Vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung der Baumpflege im urbanen Bereich und den
zunehmenden Einsätzen zur Herstellung der Verkehrssicherheit entlang von Straßen auch im forstlichen Gebiet wurde der Fällkran der Firma MB Baumdienste Untersuchungsgegenstand einer Bachelorarbeit als Abschluss eines Forstwirtschaftsstudiums an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg.
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Bei dem MB-Fällkran handelt es sich um eine autokranchassisbasierende Forstspezialmaschine, die an der Spitze des Auslegers über ein speziell konzipiertes Fällaggregat verfügt. Es umschließt den Stamm, führt den Trennschnitt durch und legt den Baum bzw. den Teil des Baumes an einer gewünschten Stelle ab. Ein zielgerichtetes und kontrolliertes Ablegen des Stammes bzw. des Kronenteils auch in beengten Situationen wird dadurch realisierbar. Durch die technische Möglichkeit, sich nur einseitig abstützen zu müssen, können Arbeiten auf nur einer Fahrbahnseite durchgeführt werden, wofür ein einseitiges Sperren der betroffenen Straße ausreicht und eine Vollsperrung somit vermieden wird (Abb. 1). Ein zügiges Umsetzen zwischen den einzelnen Fällvorgängen ermöglicht eine Arbeitsleistung von 150 bis 200 gefällten Bäumen pro Tag (abhängig von Höhe und Durchmesser des Baumes und den Bedingungen am Einsatzort). Zur Einweisung, Überwachung oder auch zum Führen von Trennschnitten in unübersichtlichem Gelände ist ein Bodenmann als zweiter Mitarbeiter neben dem eigentlichen Kranfahrer bei diesem Arbeitsverfahren vorgesehen.
Ausgangspunkt der Entwicklung dieser Forstspezialmaschine war der Wunsch nach mehr Sicherheit bei Baumpflegearbeiten in besiedelten Gebieten, um vor allem gefährliche Hub- und Steigarbeiten zu reduzieren. Das Erreichen des Ziels, sicherer und wirtschaftlicher zu arbeiten, wurde bereits durch mehrere Institutionen wie z. B. das Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) bestätigt. Besitzer und Mitentwickler dieses ursprünglich sogenannten „Tree Trimmers“ ist Matthias Bauer, Geschäftsführer der Firma MB Baumdienste, die ihren Firmensitz in Eppstein im Taunus hat. Sie besitzt drei der fünf in Deutschland vorhandenen Fällmaschinen und ist deutschlandweit im Einsatz.
Technische Daten des MB-Fällkrans
Der Ausleger des MB-Fällkrans ist zweifach teleskopierbar und verfügt dadurch über eine vertikale Reichweite von 24 m und eine seitliche Auslage von 21 m (Abb. 2). Die Kranzone misst über die Fahrzeugbreite somit etwa 20 m. Bei voller Auslage hält er eine Last von bis zu 1,5 Tonnen. Der Schwenkbereich des Auslegers beträgt 80° nach oben und 55° nach unten. Die maximale zu hebende Last bei kompletter Teleskopierung und einem Neigungswinkel von 50 bis 75° liegt bei 2 Tonnen. Das Fällaggregat, welches sich an der Spitze des Auslegers befindet, greift bis 1,5 m Stammdurchmesser und sägt bis 90 cm Durchmesser. Zusätzlich ist es um 240° drehbar und verfügt über eine Schwenkfunktion.
Laut UVV Forsten erfordern Fäll- und Baumpflegemaßnahmen einen abgesperrten Bereich von einem Mindestradius der doppelten Baumlänge, da dieser als Gefahrenbereich gilt. Durch technische Sonderkonstruktionen und die dadurch bedingte hohe Arbeitssicherheit des MB-Fällkrans erlaubt die Berufsgenossenschaft eine Unterschreitung dieses Sicherheitsbereiches bei dessen Einsatz. So sind beispielsweise alle im Kran verbauten Hydraulikzylinder mit Sperrventilen ausgestattet, sodass sich beim Platzen oder Reißen eines Hydraulikschlauchs sofort alle Ventile schließen und sich die Zange aus Sicherheitsgründen nicht mehr öffnen kann. Die Haltefunktion der Hydraulikzylinder wird somit weiterhin gewährleistet. Des Weiteren benötigt der MB-Fällkran kein Kontergewicht, um die Last des Stammes auszugleichen. Ein Gewicht, das in den gegenüberliegenden Fahrbahnbereich ragen und so eine Vollsperrung der Fahrban erforderlich machen würde. Zusätzlich verfügt der Kran über eine Drehkranzbegrenzung, die verhindert, dass Fahrerkabine und Ausleger sich im Fall eines Versagens des Fahrers in den laufenden Verkehr drehen können. Je nach Einsatzort muss die Begrenzung der Drehung angepasst und eingestellt werden. Bei einer Vollsperrung wird diese Funktion nicht benötigt.
Intention der Bachelorarbeit
Das Ziel dieser Bachelorarbeit war es, das Arbeitssystem „MB-Fällkran“ zu analysieren und mit alternativen Arbeitsverfahren zu vergleichen. Zudem sollte das Urteil des KWF, der MB-Fällkran sei wirtschaftlich und richtungsweisend, auf seine Richtigkeit hin überprüft werden.
Verfahrensvergleich
Zunächst wurde ein Verfahrensvergleich zwischen dem Arbeitssystem des MB-Fällkrans und einem seilunterstützten Fällverfahren mithilfe eines Forstspezialschleppers durchgeführt. Um Vergleichswerte zu ermitteln, wurde ein Aufnahmeverfahren der REFA-Arbeitszeitstudie gewählt. Anschließend wurde eine Verfahrensanalyse des Arbeitsverfahrens des MB-Fällkrans mit dem Ziel einer exakteren Einsatzplanung mithilfe einer REFA-Studie erstellt. Zusätzlich wurde gemeinsam mit der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ein Vergleich der Arbeitssicherheit beider aufgenommenen Fällverfahren erarbeitet und eine aktuelle Maschinenkostenkalkulation aufgestellt.
Zur Datenaufnahme musste ein geeignetes Aufnahmeverfahren nach REFA ausgewählt und ein entsprechender Aufnahmebogen gestaltet werden. Dieser konnte bereits durch eine vorgezogene Vorstudie getestet und optimiert werden. Des Weiteren wurde darauf geachtet, dass sich während der etwa dreiwöchigen Aufnahmen das Bedienpersonal des Arbeitssystems des MB-Fällkrans nicht änderte, sodass die Größe menschlichen Einflusses möglichst gering war.
Im Rahmen des Verfahrensvergleichs zwischen dem MB-Fällkran und dem seilunterstützten Verfahren wurden Fällungen entlang sämtlicher Straßen (Kreis- und Bundesstraßen), die im Frühjahr 2016 von Verkehrssicherungsmaßnahmen betroffen waren, untersucht. Ein Forstspezialschlepper mit Seilwinde unterstützte die Forstwirte im zweitgenannten Verfahren, ebenso wie die Ausrüstung für die sogenannte Königsbronner-Anschlag-Technik (KAT). Um eine Vergleichbarkeit zu erzielen, fanden die Aufnahmen unter vergleichbaren Einsatzbedingungen entlang derselben Straße statt. Verantwortliches Forstamt und zuständig für die Bereitstellung des seilunterstützten Fällverfahrens war das Forstamt Reutlingen des Landesforstbetriebes ForstBW in Baden-Württemberg. Neben den Produktivitätswerten beider Verfahren sollten auch die Verfahrenskosten miteinander verglichen werden und in Relation zu der erbrachten Leistung stehen. Das Ergebnis der Auswertung zeigte, dass es durchschnittlich 9 Minuten und 28 Sekunden dauert, einen Baum mithilfe des seilunterstützten Verfahrens zu fällen. Der MB-Fällkran benötigt hierzu 2 Minuten und 48 Sekunden und ist somit 3,5-mal schneller als das Vergleichsverfahren. Zu berücksichtigen ist natürlich, dass es sich um Durchschnittswerte handelt und sich diese auf die aufgenommenen, jedoch vergleichbaren Einsatzorte beziehen. In der Annahme, dass zu den jeweiligen Gesamtzeiten pro Baum keine Verzögerungen (Reparaturen, Behinderungen durch Umwelteinflüsse etc.) addiert werden müssen, ist eine Menge X der gefällten Bäume pro Stunde errechenbar. Diese liegt über alle aufgenommenen Einsatzorte gemittelt bei dem seilunterstützten Verfahren bei 6,3 Bäumen pro Stunde, wohingegen der MB-Fällkran ein Pensum von 22,2 Bäume pro Stunde erreicht. Leistungskennzahlen alleine sagen wenig über die Wirtschaftlichkeit eines Arbeitsverfahrens aus. Deshalb wurden die Systemkosten beider Verfahren ermittelt und einander gegenübergestellt. Mit einem Stundensatz von 350,- € netto pro Stunde (inklusive Bodenmann, Begleitfahrzeug und Maschinenführer) kostet ein 8-h-Einsatz des MB-Fällkrans 3.450 € netto. Das seilunterstützte Verfahren liegt inklusive der Forstwirte bei 1.814,40 € netto pro Tag. Die Kosten der Einsatzvorbereitung seitens des Forstamtes sind in etwa gleich zu kalkulieren, hier aber nicht berücksichtigt. Werden diese beiden Systemkosten miteinander verglichen, ist ein Arbeitseinsatz des MB-Fällkrans 1,9-mal teurer als der des Vergleichsverfahrens. Der reine Vergleich numerischer Werte zeigt also, dass die Forstspezialmaschine zwar fast doppelt so teuer, aber auch 3,5-mal so effizient ist.
Arbeitssicherheit
Eine der wesentlichsten Merkmale des MB-Fällkrans ist die Arbeitssicherheit, die unter anderem Hauptantrieb für die Entwicklung der Maschine war. Um gängige Gefährdungsfaktoren zu ermitteln und einen Vergleich der Verfahrenssicherheit beider aufgenommener Arbeitsverfahren zu entwickeln, erfolgte eine Zusammenarbeit mit Klaus Klugmann von der SVLFG. Zu beachten waren neben den jeweils eingesetzten Maschinen viel mehr die Faktoren „Mensch als Gefährdungsquelle“ sowie „Holz als nicht standardisiertes Naturprodukt“. Ersteres ist im Fall des MB-Fällkrans weitestgehend durch eine Vollmechanisierung eliminiert. Dennoch besteht nach wie vor durch die manuelle Bedienung der Maschine und den Einsatz des Bodenmanns ein Restrisiko. Wesentlich höher sind die Sicherheitsdefizite jedoch beim seilunterstützten Verfahren. Standardisierte Gefährdungsfaktoren wie Umknicken, Stürzen, Stolpern, die Gefahr durch einen herabstürzenden Ast getroffen zu werden, Lärm, sogenannte unkontrolliert bewegte Teile (Schekel etc.) sind durch die Sicherheitskabine und die Vollmechanisierung des MB-Fällkrans eliminiert und lediglich auf die partiell einsetzende Tätigkeit des Bodenmannes reduziert. Dennoch darf hier – wie in allen mechanisierten Verfahren – mit steigender Routine und Übung die Technik nicht an ihre Grenzen gebracht werden.
Nach dieser Betrachtung des Sicherheitsaspektes kann das eingangs genannte Urteil des KWF aus dem Jahr 2012, als der MB-Fällkran Exkursionspunkt auf der KWF-Tagung war, bestätigt werden.
Einfluss auf die Arbeitseffizienz
Abschließend folgte eine genaue Analyse der einzelnen Arbeitsschritte und deren zeitlicher Gewichtung innerhalb eines Fällvorgangs des MB-Fällkrans. Diese soll eine exaktere Planungsgrundlage für Einsätze entlang von Straßen ermöglichen. Es wurde ermittelt, ob sich Faktoren wie starke Verbuschung, Stromleitungen, Leitplanken oder die Ablegeposition und -entfernung des Stammes verzögernd auf die Arbeitsproduktivität auswirken. Zusätzlich wurde eine aktualisierte Maschinenkostenkalkulation des Krans erstellt.
Verglichen wurden die entsprechenden zeitlichen Einzeldaten der verschiedenen Arbeitsschritte (Fällvorgang, Ablegen des Stammes etc.) mit den Gegebenheiten am Einsatzort (Oberhöhe (OH) und Brusthöhendurchmesser (Bhd) des zu entnehmenden Baumkollektivs). Durch statistische Untersuchungen der Werte wurde deutlich, dass der Bhd die Fällzeit pro Baum nur bedingt beeinflusst und die OH einen noch geringeren Einfluss auf die Fällzeit hat. Sind ausschlaggebende Faktoren somit starke Verbuschung der Straßenrandbereiche, gesondertes Ablegen von einzelnen Stammteilen oder eine Stromleitung? Die Interpretation der Ergebnisse bestätigte diese Vermutung subjektiver Einflussfaktoren.
Die final neu aufgestellte Maschinenkostenkalkulation erbrachte in etwa den bisherigen Stundensatz von 355,25 € netto.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der MB-Fällkran zum einen durch seine hohe Effizienz hervorsticht, die durch den Vergleich mit einem anderen Fällverfahren untermauert werden konnte. Zum anderen verdeutlichte die Erarbeitung der Arbeitssicherheitsbewertung die hohe Arbeitssicherheit vor allem im Vergleich zu anderen Arbeitsverfahren in diesem Tätigkeitsbereich.
Technische Daten:
Länge: 11 m
Höhe: 4 m
Breite: 2,55 m
Wendekreis: 12,5 m
Geschwindigkeit: 80 km/h
Fahrwerk: ATF 50G-3 der Tadano Faun GmbH,
Achsen einzeln lenkbar, Differenzialsperre, Hundegang-Lenkweise
Motor: Turbodiesel mit Ladeluftkühler der Marke Mercedes-Benz, sechs Zylinder,
Hubraum: 7.200 cm³ und 330 PS,
Tankvolumen: 350 Liter
Getriebe: automatisches Schaltgetriebe (Tip-Tronic) mit einer Gangzahl von 12 Gängen (10 als Vorwärts-, 2 als Rückwärtsgänge)
Fahrgestell: 30 Tonnen-Fahrgestell,
Last pro Achse: 10 Tonnen
Arbeitshöhe des Auslegers: 24 m