Image
Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen wegen Grenzverläufe im Wald. Auch bei einer Anerkennung der Grenzen kann es passieren, dass auch die betroffenen Nachbarn zur Zahlung der Vermessungskosten herangezogen werden.

Lücke im Brandenburger Vermessungsgesetz?

23. Juni 2021

Warnung vor einer Kostenfalle: Ein Waldbesitzer in Brandenburg hat seine Waldflächen vermessen lassen und anschließend die benachbarten Waldeigentümer zur anteiligen Übernahme der Vermessungskosten herangezogen und vor Gericht Recht bekommen.

Drei private Brandenburger Waldbesitzer, zwei von ihnen Mitglieder einer Forstbetriebsgemeinschaft (FBG), sind arg enttäuscht vom Urteil des Amtsgerichts Nauen und des Landesgerichts Potsdam und möchten andere Waldbesitzer auf diese unverhältnismäßige Verfahrensweise aufmerksam machen.

Alle drei sind Nachbarn eines vierten Waldbesitzers, welcher mittels eines amtlich bestellten Vermessers sein Waldgrundstück hat ausmessen lassen, ohne vorher auch nur mit ihnen über sein Vorhaben gesprochen zu haben. Zum Grenztermin wurde im Februar 2018 geladen. Nicht alle Nachbarn konnten diesen Termin wahrnehmen. Aber jeder Nachbar erkannte schließlich die festgestellte Grenze an. Hiermit wurde prompt die Voraussetzung für eine anteilige Übernahme der Vermessungskosten nach § 919 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geschaffen. Auch eine Nichtanerkennung, so unsere Recherchen, hätte lediglich den Prozess verzögert aber schließlich zum selben Ergebnis geführt.

Völlig ungeniert stellte der besagte Waldeigentümer mittels einer Rechtsanwältin den drei Anliegern die Rechnung zur Bezahlung der anteiligen Vermessungskosten.

Dies waren für Nachbarn A mit 210 lfm. Grenze 840 €, für Nachbarn B mit 300 lfm. Grenze 1.197 € und für Nachbarn C mit 182 lfm. Grenze 726 €. Dazu mussten für jeden Nachbarn lediglich zwei Punkte (zur Hälfte) eingemessen werden und dazwischen geschah nichts. Gut für den Vermesser, wenn man nach der aktuellen Gebührenordnung des Landes Brandenburg nach laufenden Metern abrechnen kann oder abrechnen muss?

Die zur Zahlung aufgeforderten Nachbarn reagierten nicht, nachdem sie sich bei vielen Leuten Meinungen zum Sachverhalt einholten. Mit folgenden Argumenten im Kopf:

  • die Vermessung war nicht notwendig,
  • die Vermessung hätte wie ortsüblich im Wald mittels GPS erfolgen können,
  • die Nachbarn wurden zuvor nicht gefragt,
  • die Kosten der Vermessung stehen in keinem Verhältnis zum Ertrag des Waldes.
  • Sie suchten sich Rechtsbestand und klagten vor dem Amtsgericht Nauen, anschließend vor dem Landesgericht Potsdam – vergeblich.

    Vor Gericht unterlegen

    Sicherlich gibt der § 919 BGB eine Beteiligung der Nachbarn bei der Grenzfeststellung her, es wird aber im selben Paragraphen auf die länderspezifischen Regelungen verwiesen und im Brandenburgischen Vermessungsgesetz wiederum wird auf die Feststellung der Grenzen mit ortsüblichen Methoden verwiesen. Es fragt sich nur, ob man zur Bewirtschaftung des Waldes zentimetergenaue Grenzen braucht, deren Feststellung mit hohen Kosten einhergehen oder reicht es, die Grenzen zur Bewirtschaftung mittels GPS zu ermitteln?

    Trotz der Brisanz des Falls und den Argumenten der zur Zahlung gebetenen Nachbarn, die den Richtern des Landesgerichtes durchaus verständlich waren, entschieden die Richter nach Gesetzeslage zugunsten des Klägers.

    Zur Begründung in Kürze: Die Gesetzeslage gibt eine Kostenbeteiligung her und die Zahlung ist den Angeklagten auch finanziell zuzumuten. Allerdings kam auch die Anregung, die Anwendbarkeit des brandenburgischen Vermessungsgesetzes und dessen Gebührenordnung zu prüfen. Hierzu wäre allerdings eine Normenkontrollklage notwendig.

    Ärgerlich ist auch, dass zwei weitere Nachbarn, auch wenn sie weniger angrenzende Fläche hatten, nicht zahlen brauchten, weil der Kläger von ihnen kein Geld wollte. Auch das gibt die aktuelle Gesetzeslage wieder.

    Waldbesitzer leisten einen großen Beitrag zum Klimaschutz und erhebliche Gemeinwohldienstleistungen ohne eine äquivalente Bezahlung, darum wäre es umso bedeutender unnötige Kosten auf ein Minimum zu reduzieren.

    Um eine solche Rechtsprechung künftig zu vermeiden, wäre es notwendig, das Brandenburger Vermessungsgesetz und den § 919 BGB auf die Anwendbarkeit in der Land- und Forstwirtschaft und deren Kosten zu überprüfen bzw. zu novellieren.

    André Rathmann, Vorsitzender der FBG Grünefeld