Im Zuge der Bewirtschaftung eines Auwalds in Leipzig ist es zum Rechtsstreit zwischen dem Amt für Stadtgrün und Gewässer der Stadt und dem Naturschutzverband Grüne Liga Sachsen e. V. gekommen. Nachdem das Verwaltungsgericht Leipzig zunächst der Stadt Recht gegeben hatte, entschied das Oberverwaltungsgericht Bautzen am 9. Juni nun doch in Teilen zugunsten des Verbands.
Wie das Amt für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig informiert, ist die Bewirtschaftung eines Auwalds in der sächsichen Stadt trotz eines am 16. Juni verkündeten Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Bautzen weiterhin möglich. Sie sei nicht in Gefahr, da die Beschwerde der Grünen Liga Sachsen e. V. hinsichtlich der Planung aus dem Jahr 2018, auf die sich dieser Beschluss bezieht, nur teilweise stattgegeben wurde.
Laut einer Meldung der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, ebenfalls vom 16. Juni, hat das OVG Bautzen der Beschwerde der Grünen Liga Sachsen e. V. im Verfahren gegen die Stadt Leipzig wegen deren Forstwirtschaftsplanung stattgegeben. Infolge dieser Entscheidung dürfe die Stadt innerhalb des weiträumig geschützten Leipziger Auwaldes von einigen Maßnahmen der Verkehrssicherung abgesehen keine Fällungen mehr durchführen, ohne vorab eine Verträglichkeitsuntersuchung nach Maßgabe der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie) durchzuführen.
Das Verfahren
Die Grüne Liga richtete sich mit ihrer Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzigs (VG Leipzig, Beschluss v. 9.10.2019, Az.: 1 L 1315/18). Das VG Leipzig hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass der streitige Forstwirtschaftsplan 2018 keiner Verträglichkeitsuntersuchung bedarf, obwohl die forstwirtschaftlichen Eingriffe in nach Europarecht streng geschützten Gebieten des Leipziger Auwaldes erfolgen sollten.
Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB hat für die Grüne Liga Sachsen e. V. gegen diesen Beschluss Beschwerde erhoben und beim OVG Bautzen die Verpflichtung zu einer Verträglichkeitsprüfung betreffend Recht bekommen. Die Begründung des Gerichts: Die forstwirtschaftliche Planung darf nicht durchgeführt werden, solange nicht im Wege einer Verträglichkeitsprüfung geklärt wurde, ob die Baumfällungen auf geschützte Arten und Lebensräume erhebliche Auswirkungen haben.
Zuvor hatte die Stadt Leipzig die forstwirtschaftlichen Eingriffe in besagtem Auwald bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung ausgesetzt. Das Gericht hielt die Begründung der Stadt Leipzig für das Unterlassen der gebotenen Verträglichkeitsprüfung, nämlich dass die forstwirtschaftlichen Eingriffe der Verwaltung und Erhaltung des Gebiets dienen würden und daher von der Pflicht zur Durchführung einer habitatschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung befreit wären, für weitgehend nicht überzeugend. Die Grüne Liga hatte dagegengehalten, die Stadt würde ihre forstwirtschaftlichen Maßnahmen ohne geeignete Datengrundlage durchführen und es fehle an der erforderlichen Gewissheit, dass erhebliche Auswirkungen auf Arten und Lebensräume nicht eintreten.
Stellungnahme der Stadt Leipzig
Rüdiger Dittmar, Leiter des Amts für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig, erklärte in einer Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt: „Wir können weiter davon ausgehen, dass unsere forstwirtschaftlichen Maßnahmen der Gebietsverwaltung und damit der Förderung eines guten Erhaltungszustandes der Natura-2000-Gebiete dienen. Denn unsere Waldbewirtschaftung ist ausgerichtet auf die Förderung von auwaldtypischen Baumarten und der für einen Auwald typischen Waldstruktur.“ Damit verfolge die Stadt Leipzig das Ziel, artenreiche und langlebige Waldgesellschaften zu erhalten und im Sinne des Gebietsschutzes zu entwickeln.
Dr. Marcus Lau, der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, der die Stadt Leipzig im gerichtlichen Verfahren vertreten hat, betonte: „Im Ergebnis wird der grundlegende Ansatz der Stadt Leipzig, den Leipziger Stadtwald dauerhaft gerade auch mit den Mitteln der Forstwirtschaft zu erhalten, durch das Sächsische Oberverwaltungsgericht bestätigt.“ Das Gericht kritisierte, dass dieser Ansatz mit Aspekten der Verkehrssicherung verbunden worden ist. Im Unterschied zu den sonstigen geplanten Maßnahmen zielten die Sanitärhiebe nach Auffassung des OVG nicht vorrangig auf die Erreichung der Erhaltungsziele der betroffenen Natura-2000-Gebiete ab. „Die umfassende Forstwirtschaftsplanung der Stadt Leipzig wird damit aber nicht infrage gestellt“, so Rüdiger Dittmar. Vielmehr werde künftig eine strikte Trennung erfolgen und für Maßnahmen der Verkehrssicherung eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, wenn erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzgebiete nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können.
Weiter heißt es in der Stellungnahme, dass der Forstwirtschaftsplan 2018, der Gegenstand des Gerichtsverfahrens war, nicht weiter durch die Stadt Leipzig vollzogen werde. Gleichzeitig ermögliche der OVG-Beschluss der Stadt Leipzig, einen mit dem Urteil konformen Forstwirtschaftsplan für das Jahr 2021 vorzulegen. Voraussetzung sei die strikte Trennung im Forstwirtschaftsplan zwischen reiner Bewirtschaftung der Natura-2000-Gebiete „Leipziger Auensystem“ und „Leipziger Auwald“ auf der einen und den sogenannten Sanitärhieben auf der anderen Seite. Im Forstwirtschaftsplan 2018 hatte die Stadt diese strikte Trennung nicht formuliert; hier hat das OVG Bautzen jetzt mit dem Beschluss vom 16. Juni eine Rechtsgrundlage formuliert, die bei der Erstellung künftiger Forstwirtschaftspläne berücksichtigt werden soll.
Ergebnis umfangreicher Abstimmungs- und Planungsprozesse
In der Stellungnahme wird außerdem betont: „Der Forstwirtschaftsplan ist das Ergebnis eines umfangreichen Abstimmungs- und Prüfungsprozesses, an dem anerkannte Naturschutzverbände und die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig beteiligt sind. Er umfasst unter anderem das Auslichten, Jung- und Altdurchforstungen, Jungwuchs- und Jungbestandspflege, das Fällen von absterbenden Bäumen sowie die Überführung einer Fläche aus dem Hochwald- in den Mittelwaldbetrieb.“