Am 27. September veranstaltete die AGDW – Die Waldeigentümer ein Waldsymposium zur anstehenden Novellierung des Bundeswaldgesetzes. Rund 150 Vertreter aus den Reihen der Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen, der Wissenschaft und der Politik nahmen an dem Seminar in Berlin teil.
Bereits im Vorfeld hatte die AGDW gefordert, dass die multifunktionale Forstwirtschaft im Fokus der geplanten Novellierung des Bundeswaldgesetzes stehen müsse. „Ein neues Bundeswaldgesetz muss die Interessen zwischen Waldbesitzenden, Erholungssuchenden und Naturinteressierten ausgleichen“, forderte AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter. Die Allgemeinheit profitiere von zahlreichen Ökosystemleistungen des Waldes, die von den Waldbesitzenden nach wie vor unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden: der Wald als Erholungsort, als Wasserspeicher, Schutzwald, als größte natürliche CO2-Senke und auf der Grundlage des freien Betretungsrechts als Ziel von rund 2,3 Mrd. Waldbesuchen pro Jahr.
Aus dem BMEL
Einen „Blick in den Maschinenraum“ des BMEL gewährte Eckhard Heuer, Leiter des Referats Nationale Waldpolitik, Jagd, Kompetenzzentrum Wald und Holz. Die „Reeder“ – sprich der Bundestag – hätten beschlossen, das nach knapp 50 Jahren in die Tage gekommenene Bundeswaldgesetz zu novellieren. Ein wichtiges Thema sei hier der Begriff „gute fachliche Praxis“. Aktuell haben die Länder gute Vorschläge zu der Neufassung abgegeben. Ein weiteres Thema dürfte der Begriff „Nachhaltigkeit“ sein. Hier steht zur Debatte, ob das ein Grundsatz oder eine Grundpflicht werden soll. Auch im Ministerium stellt sich die Frage, ob das neue Gesetz eher mit Grundsätzen als Details und eher mit mehr Anreizen als Verboten arbeiten sollte.
Als ein aktueller Anreiz kann die Förderrichtlinie zum klimaangepassten Waldmanagement gesehen werden. Hier stünden allein 900 Mio. € zur Verfügung. Der Text der Richtlinie werde sicherlich kompliziert ausfallen, aber die Beantragung der Förderung über ein Eingangsportal im Internet dürfte einfach sein, versprach Heuer. Der „Lackmustest“ könnte schon in den nächsten Tagen möglich sein, dann soll nämlich die Richtlinie veröffentlicht werden.
Von der „Brücke des Schiffes“ berichtete Dr. Manuela Rottmann MdB, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Besonders das Thema Wald nehme im aktuellen Koalitionsvertrag viel Platz ein. Sie bezeichnete den Wald als einen Teil zur Lösung der aktuellen Probleme – auch über die Stärkung der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse. Rottmann fordert ebenfalls eine Honorierung der Ökosystemleistungen. Zu dem viel kritisierten Einschlagsstopp alter Buchenwälder sagte sie, dass dieser sich nur auf die Wälder in öffentlicher Hand beziehe und für die anderen Waldbesitzer lediglich ein Angebot sei.
Zur geplanten Novelle des Bundeswaldgesetzes sagte die Staatssekretärin, dass sich auch der Wald seit den 1970er-Jahren stark geändert habe und deshalb auch das entsprechende Gesetz aktualisiert werden müsse. Eine Veröffentlichung des novellierten Bundeswaldgesetzes sei für 2024 geplant.
Waldbewirtschaftung und Biodiversität
Aus waldökologischer Sicht hat sich nach Ansicht von Prof. Dr. Andreas Bolte, Leiter Thünen-Institut für Waldökosysteme, der Zustand der Wälder in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verbessert. Weitere Einschränkungen bestehender Rechte und Handlungsoptionen von Waldbesitzenden bei der forstlichen Nutzung ihrer Wälder durch Bewirtschaftungsstandards, wie sie im Rahmen der Novellierung zu befürchten sind, wären kontraproduktiv. Gerade die Vielfalt der Waldbesitzer und deren unterschiedlichen Interessen würden sich nachweislich positiv auf die Artenvielfalt auswirken. Eine Homogenisierung sollte unterbunden werden. Ähnlich sieht das auch Volker Schulte aus dem Publikum. Der Sprecher des Initiativkreises Forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse sieht im Erhalt des Kleinprivatwaldes auch Vielfalt. Förderrichtlinen seien da eher kontraproduktiv.
Das Narrativ einer grundsätzlich biodiversitätsfördernden Nutzungsaufgabe bzw. Extensivierung der Waldnutzung sei aufgrund neuer umfassender Daten und Ergebnisse so nicht mehr haltbar. Gesetzliche Vorgaben und Normen, insbesondere auf nationaler Ebene, die eine homogene Nutzungsextensivierung zum Biodiversitätsschutz regeln, bergen die Gefahr, die erwünschte Biodiversitätsförderung zu konterkarieren.
Waldbewirtschaftung in einer Vielfalt von Bewirtschaftungsformen und -ansätzen unterschiedlicher Waldbesitzer und Entscheidungsträger bietet derzeit einen vielversprechenderen Ansatz zur Biodiversitätsförderung. Ungenutzte Wälder mit hoher Artenvielfalt („Hotspots“) in verbesserter Konnektivität bilden eine wichtige Ergänzung. Ein nationales Biodiversitätsmonitoring im Wald und zielgerichtete Forschung, die biodiversitätsfördernde Bewirtschaftungsmaßnahmen untersucht, könnten nach Ansicht Boltes die Basis für ein biodiversitätsoptimiertes Wald(landschafts)management liefern.
Blicke auf das Menschliche
Der Wald kann nach Ansicht von Dr. Stephanie Bethmann, Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg, nicht ohne die Menschen betrachtet werden. Heute verbinden viele Menschen mit Wald nicht primär das persönliche Vergnügen am Waldbesuch, sondern Themen großer gesellschaftlicher Bedeutung: die Folgen des Klimawandels und unseren gesellschaftlichen Umgang mit der Natur. Die Forstwirtschaft steht somit im Fokus eines mitunter konfliktreichen gesellschaftlichen Dialogs, für den sie bisher noch zu wenig gerüstet ist. Die Waldbesitzer sollten den Sorgen der Menschen ein offenes Ohr schenken und diese nicht gleich als Gegner abstempeln.
Prof. Dr. Michael Suda, Professor für Wald- und Umweltpolitik, Technische Universität München, stellte die Frage, was den Mediendiskurs und die Kommunikation über den Wald und zur Forstwirtschaft auszeichnet? Welche Muster eines Political Framing sind erkennbar? Was eben noch falsch war, kann durch festes Behaupten und ewige Wiederholungen plötzlich richtig erscheinen. Wie können Waldbesitzende und Verbände in der forstpolitischen Kommunikation damit umgehen? Auch Suda sieht in der Vielfalt der Eigentümerstruktur eine Chance. Er fordert, dass auch mehr ausprobiert werden sollte und man auch scheitern dürfe, ohne gleich verurteilt zu werden.
Abschließend empfahl Suda den Waldbesitzern, eigene „Geschichten“ (Narrative) zu erzählen und das eigene Tun in das Zentrum zu stellen. Man müsse nicht über jedes Stöckchen springen. Man solle sich eher auf zentrale Akteure in der Politik, Medien und bei den Verbänden konzentrieren und dort Bündnispartner und Gemeinsamkeiten suchen. „Wenn du jemanden nicht schlagen kannst, umarme ihn.“
Politische Podiumsdiskussion
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Diskussionsrunde mit Ina Latendorf (Die Linke), Niklas Wagener (Bündnis 90/Die Grünen), Karlheinz Busen (FDP) und Fabian Wendenburg (Familienbetriebe Land und Forst). Unter der Moderation von Dr. Irene Seling wurde über die politischen Weichenstellungen für den Wald im Angesicht des 50 Jahre alten Bundeswaldgesetzes debattiert.
Auf die Frage, ob es überhaupt ein neues Waldgesetz brauche, folgten sehr unterschiedliche Antworten. Nach Karlheinz Busen bräuchte es kein neues Gesetz, da die Waldbauern schon seit jeher wüssten, was für ihren Wald richtig wäre und schon das richtige täten. Für Ina Latendorf stand im bisherigen Gesetz die Ökonomie zu sehr im Vordergrund. Hier solle man im Sinne des Waldumbaus nachsteuern. Dabei solle die Honorierung initial im Bundeswaldgesetz festgelegt werden. Niklas Wagener findet, dass man die anstehenden Sachen lieber selber in die Hand nehmen sollte, als auf Brüssel zu warten. Nach Ansicht von Fabian Wendenburg, ist die Vielfalt des Waldes und des Waldeigentums eine Stärke. Das Bundeswaldgesetz müsse dieser Vielfalt Raum geben, anstatt sie mit einem einheitlichem Korsett zu beschneiden.
Resümee des Autors
Auch wenn ich mich zwischenzeitlich gefragt habe, was die Vorträge von Prof. Dr. Andreas Bolte, Dr. Stephanie Bethmann und Prof. Dr. Michael Suda mit dem zu novellierenden Waldgesetz zu tun haben sollen, ist mir das in der Zusammenschau sehr klar geworden. Die Eigentümerstruktur und deren Interessen der Waldbesitzer sind sehr vielseitig, was zwangsläufig auch zu unterschiedlichen (biodiversen) Wäldern führt. Es ist ein guter Rat, auch seine (vermeindlichen) Gegner zu hören und gegebenenfalls Koalitionen zu bilden, um die Interessen des Waldes, der Waldeigentümer und der im Wald und den dahinter liegenden Bereichen Beschäftigten zu stärken. Es gilt mit eigenen Geschichten an die Öffentlichkeit zu gehen. Genau das alles passiert im Vorfeld eines neuen Gesetzes. Oft wird dieser „Lobbyismus“ negativ gesehen, aber zur Verdeutlichung der eigenen Interessen ist er unumgänglich. In diesem Sinne war es eine sehr gelungene Veranstaltung.