine deutlich höhere Professionalität, bei der Usability und Qualität im Fokus stehen.
Zurück zum Tagesgeschäft
Neue Formen der Betreuung beim Auszeichnen und beim Holzverkauf im Kleinprivatwald werden nötig sein. Dazu bedarf es förderpolitischer Konzepte der Bundesländer. Notwendig wird eine GIS-basierte Dokumentation der Besitzverhältnisse im Privatwald sein, damit unternehmensindividuelle Holzeinschläge geplant, überbetrieblich koordiniert und protokolliert durchgeführt werden können. Handelskomponenten müssen das Holz einzelner Waldbesitzer bündeln, damit es in größeren Partien durch forstliche Zusammenschlüsse verkauft werden kann.