Die britische Non-Profit-Organisation Earthsight erhebt schwere Vorwürfe gegen den Möbelgiganten IKEA und den FSC. Es geht um jederzeit verfügbare Billigmöbel, die dennoch auch vorgeblich nachhaltigem Holz sind.
Holz aus der Ukraine
Als Fallbeispiel dient die Firma Plimob im rumänischen Sighetu Marmației in der Region Maramureş direkt an der Grenze zur Ukraine. Sie produziert Stühle wie die IKEA-Ikonen „Terje“ oder „Ingolf“. Billiges Holz war in Rumänien viele Jahre eine Selbstverständlichkeit. Durch Widerstände gegen ungeregelte Forstwirtschaft und Raubbau in Nationalparks steigen jedoch die Holzpreise. Auf der anderen Seite der Grenze, nur 18 km von Plimob entfernt in, produziert die ukrainische Möbelfirma VGSM ebenfalls für IKEA. Bis 1998 gehörte sie laut Earthsight zur IKEA-Tochter Swedwood, wurde dann aber verkauft, angeblich wegen Korruptionsvorwürfen. Neben der direkten Produktion für IKEA liefere VGSM jedoch große Menge Buchenschnittholz an Plimob.
40 % illegal
Soweit, so unauffällig. 40 % des Holzes, das direkt oder über Holzeinschlagsunternehmen an VGSM geht, sie illegaler Herkunft, behauptet Earthsight. Dabei gehe es weniger um Holzfällungen in Schutzgebieten, sondern um Verstoß gegen Ruhezeiten. In der Ukraine ist während er Brut- und Setzzeit von 1. April bis zum 15. Juni jeder Holzeinschlag verboten. Ausnahme: Sanitärhiebe, beispielsweise Sturmwürfe. Earthsights Vorwurf: Die ukrainischen Forstbehörden winken gegen entsprechendes Kleingeld jeden Holzeinschlag als Sanitärhieb durch. Die staatliche Umweltinspektion der Ukraine habe 2018 allein für das VGSM betreffende Gebiet 109 illegale Rodungen festgestellt. 2019 und 2020 sei das Niveau ähnlich hoch gewesen.
Systematischer Betrug
Die illegalen Einschläge seien keine Einzelfälle, berichtet Earthsight weiter. Forstleute und Waldarbeiter seien an dem systematischen Betrug beteiligt. Niedrige Löhne verführen zur Korruption. So werden aus 200 Fm offiziellem Holzeinschlag gern mal 300 Fm, von denen 100 Fm in dunklen Kanälen und das Geld dafür in den Taschen der Beteiligten verschwinden. Papiere, die das Holz legalisieren, stelle der regionale Staatsforstbetrieb gleich mit aus.
Unwirksame Kontrollen
Dennoch ist auch dieser Staatsforstbetrieb FSC-zertifiziert. Wie das, will doch gerade das FSC-Siegel als Garant für Legalität und Nachhaltigkeit gelten? Ein Whistleblower erklärt gegenüber Earthsight, dass es FSC-Kontrolleuren nicht gestattet sei, selbständige Kontrollen durchzuführen. Alle Mitarbeiter des kontrollierten Betriebs bekommen demnach für den Tag der Kontrolle neue Arbeitskleidung, die ihnen anschließend wieder abgenommen werde. „Maskenball“ nennt der Informant das.
Widersprüche
Bei einer Befragung hätten sich VGSM, IKEA und FSC in Widersprüche verstrickt, erklärt Earthsight. Einmal gelte die Ruhezeit laut IKEA nur auf Teilflächen der Wälder, im Rest dürfe man Holz ernten. Dann gelte sie laut FSC doch für den gesamten Wald, das Gesetz lasse aber Spielräume offen, so IKEA nach einer Kehrtwende. Auch VGSM berufe sich auf die unklare Gesetzeslage und spricht von einem „europäischen ökologischen Standpunkt, wonach Holz, das durch Bruch einer Vorschrift geerntet wird, als illegal gilt“. Soviel zum ukrainischen Rechtsverständnis. Falsch gemacht habe jedenfalls niemand etwas.
Wer zahlt, schafft an
Als Kernproblem hat Earthsight identifiziert, dass der FSC genau von den Firmen bezahlt wird, die er prüfen soll. Man brauche nicht viel Phantasie, so Earthsight, um sich vorzustellen, dass die Prüfungen im Sinne des Geprüften ablaufen. Es mag sein, dass es in Deutschland und Westeuropa tatsächlich Firmen in der Forst- und Holzwirtschaft gibt, die ein Eigeninteresse an nachaltiger Forstwirtschaft und nachhaltigen Holzprodukten haben. Nur in diesen Fällen funktioniert das FSC-Siegel Ansonsten nicht. Dann ist es lediglich ein Türöffner für illegale Hölzer in den europäischen Markt.