In ganz Deutschland haben sich die Borkenkäfer in den Jahren 2018 und 2019 so stark vermehrt wie seit Jahrzehnten nicht. Gefährlich sind besonders der Buchdrucker und der Kupferstecher, die Fichtenwälder auch großflächig zum Absterben bringen können. Hier erklären wir die wichtigsten Fakten rund um die nur wenige Millimeter großen Käfer.
Welche Borkenkäfer gibt es?
Drei Arten von Borkenkäfern gelten als besonders relevant für die Fichtenwaldbewirtschaftung:
Der Buchdrucker ist der forstlich wichtigste und gefährlichste Schadorganismus. Er befällt den Stammbereich in mittelalten bis alten Fichtenbeständen (ab 50 – 60 Jahre).
Der Kupferstecher bevorzugt dünnborkige Stammteile im Kronenbereich älterer Fichten sowie Jungpflanzen. Schon dünne Äste und Kronenmaterial ab 3 cm Durchmesser können bruttaugliches Material sein.
Der Gestreifte Nutzholzborkenkäfer befällt eingeschlagenes Nadelholz sowie absterbende Bäume, frische Stöcke, Abbrüche und Resthölzer. Sein Befall kann das Holz erheblich entwerten. Eine Gefährdung für die Wälder ist er aber nicht. Dieses Handbuch konzentriert sich daher auf Buchdrucker und Kupferstecher.
Wie kommt es zu Borkenkäferbefall?
Der Buchdrucker wählt seine Wirtsbäume nach bisher nicht vollständig geklärten Kriterien aus. Der Kupferstecher reagiert gezielt auf Duftsignale geschädigter Bäume – sie signalisieren ihm eine Brutmöglichkeit. Ein Pionierkäfer bohrt sich in die Rinde ein und legt eine so genannte Rammelkammer an. Danach sendet der nur wenige Millimeter große Schädling Pheromone zur Anlockung seiner Artgenossen aus. Nach der Paarung legen die Weibchen Eier entlang eines Muttergangs ab. Nach Larvenfraß und Verpuppung schlüpfen die Jungtiere. Dieser Zyklus einer Borkenkäfergeneration dauert je nach Witterung zwischen 7 und 10 Wochen. Das ermöglicht pro Jahr in der Regel 2 bis maximal 3 Generationen. In Nordrhein-Westfalen sind im Extremjahr 2018 bis zu 4 Generationen beobachtet worden. Geschätzt folgten so aus der Brut eines Weibchens im Laufe der Vegetationsperiode zwischen 100.000 und 250.000 Nachkommen.
Warum sterben Bäume bei starkem Befall ab?
Laven und Jungkäfer fressen sich zwischen Borke und Splintholz durch den so genannten Bast. Sie durchtrennen dabei die Leitungsbahnen, die die Baumwurzeln mit lebenswichtiger, in den Nadeln gebildeter Nahrung versorgen (Assimilate). Bei starkem Befall wird auch der Wassertransport in die Kronen so stark gestört, dass der Baum abstirbt. Tote Bäume mit komplett roten Nadeln und aufgeplatzter bzw. abgefallener Rinde, aus denen die Käferbrut bereits ausgeflogen ist, können nicht erneut befallen werden.
Was sind besonders gefährdete Waldbereiche?
Was begünstigt die Massenvermehrung von Borkenkäfern?
Grundsätzlich: großes Brutraumangebot (geschwächte oder geschädigte Fichtenbestände) in Kombination mit anhaltend trocken-warmem Wetter.
Wann haben Borkenkäfer Hochsaison?
In der Vegetationsperiode von April bis September (Flugzeit). Buchdrucker und Kupferstecher schwärmen im Frühjahr bei Temperaturen ab 16,5 °C und trockener Witterung aus, in der Regel ab Mitte April.
Warum sind Eile und fundiertes Vorgehen bei Befall geboten?
Weil auch gesunde Waldbestände bei hohen Käferdichten großflächig angegriffen werden und absterben können. Aufgrund des hohen Vermehrungspotenzials (aus der Brut eines Borkenkäferweibchens können in einer Vegetationsperiode bei drei Generationen weit mehr als 100.000 Nachkommen entstehen) kann z. B. das Übersehen eines Käferbaums im Frühjahr zum Befall von mehr als 8.000 weiteren Bäumen noch im selben Jahr führen. Eine Hochrechnung in NRW aus dem Jahr 2018 hat ergeben, dass aus der Borkenkäfer-Population eines einzigen Baumes eine potenzielle Nachkommenschaft von 1,5 Mrd. Käfern im Folgejahr entstehen kann.
Geht von Resthölzern und abgefallener Rinde eine Gefahr aus?
Ja. Resthölzer mit Rinde können als Brutraum und Ausgangspunkt für das Ausschwärmen während der Vegetationsperiode und für das Abwandern in den Waldboden zur Überwinterung genutzt werden.
Welche natürlichen Feinde haben Borkenkäfer?
Ja, zunächst die Fichte selbst. Das Einbohren löst Harzfluss aus, der einzelne Käfer tötet. Greifen viele Käfer an, kommt die Harzabwehr der Bäume zum Erliegen (ab ca. 200 Käfer pro Baum). Trockenperioden verringern die Abwehrkraft der Fichte zusätzlich, da zu wenig Wasser für die Harzproduktion zur Verfügung steht. Weitere natürliche Feinde von Borkenkäfern wie Räuber (Ameisenbuntkäfer, Spechte), Parasitoide (Schlupfwespen) und Krankheitserreger (Pilze) können zwar in großer Anzahl auftreten, unterbrechen oder verhindern eine Massenvermehrung aber nicht.
Sterben Borkenkäferbruten im Winter ab?
Borkenkäfer sind sehr kälteresistent und überleben tiefste Frosttemperaturen. Sie überwintern als Käfer, Larve und Puppe unter der Rinde bzw. als Käfer im geschützten Bodenbereich. Borkenkäfer können bis zu zwei Jahre alt werden.
Wann ist eine Borkenkäferbekämpfung am effektivsten?
Borkenkäfer-Management muss ganzjährig erfolgen! Effektive Borkenkäferbekämpfung bedeutet während der Vegetationsperiode: regelmäßige Kontrolle der Bestände und schnelles Handeln, wenn Befall entdeckt wird. Das heißt vor allem: unmittelbarer Einschlag und Abfuhr oder Unschädlichmachen der Stämme für die Brut. Wenn diese Maßnahmen nicht greifen, kann – als Ultima Ratio – versucht werden, ausschwärmende Käfer im Frühjahr durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) abzufangen. Während der Winterruhe der Borkenkäfer gilt es, nicht aufgearbeitete Borkenkäfernester zu finden und aufzuarbeiten. Wichtig ist, dass befallenes Holz bis zum Schwärmbeginn aus dem Wald geschafft oder in anderer Weise unschädlich gemacht wird. Die zu ergreifenden Maßnahmen sind von der Jahreszeit abhängig.
Wo kann man sich weiter informieren?
Haben Sie Fragen zum Borkenkäfer-Management? Dann wenden Sie sich an Ihre/n Förster/in vor Ort. Die Kontaktdaten für Nordrhein-Westfalen finden Sie unter: www.wald-und-holz.nrw.de. Dort können Sie auch einen Newsletter mit aktuellen Waldschutz-Informationen und einen 52-seitigen „Praxisleitfaden Fichten-Borkenkäfer“ bestellen oder herunterladen.
In Baden-Württemberg, gibt die Forstliche Forschungs- und Versuchsanstalt (FVA) einen Borkenkäfer-Newsletter heraus. Auf der Webseite der Nordwestdeutschen ForstlichenVersuchsanstalt findet sich zum kostenfreien Download eine 32-seitige Broschüre „Integrierte Bekämpfung rindenbrütender Borkenkäfer„. Und in Bayern hat die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ein Borkenkäferinoportal eingerichtet.
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