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Drückjagden Corona
Drückjagden sind gerade in Zeiten der ASP nahezu unverzichtbar

Drückjagden im Corona-Herbst?

05. November 2020

Sehr unterschiedlich haben die verschiedenen Bundesländer auf den sogenannten Teil-Lockdown im November in puncto Bewegungsjagden reagiert. Während man in Jagd- und Forstkreisen sich grundsätzlich einig ist, dass die Erfüllung des Schalenwildabschusses in Zeiten des Klimawandels und der fortschreitenden Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest von erheblichem öffentlichen Interesse ist, schätzen die zuständigen Behörden die Sicherheitsgefährdung teilweise höher ein.

[Stand 10.11.2020]

Hier ein kurzer Überblick mit Links zu weiterführenden Infos:

Nordrhein-Westfalen gab als erstes Land schon am 30.10.2020 bekannt, dass „Veranstaltungen zur Jagdausübung, soweit diese zur Erfüllung des Schalenwildabschusses oder zur Seuchenvorbeugung durch Reduktion der Wildschweinpopulation erforderlich sind“ unter Beachtung gewisser Regelungen zulässig sind. Andere Gesellschaftjagden sind demnach nicht erlaubt. Ab einer Teilnehmerzahl von 25 Personen sind Alltagsmasken zu tragen.

In Hessen sind Gesellschaftsjagden derzeit durch die örtlichen Gesundheitsämter genehmigungspflichtig. Dann gibt es jedoch keine zahlenmäßige Obergrenze der Teilnehmer. Anstellergruppen sollen maximal aus zehn Personen bestehen und das Aufbrechen durch ein festgelegtes Team zentral erfolgen. Unmittelbar durch die Jagdteilnahme verursachte Übernachtungen sind notwendige Übernachtungen gem. § 4 Abs. 3 der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung.

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg verlautbarte, dass „sich an der Durchführbarkeit von Bewegungsjagden im Grundsatz nichts geändert hat. Bewegungsjagden sind auch nach der CoronaVO in der ab 2. November 2020 gültigen Fassung mit einer Personenzahl von bis zu 100 Personen zulässig.“

Aus Thüringen wurde bekannt, dass die Forstämter regelrecht dazu angehalten werden, Drückjagden weiter abzuhalten, um den notwendigen Abschuss zu erfüllen. Fahrgemeinschaften sollten sich dabei auf maximal zwei Personen beschränken. Ein Problem sieht man in dem Beherbergungsverbot für auswärtige Jäger. Dafür versucht man eine Ausnahmeregelung zu erreichen.

In der entsprechenden Verordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist dies schon umgesetzt: Gastjäger bei Drückjagden dürfen hier ins Hotel gehen. Allerdings nur einheimische – das Land hat ein Einreiseverbot für Menschen aus anderen Bundesländern verhängt.

Das Land Brandenburg vermeldet auf seiner offiziellen Webseite knapp: „Gesellschaftsjagden, soweit diese zur Erfüllung des Schalenwildabschusses oder zur Tierseuchenbekämpfung und -prävention erforderlich sind, sind erlaubt.“

In Niedersachsen wurden am 3.11. die Treibjagden auf Niederwild ausdrücklich verboten, während Schalenwild mit maximal 50 Teilnehmern bejagt werden darf. Dazu sind allerdings Genehmigungen durch die Landkreise bzw. kreisfreien Städte einzuholen, für die jeweils ein Hygienekonzept vorzulegen ist.

Ein großes  Problem haben derzeit die Jäger in Bayern, wo die Infektionsschutzverordnung ein generelles Veranstaltungsverbot außer Demonstrationen und Gottesdiensten vorsieht (§ 5 der 8. BayIfSMV).  Ausnahmen für die Jagd mit Privatjägern können nur die zuständigen Gesundheitsämter der Landkreise im Einzelfall erteilen, wenn das aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.

[Update 10.11.2020]

Das bayerische Staatsministerium für Ernährung, Lanwirtschaft und Forsten StMELF hat am 9.11.2020 auf dem bayerischen Wildtierportal noch einmal das generelle Verbot bekräftigt. Für Bewegungsjagden zur Bejagung von Schwarzwild sind demnach immer Ausnahmegenehmigungen von der Kreisverwaltungsbehörde erforderlich. Zugleich werden solche Jagden als „unabdingbares Regulationsinstrument der Schwarzwildpopulation… [zur] …zwingend nötigen Prävention eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest“ angesehen. Deswegen schreibt die Behörde weiter: „Dies ist bei der Ermessensausübung i. S. d. § 5 Satz 2 der 8. BayIfSMV im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung einer Einzelfallgenehmigung zu berücksichtigen. Grundsätzlich kann eine solche Ausnahmegenehmigung zudem für mehrere gleichartige Veranstaltungen im Vorhinein erteilt wer-den. Sofern strikte Schutz- und Hygienevorkehrungen bei der Durchführung von Bewegungsjagden vorgesehen und beachtet werden, wird die Vertretbarkeit aus infektionsschutzrechtlicher Sicht regelmäßig zu bejahen sein.“ 

Damit sind Drückjagden auf Schalenwild faktisch auch in Bayern weiter möglich, müssen allerdings jeweils umständlich vorher genehmigt werden. Immerhin gibt es für den Antrag ein Musterformular.

In Sachsen, wo in diesen Tagen die ersten Fälle von ASP entdeckt wurden, stuft das Sozialministerium die Jagd grundsätzlich als systemrelevant ein. Allerdings widerspricht die dortige Corona-Schutzverordnung der Durchführung von größeren Jagden da bei Veranstaltungen nur 10 Personen aus 2 Haushalten zugelassen seien. Die Angelegenheit soll deswegen im Corona-Krisenstab verhandelt werden.

Update vom 5.11.2020: Auch das Bundesland Sachsen ermöglicht ausdrücklich die Gesellschaftsjagden auf Schalenwild. Abgesehen von den üblichen Hygieneanforderungen werden keine besonderen Ausführungen gemacht. 

Schleswig Holstein hat eine Obergrenze von 100 Jagdteilnehmern gezogen. Der Landesjagdverband stellt auf seiner Internetseite ein Musterformular zum Anwesenheitsnachweis zur Verfügung. Die erhobenen Daten müssen vier Wochen aufbewahrt werden.

Rheinland-Pfalz hat erst am 5.11.2020 konkrete Aussagen getroffen. Dementsprechend sind Gesellschaftsjagden in Rheinland-Pfalz bis auf Weiteres zulässig, soweit die Inhalte eines nun mit dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium abgestimmten, detaillierten Hygienekonzepts Jagd strikt beachtet werden. Sie gelten als Ansammlungen von Personen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, für die kein Einzelantrag bei den Ordnungsbehörden erforderlich ist. Es gelten daher auch keine Personenobergrenzen. Unmittelbar durch die Teilnahme an Gesellschaftsjagden oder auch zum Zwecke der Einzeljagd verursachte Übernachtungen gelten nicht als touristischer Reiseverkehr und sind unter Beachtung der allgemeinen Schutzmaßnahmen zulässig

Heinrich Höllerl