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Baden-Württemberg hat seine neue Strategie zur Anpassung an den Klimawandel vorgelegt. Die Maßnahmen zur Anpassung der Wälder bezeichnet die Arbeitsgemeinschaft Rohholz als beispielgebend.
Baden-Württemberg hat seine neue Strategie zur Anpassung an den Klimawandel vorgelegt. Die Maßnahmen zur Anpassung der Wälder bezeichnet die Arbeitsgemeinschaft Rohholz als beispielgebend.

So passt Baden-Württemberg seine Wälder an den Klimawandel an

05. August 2023
Ende Juli hat das Umweltministerium in Baden-Württemberg die Fortschreibung der Anpassungsstrategie an den Klimawandel präsentiert.
Im Umgang mit dem Klimawandel sei eines wichtigsten Ziele, die Treibhausgasemissionen zu senken. Gleichzeitig müssen man sich auf die bereits hervorgerufenen und nicht mehr vermeidbaren klimatischen Veränderungen einstellen, erklärt das Ministerium. Ein Fokus bei diesen Maßnahmen liegt auf dem Wald.

Holz nutzen hilft

Vor allem sollen die Klimaresilienz die Anpassungsfähigkeit der Wälder verbessert werden. Beides erreiche man durch eine intensivere Mischung der Wälder und neue Waldbaukonzepte, die die Forstverwaltung noch 2023 vorlegen will.
Im Zusammenhang mit dem Klimaschutz betont das Ministerium die große Bedeutung der Holznutzung in stofflicher Form aber auch als Energieholz zur Substitution von fossilen Brennstoffen, da dem Wald selbst als Kohlenstoffspeicher enge Grenzen gesetzt seien.
Die Baumartenmischung verschiebt sich Richtung Laubholz, die Fichte hat seit den 1980er Jahren bis zur Bundeswaldinventur 2012 6 % Fläche verloren, die Laubbäume 10 % gewonnen. Dieser Trend hat sich danach weiter verstärkt. Auch Kiefer und Tanne verlieren an Fläche, wohingegen heimische Laubbaumarten wie Eiche und seltenere Arten wie Kirsche, Elsbeere, Hainbuche, Linde oder Spitzahorn vermutlich zu den Klimagewinnern gehören.

Bedrohungen für die Wälder

Dennoch werden durch die steigenden Temperaturen Schädlingsorganismen über alle Baumarten hinweg begünstigt. Daher brauche man ein wirksames Schädlingsmanagement. Solche leistungsfähigen Schädlingsüberwachungssysteme sollen perspektivisch als Grundlage für eine zeitnahe und georeferenzierte Schädlingsprognose dienen.
Die Jahresniederschläge in Baden-Württemberg werden laut den meisten Projektionen gleich bleiben, sich aber zunehmend ins Winterhalbjahr verlagern. Zusammen mit weiter steigenden Temperaturen bedeute dies einen zunehmenden Trockenheitsstress für viele Baumarten.
Aus dem gleichen Grund steige auch die Waldbrandgefahr. Deshalb werde es zunehmend nötig werden, das Risiko von Brandschäden durch geeignete Gegenmaßnahmen präventiv zu begrenzen, insbesondere durch eine verstärkte Waldbrandprävention und die Ausbildung der Feuerwehren.
Langfristige Sturmschadensanalysen belegen, dass neben der Windgeschwindigkeit die zwei wichtigsten Schadfaktoren die Baumhöhe und die Baumart sind. Dabei seien Fichte und Douglasie am stärksten gefährdet, Eiche und Buche am wenigsten.

Maßnahmen zur Klimaanpassung der Wälder

Damit die Wälder ihre vielfältigen und gesellschaftlich wichtigen Funktionen auch weiterhin erfüllen können, müsse ihre Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umweltbedingungen aktiv gestärkt werden betont das Ministerium und spricht sich damit für einen aktiven Waldumbau aus. Von zentraler Bedeutung dabei seien die waldbaulichen Grundsätze Vielfalt und Mischung, standörtliche und regionale Differenzierung sowie konsequente Pflege.
Die Erhöhung von Mischungsanteilen von Baumarten bzw. Herkünften mit gutem Anpassungspotenzial habe künftig hohe Priorität. Vor allem in jungen Wäldern seien Mischbaumarten aktiv zu begünstigen.
Wo Pflanzungen erforderlich sind, sollten vor allem Baumarten verwendet werden, deren Klimaanpassungspotenzial zuverlässig eingeschätzt werden kann. Gängige heimische Baumarten sowie eingeführte Baumarten mit umfangreicher und langjähriger Anbauerfahrung (z. B. Europäische Lärche, Douglasie, Roteiche) haben dabei Vorrang vor selteneren, bisher eher weniger üblichen heimische Baumarten, europaheimischen Baumarten bzw. Baumarten aus benachbarten Gebieten und außereuropäischen Baumarten.
Die Verwendung potenzieller alternativer Baumarten ohne ausreichende Anbauerfahrung – insbesondere aus dem außereuropäischen Raum – sollte auf experimentelle Testanbauten in überschaubarem Umfang beschränkt bleiben.

Mehr Mischung und Vitalität

Bei unsicheren Prognosen ist es in aller Regel hilfreich, die Entwicklungschancen durch eine Erhöhung der Optionen zu verbessern und so komplette Fehlentwicklungen zu vermeiden. Diesem Ziel dient insbesondere die Integration mehrerer verschiedener Baumarten in Mischwälder.
Während bisher Mischbestände mit mindestens zwei Mischbaumarten im Vordergrund standen, dürfte die Kombination von mindestens drei Baumarten vor dem Hintergrund der etwas unsicheren Klimawandelprognosen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Mindestens eine Baumart sollte über gute klimatische Perspektiven am jeweiligen Standort verfügen.
Noch wichtiger als bisher werde in Zukunft eine frühe, konsequente einzelbaumorientierte Durchforstung für eine optimale Kronenentwicklung und damit einer hohen Einzelbaumvitalität sein. Das gilt ebenso für die rasche Dimensionierung einzelner Bäume zur Risikominderung.

AGR: Beispielgebende Strategie

Die Arbeitsgemeinschaft Rohholz (AGR) lobt die Anpassungsstrategie für ihre Praxisorientierung. Sie zeige eine klare Signalwirkung in Richtung aktive Waldbewirtschaftung und Nutzung des klimafreundlichen Rohstoffes Holz.
Baden-Württemberg habe ein gutes Konzept entwickelt, auf dem sich aufbauen lässt. So bewerte die AGR positiv, dass die Präferenz bei der Waldverjüngung unabhängig der Herkunft auf bereits bekannten Baumarten wie Europäische Lärche, Douglasie, Roteiche liege und der Anbau nicht-europäischer Baumarten im Waldumbau immerhin als möglich gilt.
Auch das Bekenntnis zum aktiven Umbau besonders sturmgefährdeter Wälder bewertet die AGR positiv. Diese klare Positionierung des Umweltministeriums sei ein Zugewinn nicht nur zur Reaktion auf den Klimawandel, sondern auch zur Eindämmung der Klimaveränderung. Die Strategie sei beispielgebend für andere Bundesländer
Nur durch aktiven Waldumbau könne der Wald die Herausforderungen der Erderwärmung ohne immense ökologische und ökonomische Verluste meistern. Darüber hinaus liefere die nachhaltige Forstwirtschaft der Gesellschaft den klimafreundlichen Bau- und Werkstoff Holz, der für zukunftsgewandtes Leben und nachhaltiges Wirtschaften maßgeblich entscheidend sei.
Quellen: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft BW/AGR