Der Fachartikel basiert auf der Bachelorarbeit von Eike Schumann an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE). Das Untersuchungsgebiet waren vier Reviere des staatlichen Forstbetriebs Anhalt im Fläming, einem Höhenzug östlich von Magdeburg bis Baruth. Der Landesforstbetrieb von Sachsen-Anhalt bewirtschaftet in diesen Revieren eine Jagdfläche von insgesamt 12.516 Hektar. Die Hauptwildarten sind dort Dam-, Reh und Schwarzwild, Nebenwildarten sind Rot- und Muffelwild. Die Datenauswertung kann auf einen Zeitraum von 13 Jahren zurückgreifen, beginnend mit dem Jagdjahr 2007/2008 bis 2021. Erhoben wurde das Anwachsen der Wolfspopulation, die Entwicklung der Jagdstrecken sowie der Zustand der Kulturen im Wald.
Rudel wachsen nicht mehr
Im Untersuchungszeitraum hatten sich in der Region insgesamt sechs Wolfsrudel etabliert, deren Streifgebiete den Fläming tangieren. Eine erste überraschende Entwicklung gab es schon hier zu verzeichnen: Während in der Anfangszeit beim ersten Rudel bis zu acht Welpen geworfen wurden, ging die Reproduktionsrate später deutlich zurück - mit der Ansiedelung des vierten Rudels auf nur noch knapp zwei Nachkommen pro Rudel. Mit zunehmender Konkurrenz scheint sich die Population also zu stabilisieren und nicht mehr weiter anzuwachsen.
Jagdstrecken sinken
Mit einer Intensivierung der Jagd in den Anfangsjahren der Studie stiegen die Zahlen des erlegten Wildes zunächst deutlich an. Schon nach wenigen Jahren gingen die Strecken beim Rot- und v.a. beim Damwild jedoch stark zurück und scheinen sich auf einem niedrigen Niveau einzupendeln. Die Rehwildstrecke ist dagegen relativ stabil geblieben. Beim erlegten Schwarzwild schwanken die Zahlen von Jahr zu Jahr sehr stark. Die lokale Mufflon-Population gilt seit 2017 als erloschen. Nach Auskunft von Dr. Frank-Uwe Michler, der die Arbeit an der HNEE betreute, deckt sich das mit den üblichen Ergebnissen zum Einfluss des Wolfes auf das Schalenwild: Mufflons, die in ihrem natürlichen Habitat in felsiges Terrain fliehen, reagieren im Flachland oft mit statischem Zusammenrotten und werden leichte Beute. Auch Damwild ist für den Wolf relativ leicht zu fangen. Rotwild würde sich als Augentier instinktiv im Offenland aufhalten, wo es die Gefahr schon von weitem kommen sieht. Das ist in unserer Kulturlandschaft fast unmöglich geworden. Die einzelgängerischen Rehe sind für Wölfe wesentlich schwerer zu finden und Wildschweine sind sehr wehrhaft und damit wenig attraktiv. Die Wissenschaftler vermuten, dass mit dem Rückgang der Jagdstrecke auch niedrigere Schalenwildbestände in den untersuchten Revieren einhergehen.
Wölfe im Wald wirken positiv für den Waldbau
Seit 2008 wurden im Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt im Rahmen eines waldbaulichen Kulturqualitätsmanagements alle durchgeführten Aufforstungen im Turnus von vier Jahren kontrolliert. Die Verbissschäden haben sich im Untersuchungszeitraum in allen vier Forstrevieren deutlich reduziert und auf niedrigem Niveau stabilisiert. Die Pflanzenzahlen sind durch das zusätzliche Ankommen von Naturverjüngung kontinuierlich gestiegen. Die Kosten für Zaunschutz sind dagegen in allen Revieren erheblich gesunken. Somit hat sich seit 2007 die waldbauliche Gesamtsituation im Fläming wesentlich verbessert.
Dennoch geht der Autor nicht so weit, seine Untersuchungsergebnisse zu verallgemeinern im Sinne des bekannten Ausspruchs „Wo der Wolf jagt, wächst der Wald“. Die sehr deutlichen Korrelationen im Untersuchungsgebiet ergeben sich unter anderem dadurch, dass die hauptsächlich dort vorkommende Wildart, das Damwild, durch den Wolf stark beeinflusst werden kann.