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Holzstruktur
Städte aus Holz statt aus Stahl und Beton könnten bis zum Jahr 2100 mehr als 100 Mrd. t CO2 einsparen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
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Städte aus Holz könnten Emissionen vermeiden

27. September 2022

Städte aus Holz statt aus Stahl und Beton könnten bis zum Jahr 2100 mehr als 100 Mrd. t CO2 einsparen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Darin wurden die Auswirkungen auf die Emissionen untersucht, und auch, woher die zusätzlichen Holzmengen kommen könnten.

Eine wachsende Bevölkerung in Häusern aus Holz anstatt in solchen aus Stahl und Beton unterzubringen, könnte bis zum Jahr 2100 mehr als 100 Mrd. t Emissionen des Treibhausgases CO2 einsparen, so das Ergebnis einer neuen Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Das entspricht etwa 10 % des verbleibenden Kohlenstoffbudgets für das 2°C-Klima-Ziel.

Für die Versorgung mit Bauholz werden neben natürlichen Wäldern neu angelegte Holzplantagen benötigt. Diese Art der Landnutzung beeinträchtigt nicht die Nahrungsmittelproduktion, so die Forschenden. Sie könne aber zu einem Verlust der Artenvielfalt führen, wenn sie nicht sorgfältig gesteuert wird.

Die Studie ist die erste, die die Auswirkungen eines groß angelegten Übergangs zu Holzstädten auf die Landnutzung, die Emissionen aus veränderter Landnutzung und die langfristige Kohlenstoffspeicherung in Holzprodukten analysiert.

Mit Holz bauen, statt mit Stahl und Beton

„Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt derzeit in Städten, und bis zum Jahr 2100 wird diese Zahl noch erheblich steigen. Das bedeutet, dass mehr Häuser aus Stahl und Beton gebaut werden, die meist einen großen CO2-Fußabdruck haben“, sagt Abhijeet Mishra, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Hauptautor der Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wurde. „ Es gebe aber eine Alternative: „Wir können die neue Stadtbevölkerung in mehrstöckigen Gebäuden unterbringen – wir sprechen hier von 4-12 Etagen – die aus Holz bestehen.“

Holz ist eine erneuerbare Ressource, die von allen vergleichbaren Baumaterialien den geringsten Klima-Fußabdruck hat, da Bäume für ihr Wachstum CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Mishra erklärt: „Bei der Herstellung von Holzbaustoffen wird viel weniger CO2 freigesetzt als bei Stahl und Zement. Zudem speichern Holzbaustoffe Kohlenstoff und machen Holzstädte zu einer einzigartigen langfristigen Kohlenstoffsenke – bis zum Jahr 2100 könnten dadurch mehr als 100 Mrd. t zusätzlicher CO2-Emissionen eingespart werden, was 10 % des verbleibenden Kohlenstoffbudgets für das 2°C-Ziel entspricht.“

Mehr Baumplantagen, gleichbleibende Anbauflächen für Nahrungsmittel – so funktioniert es

In der Studie untersuchten die Forschenden mit Hilfe der Open-Source-Computersimulation MAgPIE für die globale Landnutzung vier verschiedene Szenarien: Eines mit konventionellen Baumaterialien wie Zement und Stahl, drei mit zusätzlicher Holznachfrage zusätzlich zum regulären Holzbedarf. Sie analysierten auch, wie die zusätzliche hohe Nachfrage nach Holzbaustoffen erfüllt werden könnte, woher sie kommen und welche Folgen dies für die direkten und indirekten Kohlenstoffemissionen aus der Landnutzung haben könnte.

Die Szenarienanalyse zeige, dass genügend Holz für neue mehrstöckige Häuser in der Stadt produziert werden könne, ohne größere Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion, erklärt PIK-Wissenschaftler Florian Humpenöder, Mitautor der Studie: „Das Holz wird sowohl aus Holzplantagen als auch aus natürlichen Wäldern bezogen. Der größte Teil der zusätzlich benötigten Holzplantagen – wir sprechen hier von rund 140 Mio. ha – werden auf abgeholzten Waldflächen angelegt und gehen somit nicht auf Kosten von landwirtschaftlichen Flächen.“

Höhere Holzernte bei gleichzeitigem Schutz der wertvollsten Wälder

Die Forschenden untersuchten auch, wie sich die biologische Vielfalt entwickelt, wenn natürliche Ökosysteme durch Holzplantagen ersetzt werden. Alexander Popp, Leiter der Abteilung Landnutzungsmanagement am PIK und Mitautor der Studie: „Es ist wichtig, zu klären, wie und woher das Holz für den Bau von Holzstädten kommt. In unseren Computersimulationen haben wir eine klare Grenze für die Holzentnahme und die Anlage neuer Baumplantagen gesetzt: In unberührten Wäldern und Schutzgebieten für die biologische Vielfalt darf nichts abgeholzt werden.“

Der ausdrückliche Schutz dieser Gebiete sei extrem wichtig, aber dennoch könnte die Einrichtung von Holzplantagen auf Kosten anderer und nicht geschützter Naturgebiete gehen und damit einen zukünftigen Verlust der biologischen Vielfalt noch verstärken. Andere Studien zeigen auf, dass Maßnahmen wie zum Beispiel der Übergang zu einer gesunden Ernährung mit weniger Fleischkonsum dazu beitragen könnten, Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln wie auch von Bauholz freizumachen und gleichzeitig die biologische Vielfalt zu erhalten, so Popp.

Landnutzung und Bauwesen zusammen denken

Abhijeet Mishra fasst zusammen, die Studie unterstreiche, dass Holzhäuser in der Stadt aufgrund ihres langfristigen Kohlenstoffspeicherpotenzials eine wichtige Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels spielen könnten. Um die negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu begrenzen und einen nachhaltigen Übergang zu Holzstädten zu gewährleisten, bedürfe es einer starken politischen Steuerung und einer sorgfältigen Planung.

John Schellnhuber, emeritierter Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ergänzt: „Die größte Herausforderung für globale Nachhaltigkeit ist die tiefgreifende gemeinsame Umwandlung von Landnutzung und Bauwesen. Wenn diese beiden Sektoren sorgfältig zusammengedacht werden, können sie der Atmosphäre entscheidende Mengen an Kohlenstoff entziehen und speichern, ohne die Ernährungssicherheit oder die Biodiversität zu gefährden. Dies könnte die Klimalösung werden, nach der wir so verzweifelt suchen.“

Wälder nachhaltig nutzen

Auf die Grundbedingung einer nachhaltigen Waldnutzung weist Galina Churkina von der TU Berlin hin: „Die Erhöhung der Kohlenstoffspeicherung in den Städten parallel zu den Landökosystemen ist sehr wichtig, damit dieser Übergang als Strategie zur Eindämmung des Klimawandels gelingt. Wälder müssen nach der Ernte nachwachsen und mindestens so viel Kohlenstoff speichern wie zuvor.“ Die Lebensdauer von Holzgebäuden müsse mindestens so lang sein wie die Zeit, die benötigt wird, um die „Kohlenstoffschuld“ in den geernteten Wäldern nachhaltig zu tilgen.

Quelle:: Potsdam Institut für Klimafolgenforschung e.V.