Mit der Veröffentlichung deutschlandweiter Waldkarten im Thünen-Atlas steht nunmehr ein interaktives Kartenwerk zur Verfügung, das eine Übersicht über die Holzbodenfläche (gemeint ist die mit Bäumen bestockte Fläche) in der Bundesrepublik ermöglicht.
Wie ist der Zustand der Waldflächen? Welche Baumarten kommen in einem Gebiet vor bzw. welche Baumarten dominieren die Bestände? Das sind nur einige Fragen, die sich mithilfe dieser Waldkarten zukünftig beantworten lassen sollen.
Somit stellt der Thünen-Atlas eine wichtige Informationsquelle für Behörden, Politik, NGOs und Verbände dar. Außerdem können die Karten auch für weiterführende Forschungsarbeiten und für Bildungszwecke im Bereich Wald und Umwelt genutzt werden.
Datenbasis
Die digitalen Karten haben laut Thünen-Institut eine Auflösung von 10 m x 10 m. Die Karte der dominierenden Baumarten basiert demnach auf Sentinel-Satellitendaten. Diese Satelliten gehören zum Copernicus-Programm der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) und werden zur globalen Umweltbeobachtung eingesetzt, etwa um Veränderungen der Landnutzung zu erfassen, Gewässer und Küsten zu überwachen und satellitengestützte Klimadaten zu erheben.
Für die Klassifizierung der Baumarten und zur umfassenden statistischen Überprüfung der Ergebnisse zogen die Forschenden des Thünen-Instituts die bundesweit einheitlichen Stichprobendaten der BWI3 sowie der Kohlenstoffinventur 2017 heran.
Satellitendaten liefern dabei nützliche Zusatzinformationen für die Erfassung unserer Wälder und deren Entwicklung. Die von Politik und Gesellschaft benötigte Detailtiefe zu den Waldökosystemen gehe jedoch weit darüber hinaus, so die Forschenden. Hauptinformationsquelle zu den Wäldern in Deutschland werden demnach auch künftig die terrestrischen Inventuren wie die Bundeswaldinventur, die Kohlenstoffinventur und die Bodenzustandserhebung im Wald sein.
Die Holzbodenkarte 2018
Die Holzbodenkarte 2018 bildet die mit Bäumen bestandene Waldfläche des Jahres 2018 ab. Sie stellt die Grundlage dar für weitere fernerkundungsbasierte Analysen im Wald, zum Beispiel die Baumarten-Kartierung oder die Erstellung von Biomasse-Karten, dient aber auch zum Erkennen künftiger Veränderungen der Holzbodenfläche, heißt es in einem Bericht des Thünen-Instituts. Dazu soll die Karte „bestockter Holzboden“ in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden, sofern es dafür eine Finanzierung gibt.
Wichtige Grundlage für die Kartierung der Waldfläche auf der Basis von Fernerkundungsdaten sei dabei eine einheitliche Definition von Wald. Das Copernicus-Beobachtungsprogramm orientiert sich an der internationalen Walddefinition der FAO. Die am Thünen-Institut für Waldökosysteme erstellte Karte verwende allerdings die für Deutschland optimierte Walddefinition der Bundeswaldinventur. Die Karte wurde laut Bericht mit den Daten der Kohlenstoffinventur 2017 validiert und erreiche eine Gesamtgenauigkeit von über 95 %.
Karte der dominierenden Baumarten 2017/2018
Die Karte der dominierenden Baumarten im Wald, die das Thünen-Institut für Waldökosysteme in Kooperation mit der Humboldt-Universität in Berlin und der Technischen Universität Berlin entwickelt hat, deckt die gesamte Waldfläche Deutschlands für den Referenzzeitraum 2017/2018 ab. Dadurch werde es zum Beispiel möglich, baumartenspezifische Veränderungen des Waldes in den von Waldschäden geprägten Jahren nach 2018 zu analysieren. Ebenso könne die Baumartenkarte eine wichtige Eingangsgröße für eine Resilienz-Analyse des Waldes mit Blick auf das sich verändernde Klima darstellen – also die Frage, wie bestimmte Baumarten oder Baumbestände mit den Klimaänderungen zurechtkommen.
Für die Kartenerstellung wurden laut Thünen-Institut die Daten der Bundeswaldinventur mit Sentinel-2- und Sentinel-1-Satellitendaten des Copernicus-Programms kombiniert und mit Verfahren des maschinellen Lernens verarbeitet. Regionale Wuchsbedingungen wurden demnach in Form von Wetter- und Klimadaten des Deutschen Wetterdienstes und eines deutschlandweiten Höhenmodells berücksichtigt.
Als Referenzdaten zur Erstellung der Baumartenkarte dienten die umfangreichen Daten der Bundeswaldinventur, so die Aussage der Forschenden. Die statistische Überprüfung zeige, dass sich die häufigsten Baumarten wie Fichte, Kiefer, Buche und Eichen gut voneinander trennen lassen. Es zeige sich laut Bericht aber auch, dass noch Forschungs- und Optimierungsbedarf besteht, v. a. bezogen auf sehr junge Bestände oder Mischwälder mit vielen unterschiedlichen Baumarten auf kleinem Raum. Dennoch sei die jetzt veröffentlichte Karte mit elf Baumartengruppen ein zentraler Schritt bei der Entwicklung von flächendeckenden, waldbezogenen Informationen, die viele Folgeanalysen auf nationaler Ebene ermöglicht, so die Forschenden des Thünen-Instituts abschließend.