Es ist schon ein gewisses Risiko für einen Unternehmerverband, in diesen Tagen eine Versammlung als Präsenzveranstaltung abzuhalten, zumal ohne attraktives Rahmenprogramm. Die Holztransporteure haben dazu noch alle Hände voll zu tun – würden sie sich überhaupt die Zeit nehmen für ein kurzes Treffen und Neuwahlen?
Dietmar Reith hat in den vergangenen neun Jahren als erster Vorsitzender des Bundesverbands im Holztransportgewerbe (BdHG) konsequent dafür gesorgt, dass sich die zum Teil weiten Anfahrtstrecken zu Veranstaltungen für die Mitglieder auch lohnten: Ein Tagungshotel mit schönem Ambiente, leckeres Essen und vor allem ein attraktives, informatives Rahmenprogramm als offener Unternehmertag rundeten die verpflichtenden Tagesordnungspunkte der Vereinsarbeit immer schön ab. Vor allem Letzteres hat dem Verband in der Vergangenheit regelmäßig auch Neumitglieder beschert. All das war im letzten Jahr völlig unmöglich und auch 2021 nur sehr eingeschränkt umsetzbar. Satzungsgemäß musste heuer aber unbedingt eine Mitgliederversammlung einberufen werden, nicht zuletzt, weil Vorstandswahlen anstanden. Vor diesem Hintergrund sah er sich am 17. September in Erfurt schon mit zehn Leuten in einem großen Tagungshotel sitzen. Aber er sollte sich irren: Rund 50 Personen repräsentierten an diesem Nachmittag doch immerhin 27 Betriebe und damit ein gutes Viertel der Mitglieder. Solche Quoten erreichen manche Verbände nicht einmal in „Friedenszeiten“.
Vorstandswahl
Die üblichen Programmpunkte des Kassen- und Geschäftsberichts waren schnell abgehakt, zumal in 2020 fast alle Veranstaltungen pandemiebedingt ausfallen mussten. Allein die Verladeempfehlung für Rundholz im Container, deren Erarbeitung schon Ende 2019 begonnen hatte, konnte weiter verfolgt werden und wurde dann auch in diesem Sommer veröffentlicht. Mit einem günstigen Mitgliedsbeitrag und einer entsprechend dünnen Kapitaldecke kann der Verband aus eigener Kraft keine teuren Sonderprojekte stemmen. Für einen Infoflyer, den Holzfahrer beispielsweise Passanten im Wald aushändigen können, wenn diese die Holzabfuhr kritisch hinterfragen, konnte die Arbeitsgemeinschaft Rohholz (AGR) als Sponsor gefunden werden.
Die Wahl des zweiten Vorstands war rasch erledigt. Christian Kleinheinz, der diesen Posten seit vier Jahren innehat, stellte sich zur Wahl und wurde einstimmig im Amt bestätigt. Der spannende Moment kam mit der Wahl des ersten Vorsitzenden. Dietmar Reith hatte im Vorfeld schon angekündigt, nicht mehr zu kandidieren. Nicht weil er frustriert sei oder weil er keine Zeit mehr habe, wie er betonte – aber „auch die Blasmusik soll aufhören zu spielen, wenn die Leute nach Zugabe rufen und nicht erst dann, wenn der letzte Besoffene vom Tisch fällt!“ Mit anderen Worten: Er sieht die Zeit gekommen für frischen Wind und ein neues Gesicht an der Spitze.
Eine Bilanz
Rein nach den Fakten betrachtet, zog er zugleich eine ernüchternde Bilanz seiner Amtszeit. Sämtliche großen Themen im Holztransport aus den vergangenen Jahren seien nach wie vor offen: Die Holzkutscher fahren weiterhin die Rinde und das Übermaß kostenfrei spazieren, an der Überladungsproblematik habe sich nichts geändert und auch der Vorstoß, dauerhaft 44 t einzuführen, müsse als gescheitert gelten. Trotzdem wirkte er dabei alles andere als verbittert, denn wie auch diese Veranstaltung zeige, gibt es in der Branche und besonders unter den BdHG-Mitgliedern mittlerweile einen sehr guten Austausch und auch einen echten Zusammenhalt.
Auf die kollegiale Zusammenarbeit hob auch Matthias Boor in seiner kurzen Wahlrede ab. Offenbar war er im Vorfeld schon umworben worden und hatte sich seine Kandidatur demnach auch reiflich überlegt. So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass er der einzige Kandidat blieb und einstimmig gewählt wurde.
Matthias Boor aus Lüdinghausen im Münsterland ist 50 Jahre alt und in zweiter Generation Holzspediteur. Seine beiden Söhne (18 und 21) sind nach seinen Worten „heiß“ darauf, in den Betrieb mit einzusteigen, der aktuell acht Fahrzeuge umfasst. Aus seiner Sicht haben heute alle Holzfahrer mehr als genug Arbeit und können sich darum ohne großes Konkurrenzdenken austauschen und Netzwerke bilden. Das möchte er in seiner Amtszeit weiter fördern. Daneben sieht er die Kabotage als ein zentrales Thema der nächsten Zeit. Er will dafür sorgen, dass der Holztransport eine Aufgabe für heimische Unternehmen bleibe, bzw. wieder wird.
Wichtige Themen
Darin bestätigte ihn auch der Geschäftsführer der BdHG, Marco Burkhardt. Er sieht aktuell Bestrebungen bei der Holzindustrie, die Kabotageregelungen aufzuweichen. Vordergründig argumentiert sie, es gebe zu wenige Frächter in Deutschland. Dahinter verberge sich jedoch vielfach ein reines Preisdumping. Deswegen habe man auch mit dem schlagkräftigen Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe vereinbart. Zugleich wies er aber auch auf mehrere Konstellationen hin, bei denen es sich nicht um Kabotage handelt: Gründet ein ausländisches Transportunternehmen eine Filiale in Deutschland (und zahlt den Fahrern demnach auch deutsches Lohnniveau) ist das ein rechtlich sauberes Vorgehen. Leider ist es juristisch auch nicht zu beanstanden, wenn der ortsfremde Frächter das Holz kauft und somit im Werksverkehr transportiert. Landet die Fuhre bei einem Säger jenseits der deutschen Grenzen, ist es ohnehin nicht als Kabotage anzusehen. Christian Kleinheinz gab an dieser Stelle noch zu bedenken, dass die Strafen für Kabotagevergehen in Italien und auch Polen wesentlich höher sind als bei uns.
Danach wurde kurz über die Verladeempfehlung für Rohholz im Container diskutiert. Das Thema ist allerdings seit einiger Zeit schon wieder ziemlich aus der öffentlichen Wahrnehmung und der polizeilichen Kontrollpraxis verschwunden. Anders als die Überschrift suggeriert, umfasst sie ausschließlich Nadelholz. Angesichts völlig unterschiedlicher Reibbeiwerte von Laubholzrinde und meist fallenden Längen innerhalb einer Partie, sei man bei der Erarbeitung der Richtlinie schnell zu dem Schluss gekommen, dass die Überprüfungen und Fahrversuche für Laubholz nicht zuletzt den finanziellen Rahmen sprengen würde, berichtete Marco Burkhardt. Somit ist der Transport von Laubholz in Containern weiterhin rechtlich nicht geregelt. Aufmerksame Leser des Papiers hatten außerdem festgestellt, dass man mit 5-m-Abschnitten, die ebenfalls in den Export gingen, den vorgeschriebenen Formschluss bzw. die Abstände zur Rückwand des Containers überhaupt nicht erreichen kann. Vorgegeben sind maximal 15 cm zur Hecktür – das erreicht man im Grunde genommen einzig und alleine mit den 11,80-m-Containerlängen.
Aus dem Plenum kam die Frage, ob Wiegeeinrichtungen am Lkw eigentlich irgendwo schon verpflichtend seien. Das ist bisher nicht der Fall. Weil es schon vorgekommen sein soll, dass Polizisten bei modernen Fahrzeugen die Achslasten der Luftfederung auslesen und dem Fahrer bei Überladung Vorsatz unterstellen – er konnte das ja ebenfalls erkennen – gibt es aktuell einen fast widersinnigen Trend: Die Unternehmer kaufen wieder vermehrt die an sich veraltete Blattfedertechnik.
Glaskugel
Zum Schluss wollte die Versammlung noch einen Blick in die Zukunft des Rundholztransports werfen, angesichts der gewaltigen Umbrüche in der Forstwirtschaft. Kleinräumig kommt es bereits jetzt zu Verknappungen, nachdem manche Wälder schlichtweg völlig abgeräumt sind. Weil der Holzbedarf jedoch mittelfristig hoch bleibt, oder sogar noch wächst, wird es vermutlich nur Verschiebungen in den Warenströmen geben. Mit längeren Transportstrecken wächst derzeit die Zahl der kranlosen Fahrzeuge und die Zahl der Unterwegs-Übernachtungen nimmt zu. Das könnte den Fahrmangel weiter verschärfen, weil Holzfahrer bei aller Härte des Jobs bisher zumindest meistens zuhause im Bett schlafen konnten.