Klimaschäden und Zukunftssorgen um den Wald, digitale Arbeitsansätze, Holz als Alternative zu russischem Gas, internationale Forsttechnik und europäische, deutsche und bayerische Waldpolitik hautnah. Das war die INTERFORST 2022, die vom 17. bis 20. Juli auf der Messe München stattfand. Präsentiert wurden Hürden und Chancen und was die Branche bewegt.
Rund 31.000 Besucherinnen und Besucher aus 60 Ländern setzten sich dem heißen Wetter aus und nahmen die größte Forstmesse Europas zum Anlass, sich zu informieren und auszutauschen. An vier Messetagen zeigten ihnen über 350 Aussteller, was forsttechnisch von der Pflanzung bis zum Abtransport des Holzes möglich ist.
Waldpolitik: Özdemir und Kaniber auf der INTERFORST
Erstmals besuchte auch ein Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft die INTERFORST. So kam Cem Özdemir gemeinsam mit der Bayerischen Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, zur Eröffnung der Messe. Sie nahmen an einem Rundgang über das Gelände teil, ließen sich fachgerechte Baumpflanzungen und die Vor- und Nachteile von Benzin- und Elektromotorsägen erklären.
Özdemir überrascht Belastung in der Waldarbeit
Am Messestand der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) wurde der Staatsministerin und dem Bundesminister erklärt, dass zur Arbeitssicherheit auch die Möglichkeit gehört, psychische Belastungen zu behandeln. Dazu gibt es eine Hotline für persönliche Krisensituationen, die u. a. von Waldarbeiterinnen und Waldarbeitern jederzeit angewählt werden kann und auch wird. Özdemir zeigte sich überrascht und dankbar für die Weitsicht auf diesem Gebiet. Die Sensibilisierung für dieses bisherige Tabu-Thema nehme zu, so die SVLFG.
Das Grüne Sofa: Waldpolitik zwischen Wissenschaft und Emotion
Mit einem forstpolitischen Eröffnungstalk auf dem Grünen Sofa – einer forstlichen Wohnzimmergarnitur, die allen wichtigen Fragen der Waldpolitik über die Forstmesse hinweg eine Plattform bot – endete der Rundgang. Kaniber, Özdemir sowie der Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbands, Josef Ziegler, nahmen teil und wurden von Moderator Prof. Dr. Christian Ammer, Leiter der Abteilung Waldbau und Waldökologie an der Universität Göttingen, dazu befragt, wie es mit dem Wald in Deutschland weitergehen kann und sollte. Auf wissenschaftlicher Basis wurde diskutiert, aber auch Emotionen der Politiker gegenüber dem Wald und der bisherigen Waldpolitik kamen zum Vorschein.
Es herrsche noch immer Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Wald- und die Energiekrisen und die Herausforderungen seien zu groß, um nichts zu tun, so Özdemir. „Das Ziel ist die Schaffung angepasster, resilienter und multifunktionaler Wälder. Nachhaltige Waldpolitik braucht die Einbindung der Waldbesitzer, der Praktiker, der Wissenschaft und Politik. Dazu bietet die INTERFORST eine großartige Gelegenheit. Die Messe greift die Herausforderung für unseren Wald auf.“ Die Runde des Eröffnungstalks formulierte Wünsche für die Zukunft: gute Rahmenbedingungen für Waldbewirtschaftende, vielfältige Ökosystemleistungen bei gleichzeitiger Nutzung der Wälder und einen gesellschaftlichen Konsens über den Wert der deutschen Waldbewirtschaftung. Passend zur INTERFORST als Plattform erläuterte Kaniber: „Forstmaschinen sollen die Waldarbeit nicht nur sicherer und wirtschaftlicher machen, sondern auch die Bäume und den Boden so pfleglich wie möglich behandeln. Nur so schaffen wir die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz für aktive Forstwirtschaft.“ Zur Rolle der Waldwirtschaft ergänzte sie: „Der klimafeste Umbau unserer Wälder ist eine Mammutaufgabe, von der letztlich die gesamte Gesellschaft profitiert. Dafür ist eine zukunftsgerichtete und innovative Forstwirtschaft unerlässlich. Und darum unterstützt der Freistaat seine Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer mit wirksamen Hilfen.“ Die Ministerin bat Özdemir, die 2023 auslaufenden Bundesmittel aus dem Waldgipfel 2019 aufzustocken und zu verstetigen, um für die kommenden Jahre die Unterstützung zu sichern.
Waldwissen muss persönlich geteilt werden
Gerade in den großen Veränderungen der Wälder durch den Klimawandel wäre ein vermehrter Austausch unter Forstleuten regional und überregional wichtig gewesen. Corona hat dies eingeschränkt. Die INTERFORST habe es daher richtig gemacht und diese Zeit übersprungen, um der Branche nun, im gewohnten 4-Jahres-Rhythmus, wieder eine große Plattform zu bieten, so die Veranstalter.
Ralf Dreeke, Geschäftsführer der Wahlers Forsttechnik und Vorsitzender des Fachbeirats der INTERFORST, sagte: „Wir spüren es unmittelbar jeden Messetag: Die Branche will sich wieder ‚live‘ treffen und dazu nutzt sie die INTERFORST. Für unsere Produkte passt auch die Besucherstruktur – die Forstprofis kommen hierher.“
Auch Michael Liehr, Leiter Marketing bei der STIHL Vertriebszentrale, war froh, wieder in den Austausch treten zu können: „Bereits die ersten beiden Messetage haben uns überwältigt. Die zahlreichen Besucher auf unserem Stand waren sichtlich genauso froh wie unsere Mitarbeitenden, dass wir uns endlich wieder ‚live und in Farbe‘ treffen konnten. Denn die Digitalisierung im Forst ist ja ein wesentliches Zukunftsthema. Die INTERFORST hat ihrem Ruf als Marktplatz damit wieder voll Rechnung getragen.“
KWF und dlv auf der INTERFORST
Neben dem Austausch auf diesem forstlichen Marktplatz wurden auf der INTERFORST auch Preise verliehen. So kürte das Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) mit dem „KWF members award“ Innovationen aus der Forsttechnik. Ausgezeichnet wurden:
Der „DEUTSCHE WALDPREIS„ aus dem Hause des Deutschen Landwirtschaftsverlags (dlv) wurde außerdem am 18. Juli verliehen und prämierte den besonderen Einsatz von Waldakteuren für den Wald. Über die Auszeichnung freuen durften sich in diesem Jahr:
Bedeutung der Forstwirtschaft im Klimawandel
Die Messe zeige: Forsttechnik kann das Klima schützen – wenn sie effizient dabei hilft, klimastabile Wälder zu entwickeln und nachhaltig zu bewirtschaften. Für Dr. Reinhard Pfeiffer, Geschäftsführer der Messe München, ist „die INTERFORST in diesem Jahr eine unglaubliche Geschichte. Die Resonanz der Branche ist wirklich beeindruckend und zeigt, wie wichtig die INTERFORST in Zeiten wie diesen ist. Mit den Themen Waldumbau, Walderneuerung und Klimaschutz haben wir einen gesellschaftspolitischen Nerv getroffen. Forstwirtschaft und Forsttechnik sind enorm wichtig im Kampf gegen die Klimakrise.“
Auch 2026 wird die INTERFORST wieder auf dem Messegelände der Messe München stattfinden.