Immer noch gelten Streuobstwiesen in Deutschland als sehr gefährdet. Ob sie eine Zukunft haben, hängt maßgeblich davon ab, ob man (wieder) dazu bereit ist, Zeit und Energie in die Nutzung, Ernte und Verwertung sowie ganz besonders in die Baumpflege zu investieren. Dazu gehört der fachgerechte, regelmäßige Baumschnitt, egal wie alt der Baum ist!, sagt der Agrar-Ingenieur Michael Grolm. Er hat sich seit vielen Jahren dem Erhalt von Streuobstwiesenkulturen verschrieben.Als Berufsimker, Baumwart und Ausbilder zum Baumwart in seiner 2008 gegründeten Obstbaumschnittschule auf Schloss Tonndorf weiß Grolm um die Zusammenhänge von Natur- und Artenschutz, Streuobstanbau und Vermarktung. In und um Tonndorf pflegt er auf vielen Hektar Wiesen- und Ackergelände rund 400 Obstbäume mit Äpfeln, Birnen, Kirschen, Aprikosen, Pflaumen, Mirabellen oder Walnüssen eine Art „Arche Noah“ seltener und alter Sorten. „Bei hochstämmigen Jungbäumen muss jährlich mit dem Jungbaumschnitt begonnen werden“, so der Experte. Nach etwa 12 Jahren schließt sich der Altbaumschnitt an. Die Schnitttechniken sind verschieden, jede für sich verfolgt ein anderes Ziel. Beim Jungbaumschnitt fördert man die schnelle Wuchsentwicklung zu einem stabilen Baumgerüst, um zügig in den Ertrag zu kommen. Der Altbaumschnitt dagegen zielt auf einen gut durchlüfteten und sonnendurchfluteten Baum ab, der dadurch viel verwertbares Obst liefern kann und lange lebt. Nichtzuletzt beeinflussen Lage, Boden, Wind und Wetter den Baum in seinem individuellen Wachstum und Fortbestand. „Auf Streuobstwiesen trifft man oft ungepflegte oder verschnittene Bäume an“, weiß Michael Grolm, „deswegen sollte man die Krone in Richtung einer gut zu pflegenden und leicht beerntbaren Oeschbergkrone erziehen bzw. ältere Bäume umstellen, das ist eines der wichtigsten Ziele beim Obstbaumschnitt!“Wo setzt man Schere und Säge richtig an?Michael Grolm und sein langjähriger Pomologen-Freund, der bekannte Obstbaumkundler Hans Joachim Bannier, bieten seit 2017 die umfangreiche zweijährige Ausbildung zum Baumwart an. Standorte in Tonndorf, Hausen und Bielefeld garantieren Bäume mit unterschiedlichem Alter, Habitus und Sorte. Allein in Hans Joachim Banniers Sortengarten gibt es über 300 verschiedene Apfelsorten die größte Sammlung alter Obstsorten in Nordrhein-Westfalen. Er selbst kann 800 Apfelsorten auseinanderhalten. Über Jahrhunderte haben sich die alten Sorten durch Kreuzungen oder Zufallssämlinge entwickelt, die einen besonders guten Geschmack oder andere Vorteile haben, so Hans Joachim Bannier. Einige alte Sorten sind besonders resistent gegen Pilz- und Schädlingsbefall. Manche sind sehr gut lagerfähig oder eignen sich als Tafelobst, manche für die Herstellung von Marmeladen oder sind ideal für Mostobst. Besonders wichtig für Hans Joachim Bannier sind die sortentypischen Wuchseigenschaften und die standortbezogene Sortenwahl robuster Obstsorten, die den Erfolg von Neu- und Nachpflanzungen deutlich verbessern und den Streuobstanbau in seiner Wirtschaftlichkeit noch mehr unterstützen. Denn unterm Strich muss sich eine Streuobstwiese für den Besitzer lohnen. Gesunde, ertragreiche Bäume und die richtige Sortenwahl sind die erste Voraussetzung dafür!, so Michael Grolm. Dafür entwickelte der 44-Jährige eine spezielle Lehrmethode, die den Baum Schritt für Schritt abarbeitet. Dazu erscheint voraussichtlich im Sommer 2017 sein neues Praxisbuch für Einsteiger und Fachleute Obstbaumschnitt Praxisbuch für den hochstämmigen Obstanbau.Alle Kursinhalte unter: www.obstbaumschnittschule.de/zweijaehrige-baumwartausbildung/ Mehr Infos auch unter: www.obstbaumschnittschule.de/HintergrundMichael Grolms Schnitttechnik nach dem Oeschbergprinzip zielt auf einen harmonischen, tragfähigen Baumkronenaufbau mit vier starken Leitästen und Fruchtästen ab. Daraus ergeben sich weitere Vorteile für Mensch und Baum:
Ausführliche Informationen zu Hans Joachim Bannier: www.obstbaumschnittschule.de/obst-arboretum-bielefeld/