Der Hessische Rundfunk (hr) setzt sich auf YouTube mit der Artenvielfalt im Wald, genauer: der Insektenvielfalt, auseinander. Grundlage des Beitrags ist vor allem eine neue Studie unter der Leitung der TU Darmstadt und der TU München, in der das Insektenvorkommen im Wald genauer untersucht wurde. Die unerwartete Erkenntnis: Auch im Rückzugsort Wald leidet die Artenvielfalt unter verschiedenen Faktoren.
Artenvielfalt im Wald überrascht
1.805 Insektenarten wurden zwischen 2008 und 2017 beobachtet. Die meisten davon sind in ihrer Individuenzahl über den Zeitraum hinweg geschrumpft. „Das hat uns überrascht“, so Dr. Michael Staab. Er ist Biologe der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke an der TU Darmstadt und Hauptautor der Studie. Er und weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im Vergleich zu anderen Landschaftsformen im Wald mit einem geringeren Rückgang der Arten gerechnet.
Insektenvielfalt im Wald: nicht überall gleich

Untersucht wurde das Vorkommen der kleinen Tiere in drei Regionen Deutschlands: im UNESCO-Biosphärenreservat Schwäbische Alb, im Nationalpark Hainich und im UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. 6-mal im Jahr wurden alle Insektenfallen kontrolliert und die Daten ausgewertet.
Die Gründe für den Rückgang der Insektenvielfalt sei vielseitig. Hitze, Dürre und intensiv genutzte, an den Wald angrenzende Landschaften engen den Lebensraum der Insekten ein. Der Wald sei daher bisher ein wichtiger Rückzugsort für die Arten gewesen. Leidet er aber unter den Folgen des Klimawandels, kann das auch den Insekten zusätzlich schaden. Bewirtschaftete Wälder, vor allem aber Nadelwälder, seien außerdem vergleichsweise insektenarm.
Pflanzenfressende Insekten seien nicht von den Entwicklungen betroffen, ihre Population hat tendenziell zugenommen. „Die anderen Ernährungstypen, wie zum Beispiel die Räuber und Totholz-Zersetzer, haben negative Trends über die Zeit gezeigt“, so Staab im hr-Video.
Wofür braucht es Insekten im Wald?
Der Forscher erklärt, wofür die Insekten und ihre Vielfalt im Wald wichtig sind: „Insekten sind extrem wichtig für fast alle anderen Organismen. Die Larven von bestimmten Käfern zersetzen das tote Holz. Räuberische Insekten sorgen dafür, dass pflanzenfressende Insekten nicht überhandnehmen. Insekten sind wichtige Nahrungsgrundlagen für quasi alle Vögel.“
Die beteiligten Wissenschaftler der Studie stellen fest, dass die Insekten ihren Aufgaben im Ökosystem in geringerer Individuenzahl auch nur geringfügiger nachgehen können. So schade wiederum der Insektenschwund dem Wald und seinem Nahrungsnetz. Das Nahrungsnetz im Wald drohe sich zu verschieben, so Staab. Einige Arten könnten daher bald vom Aussterben bedroht sein. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher legen nahe, dass eine natürliche, heimische Baumartenzusammensetzung sowie ein reduzierter Holzeinschlag den Insekten helfe.