Forstskandal: Lübeck kündigt Stadtwaldleiter fristlos

21. April 2023
Der Stadtwald von Lübeck ist in Forstkreisen seit vielen Jahren bekannt für sein „Lübecker Modell“, das für eine besonders extensive und vorratsreiche Bewirtschaftung steht. Der langjährige Bereichsleiter für den Stadtwald, Knut Sturm, wurde Ende März von der Hansestadt überraschend fristlos entlassen.

UPDATE vom 2.5.2023: Einige bekannte Persönlichkeiten aus dem Forst- und Umweltschutzbereich haben in einem offenen Brief an die Stadt Lübeck gefordert, dem geschassten Forstbetriebsleiter Knut Sturm zumindest die Möglichkeit zu geben, seinen Nachfolger einzuarbeiten. Der zuständige Umweltssenator Ludger Hinsen sagte dazu aber: „Niemand geht davon aus, dass Herr Sturm die Stelle wieder besetzen wird.“ Die Hauptverhandlung in diesem Fall vor dem Arbeitsgericht wurde bereits für den 12. Juli 2023 angesetzt. Das Nachbesetzungsverfahren für die vakante Stelle wird bis zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch nicht abgeschlossen sein.

Einige Details zu den Gründen wurden bei einer Anhörung vor dem Arbeitsgericht am 14.4.23 bekannt: So soll er geringe Mengen Schnittholz und Jungpflanzen unentgeltlich abgegeben haben, ungenehmigt im Homeoffice gearbeitet haben, und dabei dienstliche Daten auf seinem Privatrechner verarbeitet haben. Zudem soll es Unregelmäßigkeiten bei der Beschäftigung zweier Mitarbeiter gegeben haben. Für den juristischen Laien mögen das alles Kleinigkeiten sein, arbeitsrechtlich können daraus aber schwere Stolperfallen entstehen.

Fragwürdige Wirtschaftlichkeit

Abseits der Vorwürfe gegen den Leiter war der kommunale Forstbetrieb schon seit einiger Zeit ins Visier des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein geraten, der schon am 24.4.2015 die hohen Verluste des Stadtwalds kritisiert hatte. In den Bemerkungen hatte der Landesrechnungshof damals einen Vergleich zu den positiven Ergebnissen der Kreisforsten Herzogtum Lauenburg gezogen und so auf den mangelnden Beitrag zur Haushaltskonsolidierung in Lübeck hingewiesen (Link siehe unten).

Das ist insofern pikant, als die Naturwald Akademie, deren Beiratsvorsitzender Knut Sturm daneben auch ist, dem Forstbetrieb der Stadt Lübeck mehrfach eine überdurchschnittlich gute Wirtschaftlichkeit bescheinigt hatte. Diese Aussage hat auch der Vorgänger Sturms, Lutz Fähser in der Öffentlichkeit immer wieder getroffen.

Zuletzt wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Kiel schon seit Ende 2019 wegen des Anfangsverdachts der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung gegen zwei Mitarbeiter des Stadtwalds Lübeck ermittelt. Dieses Verfahren ist bis heute noch nicht abgeschlossen.

Waldbau in Gefahr?

Die Stadt sucht bereits einen Nachfolger für Sturm. Vor allem Naturschutzverbände befürchten, dass bei einem Wechsel der Betriebsleitung die Wirtschaftlichkeit zu stark in den Vordergrund treten könnte und die ökologische Wertigkeit der Waldbestände darunter leiden würde. Der Bürgermeister Jan Lindenau versicherte jedoch, dass man grundsätzlich an dem vorbildlichen Waldkonzept festhalten wolle.