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Das Europäische Parlament hat eine neue Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten angenommen. Das betrifft auch Holz, aber vor allem Palmöl und Soja.
Das Europäische Parlament hat eine neue Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten angenommen. Das betrifft auch Holz, aber vor allem Palmöl und Soja.

Europäisches Parlament: Neues Gesetz zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung

24. April 2023
Von 1990 und 2020 wurden Waldflächen abgeholzt, die größer waren als die Fläche der EU, wobei der Verbrauch in der EU für rund 10 % der Verluste verantwortlich ist.

Um Klimawandel und Artenschwund entgegenzuwirken, müssen Unternehmen künftig sicherstellen, dass für Produkte, die in der EU verkauft werden, Wälder weder abgeholzt noch geschädigt wurden. Die Europaabgeordneten verabschiedeten eine entsprechende Verordnung am Mittwoch in Straßburg mit 552 zu 44 Stimmen bei 43 Enthaltungen.

Einfuhren aus bestimmten Ländern bzw. Einfuhren bestimmter Rohstoffe werden zwar nicht verboten, doch dürfen Unternehmen Produkte nur dann in der EU verkaufen, wenn die entsprechenden Lieferanten eine sogenannte Sorgfaltserklärung abgegeben haben.

Die Erklärung bestätigt, dass das jeweilige Produkt weder von einer Fläche stammt, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurde, noch nach dem 31. Dezember 2020 zur Schädigung von Wäldern und insbesondere von unersetzlichen Primärwäldern geführt hat.

Wie vom Europäischen Parlament gefordert, müssen die Unternehmen auch nachweisen, dass diese Produkte den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes entsprechen. Das bedeutet, dass die Menschenrechte und die Rechte der betroffenen indigenen Völker geachtet werden müssen.

Neue Vorschriften gelten für Sojabohnen, Holz, Palmöl und andere Naturprodukte

Unter die neuen Rechtsvorschriften fallen – wie im ursprünglichen Kommissionsvorschlag vorgesehen – Rinder, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz, einschließlich der Produkte, die diese Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden, wie etwa Leder, Schokolade und Möbel. Bei den Verhandlungen wurden die Vorschriften auf Kautschuk, Holzkohle, Druckerzeugnisse und einige Palmölderivate ausgeweitet.

Auch wenn in Deutschland die Erntemengen von Sojabohnen in den vergangenen Jahren gestiegen sind, muss der Großteil weiter importiert werden. Im Jahr 2022 wurden laut Statistischem Bundesamt auf 51.500 Hektar in Deutschland 120.500 Tonnen Soja geerntet und damit 13 % mehr als im Vorjahr. Die Anbaufläche in Deutschland hat sich seit 2016 sogar mehr als verdreifacht. 75 % der Anbaufläche (39.000 ha) liegen in Bayern und Baden-Württemberg.

Das reichte jedoch bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage in Deutschland zu decken. Nach vorläufigen Ergebnissen der Außenhandelsstatistik wurden 2022 mehr als 3,4 Mio. t Sojabohnen importiert, hauptsächlich aus den USA (2.040.729 t) und Brasilien (965.818 t).

Definition von Waldschädigung

Das Europäische Parlament sorgte außerdem für eine umfassendere Definition der Waldschädigung. Sie schließt nun die Umwandlung von Primärwäldern oder natürlich nachwachsenden Wäldern in Plantagenwälder oder in andere bewaldete Flächen sowie die Umwandlung von Primärwäldern in durch Pflanzung entstandene Wälder ein.

Die Europäische Kommission stuft innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung Länder oder Teile davon auf der Grundlage einer objektiven und transparenten Bewertung als Länder mit geringem, normalem oder hohem Risiko ein. Für Erzeugnisse aus Ländern mit geringem Risiko gilt ein vereinfachtes Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht.

Kontrollen und Sanktionen

Wie stark die Marktteilnehmer kontrolliert werden, richtet sich nach dem Risikoniveau des jeweiligen Landes: 9 % für Länder mit hohem Risiko, 3 % für Länder mit normalem Risiko und 1 % für Länder mit geringem Risiko.

Die zuständigen EU-Behörden haben Zugang zu Informationen, die die Unternehmen zur Verfügung stellen, z. B. zu den geografischen Koordinaten, und überprüfen mithilfe von Satellitenüberwachungsinstrumenten und DNA-Analysen, woher die Erzeugnisse stammen.

Die Sanktionen für Verstöße sollen verhältnismäßig und abschreckend sein, und die höchste Geldstrafe muss mindestens 4 % des gesamten Jahresumsatzes des verstoßenden Unternehmens oder Händlers in der EU betragen.

Der Text muss nun auch vom Rat förmlich gebilligt werden. Anschließend wird er im Amtsblatt der EU veröffentlicht, und 20 Tage später tritt er in Kraft.

Sorgen wegen höherer Kosten

Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wurden von 1990 bis 2020 insgesamt 420 Mio. ha Wald in landwirtschaftlich genutzte Fläche umgewandelt. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als die gesamte EU. Der Verbrauch in der EU ist für etwa 10 % dieser weltweiten Entwaldung verantwortlich. Mehr als zwei Drittel davon entfallen auf Palmöl und Soja.

Wegen der kurzen Umsetzungsfrist von nur 18 Monaten sind Landwirte in Deutschland besorgt, dass die ölsaatenverarbeitende Industrie, die die Importe abwickelt, die Kosten für die Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht über höheren Futtermittelpreise an sie weitergibt.

Quelle: Europ. Parlamant/agrarheute