Matthias Boor ist seit Ende September Vorsitzender der Bundesvereinigung für das Holztransportgewerbe (BdHG). Wir haben ihn aus diesem Anlass in Lüdinghauen besucht. Dabei traf es sich gut, dass er gerade auch einen neuen Kurzholzzug in Betrieb genommen hatte. Er hat wie immer viele durchdachte Details, am wichtigsten ist aber die Krankabine. Bei der Firma Boor ist das die erste ihrer Art, sie soll jedoch Standard werden, um den Fahrern einen atttraktiven Arbeitsplatz zu bieten.
Als wir gerade in der Küche sitzen, kommt Jannis vorbei. Er ist der ältere der zwei Söhne von Matthias und Manuela Boor. Der 21-Jährige absoviert gerade ein duales Bachelorstudium an der DHBW Mosbach. Es kombiniert die Fächer Betriebswirtschaftslehre und Holzwirtschaft. Für dieses Studium hat er sich entschieden, weil es nicht nur Theorie vermittelt, sondern auch monatelange Praxisphasen in der Wirtschaft umfasst. Eine von ihnen hat er bereits hinter sich: Er war einige Wochen in Unterfranken bei der Firma Reith, einem breit aufgestellten Forstunternehmen, das auch im Holztransport aktiv ist. Schon diese Wahl zeigt, in welche Richtung es ihn drängt. Als Sohn eines Holztransportunternehmers hat er schon als Teenager auf dem Kranhochsitz gesessen. Das prägt. Kürzlich hat er der Lkw-Führerschein gemacht und schon vor dem Studium hatte er eine gute Idee für das heimische Unternehmen, als er im Sauerland als Baggerfahrer jobbte. Seitdem verlädt die Firma Matthias Boor Holztransporte auch Käferholz in Container. Noch ist Jannis vorwiegend im Hintergrund tätig, aber es ist doch mehr oder weniger klar, dass es nach dem Studium in das Unternehmen einsteigen wird. Das ist auch der Wunsch seines Bruders Lennart (18), der gerade eine Forstwirtlehre im Regionalforstamt Münsterland macht. Er war schon als Elfjähriger dabei, wenn sein Vater neue Holz-Lkw abgeholt hat.
Das Ehrenamt
Kann man sich als Inhaber eines Familienunternehmens mehr wünschen? Matthias Boor hat es 1996 gegründet, aber auch sein Vater, sein Opa und sein Bruder waren schon im Holztransportgeschäft tätig. Dass seine Söhne langsam in das Unternehmen reinwachsen, erleichterte dem 50-Jährigen auch eine wichtige Entscheidung: Im September übernahm er nämlich den Vorsitz der Bundesvereinigung für das Holztransportgewerbe (BdHG). Eine Voraussetzung dafür war es, dass er sich nicht mehr um alles in der Firma kümmern muss. Er ist schon viele Jahre Mitglied des Verbandes, der nicht nur aus seiner Sicht mit dazu beigetragen hat, dass der Zusammenhalt in der Branche besser ist als er es früher war. Als die Kollegen ihn vor einem Jahr fragten – zu diesem Zeitpunkt war klar, dass sein Vorgänger Dietmar Reith nicht mehr antreten würde –, ob er sich das vorstellen könne, sagte er nach kurzer Bedenkzeit Ja. Er hatte sogar richtig Lust dazu, weil es trotz aller Fortschritte noch immer viel zu verbessern gibt.
Der Fahrermangel
Ein Thema, das gerade alle Unternehmen der Branche beschäftigt, ist der Fahrermangel. Auf den Webseiten und in den Social-Media-Profilen schalten auffällig viele von ihnen permanent Fahrergesuche, in der Hoffnung, dass sich passende Bewerber melden. Matthias Boor betreibt sechs Kurzholzzüge und zwei Sattelauflieger. Er würde den Bestand noch aufstocken, wenn das Fahrerproblem nicht wäre. In seiner Region im Münsterland haben in den letzten Jahren fünf Kollegen ihr Gewerbe abgemeldet, und mit ihnen hören oft auch die Fahrer altersbedingt auf. Er kann die jungen Leute verstehen, wenn sie nicht im Transportgewerbe anfangen. Bei Aldi verdienen sie 18 € die Stunde, bei einem forstlichen Dienstleister vielleicht 16 oder 17 €. „Das ist im Holztransport leider nicht drin“, sagt er.
Obwohl er weiß, dass seine kleine Branche das Problem nicht allein lösen kann, sieht er eine Reihe möglicher Ansätze. Unter anderem müsste man mit der Holzindustrie reden, die ihre Frachtraten durchaus anheben könnte. Gerechtfertigt sei dies schon deshalb, weil sie den Speditionen immer mehr Aufgaben aufbürdeten. Als Beispiel nennt er die Bahnverladung, bei der die Holzfahrer nicht nur die Waggons beschriften und die Ladung sichern, sondern auch als Wagenmeister die Arbeiten organisieren. „Wir bieten sozusagen kostenfrei ein rundum Sorglospaket vom Wald bis auf den Bahnwaggon an“, stellt Boor fest. Neben einer solchen Initiative kann aber jede Spedition auch selbst tätig werden, ist er überzeugt. „Wir müssen den Fahrerjob attraktiver machen.“ Dafür gibt es neben demLohnmehrere Möglichkeiten. Einer Firma wie Egger ist er dankbar, dass es im Briloner Werk jetzt Fahrerduschen gibt. Wenn seine Fahrer es möchten, können sie tagsüber aber auch auf Rastplätzen duschen – und zwar ohne diese Zeit als Pause anrechnen zu müssen.
Attraktive Ausstattung
Auch eine gute Ausstattung der Lkw sei wichtig. Seine haben alle nicht nur ein großes Fahrerhaus mit guter Soundanlage und dem besten Sicherheitspaket, sondern auch Mikrowelle, Kühlschrank und Ledersitze. Die Fahrer erhalten von ihm selbstverständlich vernünftige Arbeitsbekleidung. Standard ist heute ein Tablet-Rechner, auf dem die Fahrer auch Filme schauen können. Nicht zuletzt können sie den Abend meist zu Hause verbringen. Es ist Freitag Mittag, als Matthias Boor das sagt, und wie zur Bestätigung bringt um diese Zeit ein Fahrer nach dem anderen seinen Lkw zurück auf dem Hof, um ins Wochenende zu gehen. Dabei fällt der neue Scania 6×4 ins Auge. Boor hat ihn erstmals bei Janzen System in Werlte ausrüsten lassen, wie immer mit einem leichten Alu-Aufbau. Er besitzt als einziger eine Krankabine – so wie er das in Zukunft bei allen Lkw einführen will.
Ulrich Wieskus ist der erste Fahrer, der in Genuss dieser Neuerung kam. Er freut sich, dass er jetzt vor Nässe, Wind und Kälte geschützt Holz verladen kann. Sein Chef weist aber darauf hin, dass die Kabine auch die Arbeitssicherheit verbessert: „Ich kenne keinen Fahrer, der noch nie einen Ast abgekriegt hat.“ Wieskus muss nicht einmal mehr absteigen, um an der Luftfederung des Anhängers das Ladegewicht abzulesen. Dafür hat ihm sein Chef ein Display in die Kabine eingebaut. Vom Bluetooth in der Kabine und von drei roten Extralampen gar nicht zu reden. Bei der Firma Boor dreht sich schon heute viel um die Fahrer.