Die korrekte Abrechnung beim Handel mit Holzbrennstoffen bietet immer wieder Diskussionsstoff. Das gilt auch für Hackschnitzel. Entscheidend für den Wert ist eigentlich der Energiegehalt. Doch den kennen in der Regel weder die Lieferanten noch die Heizwerk-Betreiber.
Ein Forscherteam der Waadtländer Fachhochschule für Ingenieurswesen und Verwaltung (HEIG-VD) in Yverdon möchte das ändern: Die Wissenschaftler haben eine Anlage gebaut, mit der sich der Energiegehalt von Hackschnitzeln direkt bei der Anlieferung im Holzheizwerk bestimmen lässt. Dank dieses Ansatzes könnte die Wärmegewinnung aus Holz noch effizienter und weniger umweltbelastend werden. Das Projekt mit dem Namen XyloChips wurde vom schweizerischen Bundesamt für Energie und dem Kanton Waadt finanziell unterstützt.
Grundsätzlich gilt: Die Wärmemenge, die mit der Verbrennung eines Kilogramms Holz gewonnen werden kann, ist über alle Holzarten hinweg ungefähr gleich. Der Heizwert von Holz wird durch die zwei Einflussgrößen Gewicht und Feuchtigkeit bestimmt. Wer den Energiegehalt von Holzhackschnitzeln bestimmen will, muss diese also wiegen und ihre Feuchtigkeit feststellen.
Was wirklich drinsteckt
Genau dies hat Roger Röthlisberger, Professor an der HEIG-VD, mit seinem Team in den letzten zwei Jahren immer wieder getan. Die Wissenschaftler haben eine Anlage gebaut, mit der sich der Energiegehalt von Hackschnitzeln vor der Verbrennung bestimmen lässt. Roger Röthlisberger erläutert die Motivation des Forschungsprojekts: „Heute werden Holzlieferanten üblicherweise danach entschädigt, wie viel Wärme mit ihren Hackschnitzeln erzeugt wird, nicht danach, wie viel Energie tatsächlich in den Hackschnitzeln steckt.“
Röthlisberger macht damit einen feinen, aber wichtigen Unterschied: Erfahrungen zeigen nämlich, dass die Wärme, die aus einer bestimmten Menge von Hackschnitzeln erzeugt wird, in einem Heizwerk mit schlechtem Wirkungsgrad mitunter halb so groß sein kann wie in einem Heizwerk mit bestmöglichem Wirkungsgrad. Das Ärgerliche dabei: Wird mit den Hackschnitzeln nur wenig Wärme erzeugt, liegt der finanzielle Nachteil nicht beim Heizwerkbetreiber. Vielmehr bekommt der Holzlieferant weniger Geld. „Das ist gerade so“, zieht Röthlisberger einen Vergleich, „als würde der Tankstellenbesitzer vom Autofahrer nicht für das getankte Benzin bezahlt, sondern für die gefahrenen Kilometer.“
Sekundenschnell bestimmt
Die von den Waadtländer Forschern entworfene Anlage zur Bestimmung des Energiegehalts hat einen relativ einfachen Aufbau: Bei der Anlieferung im Heizwerk werden die Hackschnitzel in einen Fülltrichter geschüttet und gelangen von dort auf ein Förderband. Dieses ist mit einer Waage und einem Feuchtigkeits-Messgerät ausgestattet. Die Messeinrichtungen bestimmen kontinuierlich Gewicht und Wassergehalt der durchlaufenden Hackschnitzel. Bei einer Demonstration auf dem Gelände des Hackschnitzel-Lieferanten Germaplaket in Yverdon geht alles ganz schnell: Ein Traktor füllt zwei Schaufeln Hackgut in den Trichter. Nach einer halben Minute haben alle Schnitzel die Messanlage passiert. Das Display zeigt das Ergebnis: 401 kg Hackschnitzel mit einer Feuchtigkeit von 29,8 %. Das ergibt einen Energiegehalt von 1 120 kWh.
Im ersten Schritt hatten die Wissenschaftler eine Laboranlage in den Räumen der HEIG-VD in Yverdon gebaut. Sie hatte eine Kapazität von 4 m³/min. Diese Anlage nutzten die Forscher anschließend auf dem Gelände des Hackschnitzel-Lieferanten Germaplaket für Feldmessungen. Die bisher durchgeführten Versuche im Labor und im Feld bestätigen die Funktionstüchtigkeit der Messgeräte: „Wir konnten das Gewicht mit 1 % Genauigkeit bestimmen, die Feuchtigkeit mit 3 % Genauigkeit. Wir können den Energiegehalt somit mit einer Exaktheit von genauer als 5 % bestimmen“, fasst Roger Röthlisberger das Hauptergebnis des zweijährigen Forschungsprojektes zusammen. Zum Vergleich: „Die heute gebräuchlichen Wärmezähler in Heizwerken erfassen die produzierte Heizwärme mit einer Genauigkeit von 2 bis 7 %“, sagt Röthlisberger, „hinzu kommt die meist viel größere Ungenauigkeit, die sich aus dem geschätzten effektiven Wirkungsgrad der Anlage ergibt.“
Infrarot-Messung genauer als Mikrowellen
Die Wissenschaftler wollen die bisherigen Ergebnisse in den nächsten Monaten mit weiteren Feldmessungen untermauern. Ein interessantes Zwischenresultat betrifft die Bestimmung der Feuchtigkeit. Für deren Messung benutzten die Forscher parallel zwei unterschiedliche Messmethoden: Die eine funktioniert auf der Grundlage von Mikrowellen, die andere mit Infrarot-Strahlung (IR). Die Messung mit Mikrowellen erfordert – im Gegensatz zu IR – direkten Kontakt der Sonde mit dem Holz, was die Messung pannenanfälliger macht. Als Vorteil der Mikrowellen-Messung wird angeführt, sie messe – anders als bei der Messung mit Infrarot-Strahlung – nicht nur an der Oberfläche der Hackschnitzel, sondern auch in die Tiefe des Holzes und sei daher weniger anfällig für Farb- und Feuchtigkeitsunterschiede an der Hackschnitzel-Oberfläche.
„Diese vermeintlichen Nachteile der IR-Messung haben sich bei unseren Versuchen nicht bestätigt“, sagt Projektingenieur Thierry Stäger. Vielmehr waren die IR-Messungen überraschend genau. Sie waren auch dann noch präzise, wenn die Hackschnitzel testweise mit Wasser benetzt wurden. Die Mikrowellen-Messungen hingegen reagierten auf die Benetzung mit deutlichen Messfehlern. Auch auf eine unterschiedliche Korngrößenverteilung der Hackschnitzel reagierten sie mit Abweichungen.
Thierry Stäger zieht aus den bisherigen Ergebnissen ein eindeutiges Fazit: „Infrarot ist zurzeit die beste Messmethode.“ Um wirklich die verlässlichste Messmethode ausfindig zu machen, wollen die Forscher in weiteren Versuchen zusätzlich kontaktlos arbeitende Mikrowellen-Messgeräte in die Betrachtung mit einbeziehen. Diese sind ebenfalls auf dem Markt erhältlich, sind allerdings teurer als die bisher getesteten Apparate.
Auf dem Weg zur Marktreife
Die Forscher möchten ihre Anlage im Rahmen eines Pilotprojekts über den Zeitraum einer Heizsaison bei einem Anwender vertieft testen. Ziel ist eine Vereinfachung der Anlage, um die Herstellungskosten möglichst auf etwa 50 000 SFr. zu senken und deren Marktchancen zu erhöhen. Die Kommerzialisierung der Anlage könnte dann über Aficor SA laufen, ein Hersteller von Forstmaschinen, mit dem die Forscher bisher schon zusammenarbeiten. Als potenzielle Kunden kommen allein in der Schweiz mehrere Hundert Produzenten von Hackschnitzeln in Frage, aber auch große Verwerter wie Heizwerke. „Wir gehen davon aus, dass die Produzenten von Hackschnitzeln ein wirtschaftliches Interesse an solchen Anlagen haben, denn heute verlieren sie mitunter viel Geld, weil sie nicht adäquat für die Energie bezahlt werden, die sie mit ihren Hackschnitzeln liefern“, sagt Roger Röthlisberger. Röthlisberger und seine Kollegen sind zuversichtlich, solche Messanlagen könnten die Betreiber von Heizwerken bewegen, Holz bei noch besserem Wirkungsgrad zu verbrennen, als es heute bisweilen üblich ist.