Sie ist wenig bekannt, die Hain- oder Weißbuche, dabei steht sie in den meisten Eichenwäldern der Niedersächsischen Landesforsten als ökologisch wertvolle Mischbaumart. Ein kleiner Familienbetrieb aus Wagenfeld im Landkreis Diepholz nutzt die besondere Holzeigenschaft dieses Baumes zur Herstellung einer Klemmzwinge für anspruchsvolle Holzarbeiten. Abnehmer sind Tischler, Musikinstrumentenbauern und Heimwerker nicht nur europaweit, sondern bis in die Vereinigten Staaten, nach Kanada, Indien und Japan.
Im Winter kauften die Eigentümer Anna und Matthias Diephaus im ostniedersächsischen Forstamt Göhrde siebzig Kubikmeter Hainbuchen, die nun auf deren Betriebsgelände in Bohlen eingeschnitten wurden. „Nach 2 bis 3 Jahren Trocknung an der Luft verarbeiten wir das sehr dichte und formstabile Holz zu Klemmzwingen“, so Matthias Diephaus, der den Betrieb vor drei Jahren mit seiner Frau zusammen übernommen hat. Mit dem bereits 1914 von Firmengründer Ernst Dünnemann unter dem Namen „Klemmsia“ entwickeltem Produkt sind beide weiterhin auf gutem Kurs. „Die Klemmzwinge erlaubt schnelles aber schonendes Fixieren im Handwerk. Der Clou ist die hölzerne Klemmlippe, die auch nach vielen Klemmvorgängen wieder in die Ausgangsposition zurückfedert“, erläuterte Diephaus. „Die verschieden großen Zwingen von uns sind weltweit gefragt. Offenbar gibt es einen Trend zu nachhaltigen Holzwerkzeugen, die wie in diesem Fall über Jahrzehnte halten.“ Auch Hergen Knocke vom Forstamt Göhrde, der die Bäume nach Wagenfeld verkaufte, ist zufrieden. „In den Landesforsten fallen die benötigten Hainbuchen regelmäßig bei der Pflegedurchforstung von Eichenwäldern an. Neben Großabnehmern ist uns auch jeder Holzkunde willkommen, der die besonderen Eigenschaften unserer heimischen Baumarten zu nutzen weiß.“ Einen Zusatznutzen hat auch das Ehepaar Diephaus erkannt, es verschickt mit steigender Nachfrage ausgesuchte Holzreste zu einem fairen Preis an Heimwerker, die „gutes Holz zum Basteln“ suchen.
Der Rohstoff
Die Hainbuche (Carpinus betulus) zählt zur Familie der Birkengewächse, dabei hat sie anders als die Birke, das härteste und schwerste heimische Holz. Wegen seiner Dichte und Härte wird es überwiegend für die Herstellung besonderer Holzprodukte verwendet. Dazu gehören Spezialwerkzeuge, Zwingen, Hobelsohlen, Werkzeughefte oder Hackblöcke. Im Klavierbau verwendet man es bis heute für die Hammermechanik. Die früheren Einsatzbereiche waren noch weit umfangreicher, damals wurde es für Webstühle, Zahnräder, Zollstöcke, Schuhleisten und in der Stellmacherei zur Herstellung von Holzrädern gebraucht.
In den Niedersächsischen Landesforsten ist die Hainbuche überwiegend in Eichenwäldern als Mischbaumart zu finden. Durch Beschattung der Eichenstämme sorgt sie dafür, dass dort keine Äste entstehen, die die spätere Holzqualität beeinträchtigen. In alten Wäldern trifft man zuweilen urig geformte Hainbuchen, die zum Zweck der Laubheu-Gewinnung geköpft wurden oder für Brennholz „auf den Stock“ gesetzt wurden und dann mehrstämmig wieder austrieben.
Der Verarbeiter
Die Firma Ernst Dünnemann GmbH & Co. KG wurde 1914 von Ernst Dünnemann gegründet mit einem Reichspatent auf die „Klemmsia“-Zwinge, so wie sie bis heute gebaut wird. Die kleine Spezialfabrik blieb bis 2017 in Familienbesitz. Dann übernahm Maschinenbauingenieur Matthias Diephaus (42) die Firma zusammen mit seiner Ehefrau Anna (35), die den Betrieb mit insgesamt fünf Mitarbeitern kaufmännisch leitet.
Das Produkt
Jährlich verlassen zehntausende Klemmsia-Zwingen das Werk. Sie werden EU-weit sowie bis nach Japan, Indien, Dubai, Kanada, in die USA und darüber hinaus vermarktet. Weiterentwicklungen der Klemmzwinge ebenso wie die Präsentation in den sozialen Netzwerken führen zu Steigerung der Bekanntheit und der Nachfrage. Dabei sind die „Zutaten“ für das Erfolgsrezept stets gleichgeblieben: Hainbuchenholz aus hiesigen Wäldern, Stahl aus Italien und Kork für die Pressflächen aus Portugal. Auch Neuentwicklungen wie der Werkbankniederhalter „Klemmsia Adapter Basic“ basieren auf den besonderen Holzeigenschaften der Hainbuche. Die Ausbeute des hölzernen Rohstoffes wird stetig verbessert.
Ein Teil der Resthölzer geht mit steigender Resonanz an Heimwerker in Form sogenannter „Überraschungs-Pakete“ und allein durch die Modernisierung der Entstaubungsanlage wird vierzig Prozent weniger Brennholz benötigt. Entsprechend weniger Feinstaub und CO2 emittiert die betriebseigene Holzheizung.