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Projekt-Rapster
Der Einsatz von Pflanzeöltreibstoff verbessert auch den ökologischen Fußabdruck des produzierten Holzes
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Projekt Rapster: Harvester mit Pflanzenölmotor

18. Juli 2018

Forstmaschinen mit Rapsöl zu betreiben ist eigentlich nichts Neues. Das gab es schon vor zwanzig Jahren. Andererseits ist die Motorentechnik heute ungleich komplizierter: Hält ein moderner Common-Rail das aus? Funktioniert die Abgasreinigung? Schafft man die Emissionsgrenzwerte? Und nicht zuletzt: Rechnet sich das?

Die schlechte Nachricht zuerst: Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ist ein Rapsöl-Harvester nicht wirtschaftlich zu betreiben. Diese Antwort wundert Sie aber vermutlich nicht sehr. Vielleicht haben Sie selbst seinerzeit ihren Pkw umgerüstet und sind als „Frittenbude“ duftend, aber mit einem guten Umweltgewissen durch die Gegend gefahren. Als die Politik auf die Idee kam, sukzessive auch auf das Rapsöl die ganz normale Kraftstoffsteuer umzulegen, wurde das zunehmend unrentabel. Heutzutage gibt es kaum noch Ölmühlen, die überhaupt Zapfsäulen haben, denn der nachwachsende, dezentrale Ökosprit kommt den Verbraucher deutlich teurer als herkömmlicher Diesel.

Dem neuen Chef der BaySF-Forsttechnik, Michael Kutscher, liegt das Projekt Rapster sehr am Herzen
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Ums Geldverdienen geht es dem neuen Leiter der Abteilung Forsttechnik bei den Bayerischen Staatsforsten in diesem Fall aber erstmal überhaupt nicht. Dr. Michael Kutscher sieht im Projekt „Rapster“ eher Grundsatzfragen berührt: „Wenn wir Förster uns schon die Nachhaltigkeit ganz groß auf die Fahne geschrieben haben, dann sollten wir auch danach handeln. Die Treibhausgas-Diskussion wird nicht draußen vor dem Wald stehenbleiben. Auch wenn Feinstaub inmitten von grünen Bäumen vielleicht kein Problem darstellt, wird man uns früher oder später fragen, welchen Beitrag eigentlich die Forstbranche im Kampf gegen den Klimawandel leisten will. Was liegt da näher, als zusammen mit der Landwirtschaft auf den leicht verfügbaren Ökokraftstoff Rapsöl zu setzen? Der wird sicher kein Allheilmittel für die allgemeine Mobilität, aber im ländlichen Raum, wo er gleichzeitig regional erzeugt werden kann, sehe ich weiterhin echtes Potenzial. Hinzu kommt, dass wir auch in ganz sensiblen Bereichen damit fahren können, weil Rapsöl keiner Wassergefährdungsklasse unterliegt. Politische und steuerliche Rahmenbedingungen können sich auch schnell ändern. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission soll auch der Forstsektor bis 2030 seine Treibhausgas-Emissionen um 38 % gegenüber 2005 reduzieren. Dafür wollen wir ein Konzept in der Schublade haben.“

Technisch lösbar

Zusammen mit dem Technologie- und Förderzentrum in Straubing (TFZ) und ausgestattet mit Fördermitteln des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ging es im Frühjahr 2016 an den Beweis, dass eine solche Maschine in der Praxis einsetzbar wäre. Mit John Deere war auch ein Partner gefunden, der für die Landwirtschaft ab Werk pflanzenöltaugliche Traktoren baut. Das „John Deere European Technology Innovation Center (ETIC)“ in Kaiserslautern sollte die Adaptionen für einen Starkholzharvester JD 1470 G entwickeln, die Firma Donauwald-Forstmaschinen in Kirchroth die eigentlichen Umbauten durchführen. Bei einer Maschine für mehrere hunderttausend Euro sollte schließlich auch der Hersteller hinter einer solchen Umrüstung stehen und weiterhin Garantie auf den Motor geben.

Die große Kiste am Heck des Harvesters ist die mobile Abgasmessanlage (PEMS) des TFZ
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Der 9-l-Sechszylinder des 1470 G erfüllt mit fossilem Diesel die Abgasnorm EU Stufe IV. Dafür ist eine umfangreiche Abgasnachbehandlung inklusive Harnstoffeinspritzung notwendig. Diese Systeme sollten natürlich auch im Betrieb mit Pflanzenöl zuverlässig funktionieren und dabei die Schadstoffgrenzwerte weiterhin einhalten. So filigran die Motorentechnik heute ist, so wenig musste hardwareseitig eigentlich daran modifiziert werden – im Hochdrucksystem (Einspritzpumpe, Düsen etc.) wurde schlichtweg gar nichts verändert. Veränderte Einspritz-Zeitpunkte und die längere Einspritzdauer für das viskosere Öl regelt allein eine angepasste Software im Motorsteuergerät. Gegen das Versulzen bei frostigen Temperaturen wurden im Niederdrucksystem die üblichen Maßnahmen zur Durchfluss-Erleichterung getroffen. Das wird allerdings sehr gründlich betrieben: Sämtliche Leitungen vom Tank bist zum Motor bekamen größere Querschnitte und werden beheizt.

Hier wird der Umbau ein wenig sichtbar: Der beheizte Haupttank und der Controller für die elektrische Beheizung der Leitungen
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Im 350-l-Tank selbst wird ein Anteil von rund 50 l innerhalb eines integrierten Topfes erwärmt. Die Haupt-Wärmequelle ist die Standheizung der Maschine mit ihrem Wasserkreislauf. Zusätzlich gibt es – vor allem an exponierten Metallverbindungen – elektrische Heizelemente. Damit diese die Zusatz-Batterie nicht einfach leersaugen, wurde ein eigener Controller entwickelt. Die Standheizung selbst wird nicht mit Rapsöl betrieben, sondern mit synthetischem Biokraftstoff, genannt CARE-Diesel oder HVO.

Foto: H. Höllerl
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Bei kalten Außentemperaturen startet die Heizung schon bis zu zwei Stunden vor Schichtbetrieb. Das macht sie allerdings nicht nur für das Kraftstoffsystem – Hydrauliköl sollte eigentlich bei jeder Maschine möglichst schon rund 50 °C haben, wenn Last abgefordert wird. Insofern lässt der Fahrer Gerhard Redenböck auch jetzt in den Sommermonaten die Maschine ungefähr eine Stunde vorwärmen.

Seit ziemlich genau einem Jahr ist der Rapster nun in den bayerischen Wäldern unterwegs. Auch wenn das Projekt noch nicht ganz abgeschlossen ist – es lässt sich schon ein Zwischenfazit ziehen.

Murphys Gesetz

Bisher hat die Technik absolut problemlos funktioniert. Es gab einen einzigen Ausfall: Ausgerechnet in der Polarwoche im Februar streikte einmal der Zündmechanismus der Standheizung und sie konnte erst bei Schichtbeginn manuell gestartet werden. Dadurch verlor der Fahrer natürlich wertvolle Arbeitszeit. Das hat jedoch mit dem Pflanzenölumbau nichts zu tun. Ansonsten läuft die Maschine einwandfrei. Ein Leistungsverlust ist nicht feststellbar und auch die aufwändige Abgasmessung durch das TFZ jeweils vor und nach dem Umbau bescheinigt dem John-Deere-Motor hervorragende Werte, weit unter den geforderten Grenzen. Beim Besuch einer Hiebsmaßnahme im Ebersberger Forst ließ sich überhaupt kein Pommes-Geruch wahrnehmen. Der Partikelfilter wird im Rapsöl-Betrieb sogar weniger belastet als mit Diesel und muss somit seltener regeneriert werden. Zum Abbrennen der Ad-Blue-Ablagerungen im SCR wird ebenfalls der synthetische Biodiesel HVO eingesetzt. Dessen Verbrauch beläuft sich aber insgesamt nur auf 1 % der Betriebsmittel, beim Harnstoff sind es 2,7 %. Alle 50 Betriebsstunden ziehen die Fahrer eine Probe vom Motoröl, um die Ölverdünnung zu dokumentieren.

Foto: H.Höllerl
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Diese ist offenbar bei dem Common-Rail-System überhaupt kein Thema. Bisher liegt sie bei vernachlässigbaren 2 % auf 300 Betriebsstunden. Im Regelbetrieb könnte damit das reguläre Ölwechselintervall von 500 Betriebsstunden bestehen bleiben.

Achillesferse

Als Nadelöhr beim Betrieb der Maschine sollte sich die Spritversorgung erweisen. Es gibt derzeit kaum noch Ölmühlen – und noch weniger können eine definierte Qualität nach der DIN 51605 für Rapsölkraftstoff liefern. Grundsätzlich wäre das kein großes Problem: Mit Bleicherde versetzt und danach fein gefiltert, wird das Öl entsprechend tauglich für die modernen Motoren. Während im Normalfall also ein kurzer Anruf beim örtlichen Mineralölhändler genügt, damit dieser mit einem kleinen Tankfahrzeug in den Wald kommt, um Maschine und Mobiltank zu befüllen, musste die Logistik hier aufwändig geplant werden, inklusive Errichtung eines Zwischenlagers. Auch das Vorhalten eines Tanks im Wald hat bei Pflanzenöl im Winter seine Tücken: Das TFZ baute extra einen isolierten Anhänger, bei dem man über eine eigene Standheizung auch hier den Treibstoff vor dem Versulzen bewahrt. Eine Einsparung ließe sich darüber realisieren, dass man für Rapsöl keinen doppelwandigen Sicherheitstank benötigt. In der Unternehmer-Praxis wäre es in vielen Fällen wohl auch einfacher, den Tank ins Versorgungsfahrzeug einzubauen, das bei der Anfahrt beheizt wird und über Nacht in einer frostfreien Garage steht.

Wette auf die Zukunft

Unter dem Strich kommt die Spritversorgung die Bayerischen Staatsforsten derzeit fast doppelt so teuer wie bei normalem Diesel. Das würde sich natürlich freiwillig kein Unternehmer antun. Da spielen mittelfristig die Umrüstkosten dann gar keine so große Rolle. Dr. Michael Kutscher kalkuliert in diesem Fall jedoch anders: „Allein mit dieser Maschine können wir jährlich 75 t CO₂ vermeiden. Das wirkt sich auch auf die Ökobilanz des geernteten Holzes positiv aus. Im Moment werden solche Faktoren von der Gesellschaft noch nicht in Wert gesetzt. Aber die Zeit wird kommen. Den Vorteil, dass wir den Harvester auch bedenkenlos in Wasserschutzgebieten einsetzen und betanken können, haben wir jetzt schon. Deswegen denken wir auch ernsthaft darüber nach, eine Art ‚Grüne Flotte‘ aus Rapsölmaschinen aufzubauen.“ Auch vor der Tank-Teller-Diskussion hat er keine Angst: In der regionalen Rapsölherstellung entsteht daneben Rapskuchen als Eiweißfuttermittel für Nutztiere. Dieser ersetzt Sojaschrot, der ansonsten durch die halbe Welt transportiert würde.

Bisher funktioniert die Pflanzeöltechnik absolut problemlos
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Heinrich Höllerl