Die rheinland-pfälzische Forst- und Klimaschutzministerin Katrin Eder stellte bei der Vorstellung des aktuellen Waldzustandsberichts 2022 klar: „Langfristig können wir dem Wald nur helfen, wenn wir konsequent an unseren Klimaschutzzielen festhalten und die Energiewende voranbringen. Dem Wald geht es seit Jahren schlecht. Insgesamt sind nur 19 % aller Bäume in Rheinland-Pfalz ohne Schadmerkmale. 81 % von ihnen weisen Schädigungen durch Trockenheit oder Krankheitsbefall auf. Grund dafür sind die Auswirkungen der Klimakrise sowie Luftschadstoffe aus fossiler Verbrennung. Sind die Bäume ohnehin schon geschwächt, können sie Krankheits- und Insektenbefall kaum abwehren.“
Insbesondere bei Eichen und Buchen sei die Situation nach wie vor besorgniserregend. An weniger als 7 % der Eichen und 15 % der Buchen wurden keine Schadmerkmale gefunden. Das geht aus dem Waldzustandsbericht 2022 hervor, der seit 1984 jährlich von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) veröffentlicht wird. Der Bericht wird auf Grundlage von Daten erstellt, die jährlich von Forstleuten gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erhoben werden. Anhand eines Netzes festgelegter Stichprobenpunkte wird so der Gesundheitszustand der Wälder untersucht. In Rheinland-Pfalz umfasst das Stichprobennetz 3.696 Stichprobenbäume. Dabei wird nicht nur der Kronenzustand erfasst, auch der Waldboden wird untersucht.
Trockenheit und Luftschadstoffe setzen dem Wald zu
Seit Jahren wirken sich anhaltender Wassermangel und Hitze auf unsere Waldökosysteme aus. Doch auch Luftschadstoffe setzen dem Wald zu. Führt der Eintrag zu einer Versauerung des Bodens, gefährdet das Bodenorganismen wie Regenwürmer. Es sind dabei vor allem die Stoffeinträge aus Verkehr und Industrie, die für die hohe Belastung sorgen. „Obwohl durch verschiedene Luftreinhaltungsmaßnahmen die Schadstoffe in den letzten Jahrzehnten reduziert wurden, sind sie immer noch zu hoch, als dass sie das Ökosystem komplett abpuffern könnte. Sie sind somit eine chronische Belastung und verstärken damit den Trockenstress der Bäume“, sagte Friedrich Engels, Leiter der Waldzustandserhebung in Rheinland-Pfalz.
Und dieser Stress sei weiterhin hoch: Das Beispiel der Messstation in einem Eichenwald im Pfälzerwald bei Merzalben bestätige, dass die Bodenwasservorräte nur im Jahr 2021 den gesamten Sommer für die Bäume ausreichten. In den Jahren 2019, 2020 und 2022 wären dagegen die Bodenwasservorräte ab Juli durchgehend in den Mangelbereich gesunken, führte Engels weiter aus. Die Folge: Ab Juli standen die Bäume unter Trockenstress. Dies habe fatale Auswirkungen, so der Forstexperte: Mit der Einstellung des Wachstums nehmen Bäume kein zusätzliches CO2 aus der Luft auf, um so der Erderhitzung entgegen zu wirken. Zudem bedeute dies weniger Zuwachs des klimafreundlichen Rohstoffs Holz und eine Gefährdung der im Wald beheimateten Lebewesen. So seien in einigen Revieren nahezu alle Tümpel und andere Kleingewässer ausgetrocknet, wodurch Laichplätze für Amphibien und die Kinderstube für Libellen, Köcherfliegen und andere Insekten wegfielen. Diese wiederum spielen als Nahrungsgrundlage für zahlreiche andere Tiere – z. B. verschiedene Vogelarten – eine wichtige Rolle. Wie sich dies auf unsere Ökosysteme auswirke, sei noch kaum erforscht, so Engels.
Den Waldumbau weiter voranbringen
Mit verschiedenen Maßnahmen will das Klimaschutzministerium in Rheinland-Pfalz dem Staatswald helfen: Vor dem Hintergrund des fortschreitenden Waldumbaus hin zu mehr laubholzdominierten Mischwäldern wurde im August dieses Jahres eine Leitlinie herausgegeben, die Grundsätze festlegt, die bei der Wiederbewaldung größerer Freiflächen nach Schadereignissen Anwendung finden sollen.
Insgesamt müssen nach Ministeriumsangaben seit 2018 rund 40.000 ha wiederbewaldet werden. Die Forstleute setzen dabei in erster Linie auf natürliche Ansamung, sog. Naturverjüngung. Gepflanzt wird nur punktuell zur Anreicherung der Baumartenmischung. „Dieses Wissen machen wir für alle Waldbesitzenden zugänglich und veröffentlichen für den gesamten rheinland-pfälzischen Wald Standortkartierungen, die unter anderem über die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen informieren. Bis 2026 soll diese Kartierung abgeschlossen sein“, so Eder.
Zudem sorge eine Nährstoffnachhaltigkeitsrichtlinie für den Staatswald dafür, dass nicht der komplette Baum aus dem Wald entnommen werden darf, sondern dass mindestens die Kronenteile im Wald bleiben müssen, damit der Boden auch weiterhin mit Nährstoffen versorgt wird.
Wasserrückhalt soll gefördert werden
Wasser wird immer mehr zu einem wertvollen Gut – auch im Wald. „Jeder Tropfen Wasser, der im Wald ankommt, ist nicht nur für die Bäume, sondern für uns alle wichtig. Gesunde Wälder bedeuten mehr sauberes Wasser: Wälder reinigen unser Trinkwasser, sorgen für Grundwasserneubildung, schützen uns vor Erosion und sind ein wichtiger Bestandteil der Hochwasservorsorge“, betonte Eder. „Wir stellen den Forstämtern in den kommenden drei Jahren 2,7 Mio. € zur Verfügung, damit sie dafür sorgen können, dass mehr Wasser im Wald bleibt und es dort möglichst langsam versickern kann. So kann sich langfristig unser Grundwasserspiegel erholen. Im Projekt Klimawald 2100 werden zusätzlich alle Försterinnen und Förster geschult, was sie tun können, damit möglichst viel Wasser im Waldboden ankommt.“
Hier finden Sie den Waldzustandsbericht als PDF-Datei.