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Kahlfläche durch Waldschäden
Sturmschäden, Borkenkäfer, Dürre – und jetzt? Bei der Wiederbewaldung stellt sich schnell die Frage, wie die Natur das alleine schafft oder gepflanzt werden sollte.

Nach Borkenkäfer und Dürre: Wie werden kahle Flächen wieder Wald?

10. September 2023
Nach all den Waldschäden in Deutschland und weltweit stehen Forstleute, Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer vor der Frage, wie die kahlen Flächen wieder zu Wald werden. Der Natur ihren Lauf lassen und auf Naturverjüngung hoffen oder doch pflanzen? Die Antwort darauf ist vielschichtig.
Stürme, Borkenkäfer, Dürre und nicht zuletzt Waldbrände haben den Wäldern zugesetzt. Möglichst schnell wieder aufforsten, meinen die einen – der Natur ihren Lauf lassen, sagen die anderen. Was aber sind die Vor- oder Nachteile der beiden Methoden? Klar ist, Naturverjüngung und Pflanzung haben das gleiche Ziel: klimafitte, gesunde Wälder in Deutschland.

Herausforderungen bei der Wiederbewaldung Deutschlands

Hundertausende ha Wald sind in Deutschland stark geschädigt, Millionen junge Bäumchen müssen nun nachwachsen. Gleichzeitig müssen Nadelwälder in klimastabile Mischwälder umgebaut werden. Eine zeitintensive, teure und im Klimawandel auch ungewisse Aufgabe. Denn für die Wiederbewaldung müssen Waldbesitzerinnen, Waldbesitzer und Forstleute an Aspekte wie die richtige Baumartenwahl und -mischung, Standortbedingungen, finanzielle Mittel und die Verfügbarkeit von Saatgut, bzw. Pflanzen denken.

Wie lange soll es dauern, bis Wald die offenen Flächen bedeckt? Wie entwickeln sich Temperatur und Konkurrenzvegetation? Wie lassen sich Personal und finanzielle Mittel möglichst effizient einsetzen? Wie hoch sind die Überlebenschancen junger Forstpflanzen? All das treibt Forstleute nun schon seit Jahren um. Die Herausforderungen könnten Generationen beschäftigen, nun aber wird der Grundstein für neue Wälder gelegt.

Was ist Naturverjüngung?

Unter der Naturverjüngung versteht man das Warten auf von selbst auf Kahlflächen keimenden Waldbäumen. Die Saat wird von Wind, Wasser oder Tieren herangetragen oder liegt bereits auf dem Boden bereit. Bei der Naturverjüngung müssen Waldbesitzerinnen, Waldbesitzer und Forstleute auf die Ressourcen des Waldes vertrauen und Geduld beweisen. Meist wird zuerst eine um Licht und Wasser konkurrierende Vegetation – dazu zählen Farne, Gräser und Sträucher – anwachsen, sodass Waldbäume erst nach Jahren aus dieser Pflanzenschicht herauswachsen können.

Zu den Nachteilen gehören die Ungewissheit darüber, wann und wie sich der Wald entwickeln wird. Im Sinne des Waldumbaus wünschen sich Forstleute und auch der Naturschutz vielfältige Wälder. Und das möglichst zeitnah. Wo ehemals Nadelreinbestände wuchsen, ist jedoch auch vorwiegend Saatgut von Nadelbäumen vorhanden. Es dauert also mit hoher Wahrscheinlichkeit Jahre oder sogar Jahrzehnte, bis Laubbäume auf den Flächen wachsen.

Die Vorteile der Naturverjüngung im Wald sind jedoch nicht unbedeutend:

  • Geringe Kosten
  • Die Natur darf sich aus ihren eigenen Ressourcen heraus entwickeln
  • Bäume wachsen zu unterschiedlichen Zeiten an und es entsteht eine vielfältige Struktur
  • Genetische, oft sehr gute Anpassung der Bäume an den Standort
  • Natürlichere Entwicklung von Wurzeln
  • Keine Aufzucht und kein Transport von Forstpflanzen

Kaputte Wälder: Wann empfiehlt es sich, Bäume zu pflanzen?

Rund 35 heimische Baumarten stehen für die Wiederbewaldung per Pflanzung oder Saat zur Verfügung. Und sie können durch nichtheimische Baumarten wie Douglasie, Roteiche, Robinie, Küsten-Tanne und weitere ergänzt werden. Bei der Pflanzung können Forstleute gezielt bestimmen, welche Baumarten in welchem Mischungsverhältnis an welchem Standort eingebracht werden. Dazu werden Empfehlungen auf Grundlage der Forschung berücksichtigt. Standortverhältnisse wie Bodeneigenschaften und Klimabedingungen, wozu beispielsweise die Mengen an Licht und Niederschlägen gehören, werden dafür analysiert.

Die Vorteile der Pflanzung neuer Wälder sind:

  • Mehr Wissen über den Wald, der entsteht und damit einhergehende Planungssicherheit
  • Klimaprognosen können in die Baumartenwahl mit einfließen
  • Gewünschte Baumarten mit passender Genetik können von Beginn an in neuem Wald etabliert werden
  • Die Kahlfläche wird wahrscheinlich schneller wieder zu Wald

Entsteht schneller Wald, können sich auch seine im Klimawandel so wichtigen Vorteile schneller entfalten: Das Blätterdach reflektiert Sonne und kühlt die Umgebungsluft. Zu den Nachteilen können hingegen die Kosten und der notwendige Personal-, Saatgut- und Materialeinsatz gezählt werden.

Die Frage der Baumart reicht nicht aus

Bei der Saat bzw. Pflanzung gilt es auch in besonderem Maß die Herkunft der Pflanzen zu berücksichtigen. Je nach der Provenienz der Elternpflanzen ist auch der daraus gezogene Nachwuchs oft sehr unterschiedlich. Es genügt also nicht einfach Baumarten zu wählen, die beispielsweise Trockenheit ertragen. Der Nachwuchs sollte auch mit den Frösten und anderen Umweltbedingungen in der neuen Heimat zurechtkommen.

Waldpflege nach Wiederbewaldung

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Kasten mit Eicheln vor neu bepflanztem Wald
Neben Pflanzungen kann der Natur bei der Wiederbewaldung geholfen werden, indem die Verbreitung von Saat durch Tiere unterstützt wird. Dieser Häherkasten ist gefüllt mit Eicheln, die Eichhörnchen und Eichelhäher auf die Flächen tragen sollen.

Egal, ob sich Waldbesitzerinnen, Waldbesitzer und Forstleute für die natürliche oder künstliche Verjüngung zur Wiederbewaldung oder eine Kombination der Methoden entscheiden: Der Wald muss betreut und gepflegt werden, damit seine Chancen, gesund aufzuwachsen, steigen. Ein Zaun beispielsweise oder Wuchshüllen an jungen Bäumen können Jungbäume vor dem Verbiss durch Wild schützen. Während sie dann aufwachsen und größer werden, sollten außerdem erste Bäume entnommen werden, um die Durchmischung zu regulieren und die Waldstruktur im gewünschten Maße anzupassen. So können unterschiedliche Lichtverhältnisse geschaffen werden. Das wiederum beeinflusst die Überlebenschancen unterschiedlicher Baumarten, fördert aber auch die Vielfalt anderer im Wald lebender Arten.

Wiederbewaldung bleibt große Herausforderung

Die Wiederbewaldung und Waldumbau sind eine Generationsaufgabe, da sich Wald nur langsam entwickelt und es Jahrzehnte dauert, bis sich klimastabile Mischwälder auf den dann ehemaligen Kahlflächen etabliert haben. Außerdem rechnen Expertinnen und Experten mit immer mehr für den Wald bedrohlichen Wetterereignissen und Schädlingsaufkommen. Das stellt die Wissenschaft und Forstbranche vor die Herausforderung, dem Klimawandel angepasste Baumarten auszuwählen, die sowohl mit den aktuellen als auch potenziell künftigen klimatischen Bedingungen an den verschiedenen Standorten in Deutschland zurechtzukommen. ThüringenForst weist, wie auch andere Forstbetriebe und Experten der Branche, darauf hin, dass ein Einfaches „Die Natur wird´s schon machen“ zu viele Risiken mit sich bringt.

Landesforstbetriebe und die Forstwissenschaft beraten bei Fragen rund um die Wiederbewaldung im Rahmen von Veranstaltungen, mit Merkblättern und über online verfügbare Informationen.

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Mit Material von ThüringenForst, LWF, Wald&Holz NRW, BMEL
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