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Ein Waldbesitzer zerkleinert Buchenholz mit dem mobilen Holzspalter zu Scheitholz
Ein Waldbesitzer zerkleinert Buchenholz mit dem mobilen Holzspalter zu Scheitholz

Gebäudeenergiegesetz: Entsetzen in der Forstbranche

22. April 2023
Der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), den das Bundeskabinett am 19. April beschlossen hat, stößt in der Forst- und Holzwirtschaft auf entschiedenen Widerstand. Für die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) „richtet der Kabinettsbeschluss einen ungeheuren ökonomischen und ökologischen Schaden an.“ Er sei ein massiver Angriff auf die Holzenergie und damit die Zukunft der regionalen Energieversorgung im ländlichen Raum.

Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) sieht ab 2024 im Neubau und im Bestand strengere Regeln für Holzheizungen vor. Der § 71g des Gesetzentwurfes regelt die Anforderungen an Heizungsanlagen bei Nutzung von fester Biomasse.

In § 71 (1) schreibt das GEG vor, dass neue Heizungsanlagen mindestens 65 % der erzeugten Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugen müssen (Grundlage dafür ist der Koalitiosvertrag der Ampelregierung). Für das Wirtschaftsministerium erfüllen moderne Biomasseheizungen diese Anforderung aber offensichtlich nicht. Zum Ärger der Branchenverbände hat es im Vergleich zur Fassung bei der Verbändeanhörung noch den § 71g eingefügt. Der Absatz besagt im Wortlaut:

(1) Eine Heizungsanlage, die feste Biomasse nutzt, ist

1. mit einem Pufferspeicher auszustatten, der mindestens der Dimensionierung nach DIN V 18599-5: 2018-09 entspricht,

2. mit einer solarthermischen Anlage oder einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie zur elektrischen Warmwasserbereitung zu kombinieren und

3. mit einer Einrichtung zur Reduzierung der Staubemissionen auszustatten, die nachweislich einen Abscheidegrad von 80 Prozent erreicht.

Satz 1 Nummer 2 ist nicht anzuwenden auf Einzelraumfeuerungsanlagen, Hallenheizungen, Gebäude ohne zentrale Warmwasserversorgung und auf Wärmepumpen-Hybridheizungen nach § 71h, die Biomasse nutzen. Satz 1 Nummer 3 ist nicht auf Heizungsan-lagen für feste Biomasse anzuwenden, die bauartbedingt eine Reduktion der Staubemissionen um 80 Prozent erreichen.

Der letzte Absatz schränkt die Vorschriften zuvor zwar ein, der § 71g macht den Einbau von Holzheizungen in Zukunft aber insgesamt erheblich teurer und schwerer. Ein explizites Verbot gibt es nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks jedoch nicht. Holzheizungen sollen dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge mit Ausnahme von Kaminöfen auch weiter gefördert werden. Es gebe zudem keine Nachrüstpflicht für bestehende Holzheizungen.

Eine Begründung für die Kombinationspflicht mit einer Solaranlage liefert der Entwurf immerhin auch. Dadurch werde gewährleistet, dass der Warmwasserbedarf außerhalb der Heizungsperiode durch solare Strahlungsenergie gedeckt werden kann. Auf diese Weise könne die Anlage zur Nutzung für feste Biomasse ausgeschaltet werden, um die knappen Biomasse-Kapazitäten zu schonen.

Umweltbundesamt will Förderung von Holzheizungen einstellen

Das Wirtschaftsministerium folgt mit seinem Gesetzentwurf der Linie des Bundesumweltamts, das sich am 21. April zum wiederholten Male gegen die Nutzung von Holzheizungen ausgesprochen hat. Ein Grund dafür sind die gesundheitsschädlichen Feinstaub-Emissionen der mit Holz betriebenen Kleinfeuerungsanlagen. Das UBA hat bei ihnen 2021 zwar noch einen Rückgang um 30 % bis 2030 prognostiziert. Darin sei der Nachfrageanstieg beim Holz allerdings nicht berücksichtigt. Der zweite Grund ist der hartnäckige Zweifel an der CO2-Neutralität der energetischen Nutzung von Holz.

Zum Schutz von Gesundheit und Klima fordert das UBA darum, die Förderung von Holzheizungen einzustellen und auch ihren Einbau an die Bedingung zu knüpfen, dass sie ab 2024 wie alle neuen Heizungen mindestens 65 % erneuerbare Energien nutzen. Darüber hinaus sollen die Emissionsgrenzwerte für Holzheizungen verschärft werden und die Imissionsgrenzwerte für Feinstaub ganz allgemein ebenfalls.

Eine Branche läuft Sturm

Das Echo bei den Verbänden der Forst- und Holzwirtschaft auf den GEG-Entwurf der Bundesregierung fällt verheerend aus. Neben dem AGDW-Zitat im Vorspann gibt es folgende Äußerungen:

Der Bayerische Waldbesitzerverband (WBV) bezeichnet den Kabinettsbeschluss als einen Schock für die 500.000 Waldbesitzer in Bayern. Präsident Josef Ziegler befürchtet, dass sie vielen Fällen kein Energieholz aus dem eigenen Wald mehr zur Beheizung ihrer eigenen Häuser verwenden dürfen. Er weist zudem darauf hin, dass „in Zukunft das CO2 im Wald durch natürliche Verrottung entsteht.“

Der scheidende Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes Sachsen-Anhalt Franz Prinz zu Salm-Salm teilt noch einmal gewohnt kräftig aus: „Steffi Lemke, Robert Harbeck und Cem Özdemir wollen um jeden Preis ihre Klientel zufrieden stellen. Die dramatische Situation der letzten Jahre in unseren Wäldern haben Sie nie zur Kenntnis nehmen wollen. … Diese Politiker verkennen bewusst den CO2-neutralen Energieträger Holz und dessen Beitrag zum Klimaschutz. Sie ignorieren gezielt die Substitution fossiler Energieträger wie Kohle, Gas und Erdöl. ... Die Grünen sind toxisch für den sozialen Frieden in unserem Land. Offenbar will diese Regierung um jeden Preis die Spaltung unserer Gesellschaft.“

Für den Waldbesitzerverband Niedersachsen ist das Vorgehen der Bundesregierung unverständlich, weil heutige Holz- und Pelletfeuerungen hocheffizient und mit niedrigen Emissionen arbeiten. Energieholz sei eine dezentrale, kostengünstige und nachwachsende Energie, die als Nebenprodukt bei der Holzernte anfällt.

WBV-Präsident Philip von Oldershausen weist zudem darauf hin, dass die Bundesregierung mit ihrem Entwurf die EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien (RED III) ignoriere, die erst kürzlich die Bedeutung der Holzverwendung zur Energieerzeugung bestätigt und Brennholz weiterhin als erneuerbaren Energieträger eingestuft habe. „Uns schockieren die Überlegungen der Ampel-Regierung zur Nutzung von Holz zur Wärmeversorgung. Sie zeigen, dass der nachhaltig bereitgestellte, erneuerbare und CO2-neutrale Energieträger Holz und dessen Beitrag zum Klimaschutz, insbesondere durch die Substitution fossiler Energieträger wie Kohle, Gas und Erdöl, völlig verkannt werden. Verkannt wird bedauerlicher Weise auch die dramatische Situation in unseren Wäldern und Forstbetrieben, die auch auf die Vermarktung von Brennholz angewiesen sind, um die Wiederbewaldung auf über 135.000 ha Waldfläche in Niedersachsen finanziell stemmen zu können.

Martin Bentele vom Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) sagt: „Für die Wärmewende wird bei der in Deutschland vorherrschenden Gebäudevielfalt eine system- und technologieoffene Herangehensweise bei allen erneuerbaren Technologien benötigt. Es ist unverständlich, warum die Ampel klimafreundliche, bezahlbare und nachhaltig in großer Menge verfügbare Holzbrennstoffe einschränkt, anstatt weiterhin ihr hohes CO2-Einsparpotential zu nutzen.“ Zwei Drittel der erneuerbaren Wärme hierzulande stammt aus Holz. Auch in Zukunft werden genügend Rest- und Abfallstoffe anfallen, um weiterhin fossile Brennstoffe zu ersetzen.

Julia Möbus von der Deutschen Säge- und Holzindustrie (DeSH): „Bei der heutigen Verabschiedung im Kabinett haben wir mit großem Bedauern festgestellt, dass der beschlossene Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes eklatant von den geplanten Regelungen aus der Verbändeanhörung abweicht und der Technologieoffenheit bei der Holzwärme eine Absage erteilt. Möbus betont: „Es ist noch ein langer Weg bis zu 50 % erneuerbarer Wärme im Jahr 2030. Aktuell liegt ihr Anteil bei gerade einmal 16,5 %. Um das Ziel schnellst-möglich zu erreichen, sollten alle zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energieträger konsequent genutzt werden. Doch die angekündigte Technologieoffenheit erweist sich als Rückschritt, wenn die Wahlfreiheit der Eigentümer im Ergebnis eingeschränkt wird.“

Der Gesetzentwurf hat wenig Chancen

Wahrscheinlich sollte sich die Forst- und Holzwirtschaft nicht zu viel Sorgen machen. Das Gesetz muss sich jetzt im Bundestag bewähren, und auch der Bundesrat hat ihm noch zuzustimmen. Änderungen sind also zu erwarten. Schließlich verlässt – so ein geflügeltes Wort des früheren SPD-Politikers Peter Struck – kein Gesetz den Bundestag so, wie es herein gekommen ist.

Das dürfte umso mehr stimmen, als dass die Regierungsmehrheit im Bundestag beim bisherigen Entwurf offenbar wackelt. Der Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat seine Fraktion bzw. den Bundestag schon dazu aufgerufen, „notwendige Änderungen“ vorzunehmen. FDP-Politiker, die Freien Wähler Bayern, die bayerische Forstministerin Kaniber und auch die SPD-Bundestragsfraktion haben ihren Widerstand angekündigt.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hält die Empfehlung von Lindner allerdings nur für die zweitbeste Lösung. Lindner hätte besser gleich in der Kabinettsitzung sein Vetorecht genutzt, als dem Entwurf zuzustimmen.