Mit dem Spessart ist das so eine Sache: Die weitläufigen, dünnbesiedelten Landschaften mit ihren dichten Waldgebieten haben seit jeher einen besonderen Reiz auf die Menschen ausgeübt. Der Name „Spessart“ ist von „Spehteshart“ abgeleitet, was „Wald der Spechte“ bedeutet. Von der ersten Besiedelung durch Menschen bis zur Kulturlandschaft des Jahres 2012 sind rund 8000 Jahre vergangenen. Geschichte und Geschicke der Menschen im Spessart sind eng verwoben mit der Geschichte des Waldes. Bis zum heutigen Tag hat sich daran im Grunde nichts verändert. Die Menschen leben in, mit und von der Natur allen Wechselfällen der Geschichte zum Trotz.
Einfach war das nicht immer. Die Böden eignen sich nicht für eine ertragreiche Landwirtschaft, Kriege und Seuchen zerstörten immer wieder, was zuvor über viele Jahre mühsam aufgebaut worden war. Mehr noch als die schwierigen Lebensumstände ist für den Spessart aber vielleicht prägend, dass der Spessart und damit auch die dort lebenden Menschen jahrhundertelang von außen regiert wurden. Angefangen bei den Erzbischöfen in Mainz bis zu den Grafen von Rieneck: Immer waren es Auswärtige, die den Spessartern sagten, was sie zu tun und zu lassen hatten.
Es waren auch Auswärtige, die dem Spessart das Klischee der gottverlassenen Gegend aufdrückten. Außer Wald und Wildnis, Räubern und Jägern gäbe es dort nichts, so ging die Rede, und mit der Zeit entstand daraus ein Klischee. Wenn man Klischees und Unwahrheiten nur lange genug wiederholt, dann bleibt schon etwas hängen. Das war zu vergangenen Zeiten nicht anders als heute. Richtig ist aber, dass die Spessartbewohner vor allem fleißige Arbeiter und ehrliche Handwerker waren.
Glasmacher und Mühlen, Köhler und Bergbau, Erz- und Metallhandel, Salzgewinnung und Tonabbau: Der Spessart war Existenzgrundlage für die unterschiedlichsten Berufe. Und vor allem die Bewirtschaftung der Wälder war und ist prägend für den Spessart und hat einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung der Kulturlandschaft im Spessart geleistet. Bereits im 13. Jahrhundert wurde eine Forstadministration eingerichtet. Diese hatte einerseits die Aufgabe, die Holznutzung zu kontrollieren und die Bejagung zu organisieren. Andererseits sorgte sie dafür, dass die Menschen ihre Waldrechte wahrnehmen konnten. Da gerade die Glasproduktion große Mengen an Holz verbrauchte, wurden Nutzungspläne erstellt, die sicher stellen sollten, dass die Forstbestände nachhaltig genutzt wurden.
Damit war der Spessart den meisten anderen Regionen weit voraus. Aus Gründen des Waldschutzes war beispielsweise die Köhlerei vom 17. Jahrhundert an streng reglementiert. Trotzdem konnte die Forstadministration damals nicht verhindern, dass die Wälder teilweise übernutzt wurden. Bis zu einer wirklichen Nachhaltigkeit, wie wir sie heute leben, musste noch einige Zeit ins Land gehen.
Die Geschichte des Spessarts ist auch eine Geschichte der Bewirtschaftung von Wäldern. Das Holz, das die Wälder im Spessart hervorbringen, wurde zu allen Zeiten genutzt. Der landschaftliche Reichtum und die große Artenvielfalt, die wir heute im Spessart vorfinden, sind das Ergebnis dieser Bewirtschaftung. Die naturnah bewirtschafteten Wälder sind Garanten für die Versorgung mit Rohstoffen, sie sicheren Naturschutz und Biodiversität und sie sind Heimat. Niemand weiß das besser als die Menschen im Spessart.