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Junge Tannen hinter Herkunftsschild
Junge Weißtannen

Kann die Weißtanne die Fichte ersetzen?

03. Juni 2023
Im Klimawandel geht es vor allem der Fichte in vielen Gebieten schlecht. Wie aber die kahlen Flächen wiederbewalden? Die Weißtanne ist eine Option. Sie gilt unter den heimischen Nadelbäumen als klimastabiler – hat jedoch auch Ansprüche.

Gemeinsam mit dem Bayerischen Forstverein, der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft und dem Forstbetrieb Neureichenau zeigte der BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN) auf einer Exkursion, warum und mit welchen Mitteln die Naturverjüngung der Weißtanne gesichert werden sollte. Auch die Forschung interessiert sich für die Baumart als möglicher Hoffnungsträger und Ersatz für die Fichte im Klimawandel.

Weißtanne als Klimabaumart – je nach Standort

„Die Weißtanne ist eine echte Hoffnungsträgerin, die vor allem die labile Baumart Fichte in vielen Regionen ein Stück weit ersetzen kann“, sagt Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des BN. Um sie zu unterstützen, seien Jagd und waldbauliche Expertise die Schlüsselfaktoren.

„Die Regierungsfraktionen müssen durchsetzen, dass in Fichtengebieten vor allem in Nordost- bzw. Ostbayern und in Südbayern eine Waldverjüngung mit hohen Weißtannenanteilen aufwachsen kann, bevor es auch hier zu den zu erwartenden flächigen Absterbeerscheinungen kommt. Waldverjüngung dauert viele Jahre, aber die Klimakrise wartet nicht. Deshalb müssen die Regierungsfraktionen sofort handeln und eine entsprechende Bejagung für mehr Weißtanne sicherstellen“, so Weiger.

Da die Tanne als wärmeresistenter sowie sturmfester gilt, sei sie einer der Hoffnungsträger-Baumarten im Klimawandel. Standörtlich müsse die Tanne in Mittel- und Hochgebirgen, wie im Bayerischen Wald, gestärkt werden, so der BN. Die Fachliteratur beschreibt: Ihr Verbreitungsgebiet beschränke sich in Deutschland vorwiegend auf den Süden. Dort benötige die Tanne viel Wasser und fühle sich ab Jahresniederschlägen von 800 mm wohl. Ihre Nährstoffansprüche an den Waldboden gleichen denen der Fichte, die Tanne komme bei ausreichender Wasserversorgung aber auch mit Kalkböden zurecht. Auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets in Süddeutschland habe die Weißtanne Potenzial, zeigen wissenschaftliche Auswertungen. Dort kommen Tannen ebenfalls auf gut wasserversorgten Standorten vor. Die Tanne gilt allerdings auch als empfindlich gegenüber klimawandelbedingten Umwelteinflüssen wie Trockenstress oder Spätfrost.

Waldbaulich sollte die Weißtanne als Mischbaumart und unter dem schützenden Schirm des Altbestandes eingebracht werden. Bei der Frage nach der Eignung der Baumart als Klimabaumart komme es neben dem Standort auch auf das waldbauliche Wissen und die Saatgutherkünfte an. Denn auch die Saatgutverfügbarkeit ist Grundlage für höhere waldbauliche Anteile der Tanne.

Tanne statt Fichte im Wald und im Bausektor

Langfristig könne das Holz der Weißtanne die Fichte im Bau ersetzen. Damit solle der nachhaltige Holzbau gesichert und gestärkt werden, so der BN. Tannenbestände gelten als produktiv – sie können vergleichsweise hohe Holzvorräte erzielen. Auch kann ihr Holz ähnlich wie das der Fichte verwendet werden. Jedoch werden die Hölzer aufgrund von unterschiedlichem Trocknungsverhalten nicht gemeinsam verarbeitet. Insgesamt ist die Verarbeitung des Holzes anspruchsvoller, daher ist der Markt für die Weißtanne bisher nur klein.

Im Wald sei der Anteil der Weißtanne in Bayern aktuell ebenfalls klein. Es gebe aber auch Beispiele, bei denen vitale, tannenreiche Mischwälder in größeren Anteilen nachwachsen. Um die Weißtanne in Bayern weiträumiger zu etablieren, schlägt der BN ein besseres Wildmanagement vor, denn die Tannen leiden besonders unter dem Verbiss von Waldtieren. Rotwild müsse daher in den nächsten fünf Jahren auf ein bis zwei Tiere je 100 ha Wald reduziert werden, so die Forderung des BN. Damit schütze man auch Eichen, Buchen und Edellaubbaumarten für den Mischwald von Morgen.

Mit Material von BN, NW-FVA, LWF, weitere
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