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Baumartenwahl im Klimawandel
Baumartenwahl im Klimawandel

Standortsheimisch oder standortsgerecht?

02. Februar 2022

Die CDU hat der neuen Bundesregierung mit einer Kleinen Anfrage zur Forstpolitik auf den Zahn gefühlt. Ein Thema war die im Koalitionsvertrag verankerte Formulierung: „Durch einen gezielten Waldumbau müssen artenreiche und klimaresiliente Wälder mit überwiegend standortheimischen Baumarten geschaffen werden.“ Die Betonung der standortsheimischen Baumarten war in der Folge auf Kritik der Waldbesitzerverbände gestoßen.

Zur Erläuterung: Mit standortsheimisch sind die Baumarten gemeint, die – je nach Licht, Wärme, Wasser und Nährstoffangebot – von Natur aus an einem Standort vorkommen. Standortsgerecht bzw. standortsgemäß sind alle Baumarten, die auf einem bestimmten Standort wachsen und gedeihen, auch fremdländische Arten wie Douglasie, Küsten-Tanne oder Rot-Eiche..

Die Antwort der Bundesregierung

Die Antwort der Bundesregierung kann diese Kritik kaum ausräumen. Inhaltlich zitiert sie zunächst die Baumartenempfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Forstgenressourcen und Forstsaatgutrecht (BLAG-FGR) aus dem Jahr 2021. Diese empfiehlt als zukunftsfähige Baumarten an erster Stelle seltene heimische Baumarten wie Hainbuche, Winter-Linde oder Spitz-Ahorn, misst aber auch europäischen Baumarten wie der Nordmanntanne, der Orient-Buche oder der Baumhasel eine Bedeutung zu. Selbst die Atlas-Zeder ist der BLAG-FGR zufolge eine – wenn auch nachrangige – Option. Die 101 Baumarten lange Liste enthält zudem umstrittene Baumarten wie Douglasie und Rot-Eiche, denen ein Potenzial zugesprochen wird, andere Baumarten zumindest teilweise zu ersetzen. Die Liste wird in der Antwort der Bundesregierung ausdrücklich als nicht abschließend bezeichnet, regionale Unterschiede könnten weiterhin berücksichtigt werden.

Der Verweis auf diese Empfehlungen müsste bei den Waldbesitzern eigentlich auf Anklang stoßen, so wie der auf das Positionspapier „Anpassung der Wälder an den Klimawandel“, das der Deutsche Verband Forstlicher Forschungsanstalten 2019 veröffentlicht hat. Darin taucht der Begriff standortsheimisch nicht auf. Es legt vielmehr Wert auf eine Risikostreuung durch Baumartenmischungen unter Verwendung vieler standortsgerechter Baumarten.

Die Regierung will die Empfehlungen noch prüfen

Ob die Bundesregierung sich an die Empfehlungen der Wissenschaft halten wird, erscheint allerdings unklar. So will sie die Baumartenempfehlungen im Hinblick auf den Koalitionsvertrag nochmals überprüfen. Mit dem aktuellen GAK-Förderrahmen sind Aufforstungen ohnehin nur förderfähig, wenn ein hinreichender Anteil standortheimischer Arten eingehalten wird. Erhöhte Fördersätze gibt es nur, wenn sie ausschließlich verwendet werden. Vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags, der EU-Biodiversitätsstrategie und der EU-Waldstrategie will die Bundesregierung aber auch hier weitere Maßnahmen diskutieren.

Heimisch oder nicht heimisch ist zweitranging

Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, erklärte dazu: „Das Ziel muss sein, dass die Waldbäuerinnen und Waldbauern vor Ort eigenständig entscheiden können, welche Bäume sie anpflanzen und welche sie einschlagen wollen. Ob das heimische Arten oder nicht-heimische Arten sind, ist zweitrangig.“

Oliver Gabriel