Bis vor wenigen Jahren wussten nur Eingeweihte, dass die Niedersächsischen Landesforsten im Landkreis Oldenburg mit dem Pestruper Gräberfeld eines der größten noch erhaltenen Gräberfelder aus der Bronze- und Eisenzeit (etwa 2.000 bis 0 v. Chr.) ihr Eigen nennen.
Das Pestruper Gräberfeld liegt am Rande der Kreisstadt Wildeshausen. Das Gebiet ist mit seinen 531 Grabhügeln die wohl größte noch erhaltene Nekropole aus Bronze- und Eisenzeit im nördlichen Mitteleuropa und heute ein prägender Bestandteil der „Straße der Megalithkultur“. Das Gräberfeld mit seiner unregelmäßigen Topographie ist bedeckt durch eine malerische Heidelandschaft. Das fast 40 Hektar große Areal lädt mit seiner hügeligen Struktur ganzjährig und besonders zur Heideblüte unzählige Besucher zum Wandern, Joggen und Spazierengehen ein.
Geschichte
Bereits 1819 erließ die Herzogliche Kammer in Oldenburg die erste Verordnung zum Schutz von Großstein- und Hügelgräbern. Seitdem erfolgte der Ankauf vor allem schutzwürdiger Großsteingräber im damaligen Herzogtum Oldenburg. Das Gräberfeld selbst wurde vom Land Oldenburg erst 1908 erworben. Die umgebenden ehemaligen Heideflächen sind heute aufgeforstet oder landwirtschaftlich genutzt. Die überwiegend der Urnenbestattung dienenden Grabhügel sind durch frühere landwirtschaftliche Nutzung und durch Raubgrabungen so in Mitleidenschaft gezogen worden, dass das Areal 1992 zum Grabungsschutzgebiet erklärt wurde.
Naturschutz
Bereits 1938 wurde das Gebiet unter Naturschutz gestellt. 2000 folgte die Meldung zusammen mit angrenzenden Flächen als Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Gebiet nach Brüssel. Der Erhaltungs- und Entwicklungsplan weist für das Gräberfeld auf 28 Hektar den Lebensraumtyp (LRT) 4030, „Trockene Sandheiden“ nach, davon auf einem Drittel den Erhaltungszustand A und auf fast fünfzig Prozent der Fläche den Erhaltungszustand B. An den Rändern sind die LRT 9110 „Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)“ bzw. LRT 9190 „Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur“ mit geringer Fläche vertreten. Vorkommende gefährdete Tierarten sind die Feldlerche, die Zauneidechse und verschiedene Falter-Arten. Bei den gefährdeten Pflanzen sind die Quendel-Seide, zwei Ginsterarten und das Eichenmoos zu nennen.
Gefährdung des Heidebestandes
2005 stellte massiver Befall der überalterten Heidepflanzen durch den Heideblattkäfer und die Ausbreitung der Drahtschmiele die Verantwortlichen vor große Probleme. Die mechanische Verjüngung der Heide kommt in dem Grabungsschutzgebiet nicht infrage. Ein Abbrennen wie in der Lüneburger Heide scheidet aufgrund der Methoden der Altersbestimmung der Gräber (C14-Methode) ebenfalls aus. Bei der bis dahin erfolgten Schafbeweidung hatte es immer wieder Probleme, insbesondere mit dem Schafhalter, gegeben.
Runder Tisch
Ein Runder Tisch mit allen Betroffenen wurde daraufhin 2006 vom zuständigen Forstamt Ahlhorn eingerichtet, um die Situation einvernehmlich zu lösen. Eingeladen waren Vertreter des Landkreises Oldenburg aus den Zuständigkeiten Naturschutz, Denkmalpflege und Tourismus (Naturpark), Vertreter der Stadt Wildeshausen, des Verkehrsvereines der Stadt, des örtlichen Heimatvereines, der am Gräberfeld einen historischen Schafkoben erhält, der Naturschutzstiftung des Landkreises und das Landesamt für Denkmalpflege. Ziel war und ist es, das im Nordwestdeutschen Raum einmalige Schutz – und Erholungsgebiet sowohl aus historischer wie auch aus landschaftspflegerischer Sicht nachhaltig zu sichern und dieses Juwel der Wildeshauser Geest jährlich zum Blühen zu bringen.
Neues Beweidungskonzept
2007 begann die Beweidung mit einem neuen Schäfer, mit dem der zuständige Revierförster Heiner Brüning ein Beweidungskonzept entwickelte. 100 bis 150 Diepholzer Moorschnucken (s. Infokasten) beweiden im Frühjahr und im Herbst für 6 bis 8 Wochen die Heide. Tagsüber sind die Schafe im Wanderzaun und werden einige Stunden durch nebenberufliche Wanderschäfer über die Fläche geführt. Nachts wird die Herde im angrenzenden Schafkoben untergebracht, um einen gewissen Nährstoffentzug aus der Fläche zu bewirken. Seit der Wolf vor drei Jahren auch die Stadt Wildeshausen erreicht hat, ist der Schafkoben als wolfssicheres Quartier ein zusätzlicher Gewinn. Die Heideflächen des Gräberfeldes haben sich seitdem wieder sehr gut verjüngt. Der Heideblattkäfer bereitet keine Probleme mehr und das Gras ist aus den Heideflächen weitgehend verschwunden. Der 2008 begonnene Pflege- und Entwicklungsplan für das FFH-Gebiet, den die Landesforsten in Auftrag gegeben haben, greift das Konzept der Heidepflege auf und verbindet die Ziele von Naturschutz, Bodendenkmalpflege und Erholung.
Begleitende Öffentlichkeitsarbeit
Neben der touristischen Bewerbung, vor allem durch Naturpark und die Stadt Wildeshausen, informiert das Forstamt durch regelmäßige Pressearbeit. Das Thema wird von der lokalen und regionalen Presse dankbar aufgenommen. Höhepunkt ist die öffentliche Schafschur zum Abschluss der Frühjahrsbeweidung. An einem Sonntag im Mai verfolgen dann 500 bis 1.000 Interessierte die Schafschur am historischen Schafstall mit der Heidelandschaft als Kulisse. Dabei informiert das Forstamt über seine Arbeit (Abb. 2).
Kosten
Für die Beweidung und Instandhaltungsarbeiten rechnet Heiner Brüning von der Revierförsterei Barnstorf mit Kosten von etwa 12.000 Euro pro Jahr.
Zusammenfassung
Die Probleme der Heideüberalterung auf einer für Norddeutschland einzigartigen Heidefläche mit archäologischer Bedeutung konnten die Niedersächsischen Landesforsten als Flächeneigner unter Einbeziehung aller Beteiligten im Rahmen eines „Runden Tisches“ lösen. Das Forstamt Ahlhorn organisierte 2005 den Diskussionsprozess, der zu einer einvernehmlichen Regelung führte und seit zehn Jahren für eine konfliktfreie und allseits anerkannte Pflege des Gebietes durch die Landesforsten sorgt. Das Forstamt Ahlhorn bietet sich damit bewusst als professioneller und kooperativer Partner im Bereich des Tourismus, der Kulturlandschaftspflege und des Naturschutzes an.
Die diesjährige Schafschur findet für jedermann am Sonntag, den 27. Mai von 11 bis 17 Uhr am Schafkoben des Heimatvereins direkt am Gräberfeld statt. Neben Informationen zur Schäferei und zum Forstamt sind archäologische und zoologisch/botanische Kurzführungen geplant.
Weitere Informationen sowie Ansprechpartner finden Sie unter www.landesforsten.de/Niedersaechsisches-Forstamt-Ahlhorn.226.0.html.
Die Moorschnucken vom Schäferhof Teerling
Jan Teerling, von Beruf Bäckermeister, engagiert sich bereits seit 30 Jahren in einer Arbeitsgruppe des BUND, der Faunistischen Arbeitsgemeinschaft Moore, kurz FAM. Im Hauptberuf führte er bis 1998 gemeinsam mit seiner Frau die Stadtbäckerei Teerling in Sulingen. Das Engagement der Familie Teerling für Flora und Fauna im Moor führte dazu, dass sie ihre ehrenamtIiche Tätigkeit zum Nebenberuf machte. 1974 übernahm Jan Teerling vom letzten Schäfer im Neustädter Moor die Moorschnuckenherde. 1975 baute das Ehepaar Teerling eine Schäferei in Ströhen auf. Das führte dazu, dass sich Jan Teerling, der um die große Bedeutung der Schafhaltung zur Erhaltung der Moor- und Heidegebiete wusste, auf die Suche nach weiteren Tieren der vom Aussterben bedrohten, aber für das Moor besonders geeigneten Moorschnucken machte. Letzte Exemplare fand er in verschiedenen Gebieten Niedersachsens. Ihm ist es gelungen, die Rasse wieder über die Grenzen der Diepholzer Moorniederung hinaus bekannt zu machen. Heute umfasst seine Herde ca. 900 Muttertiere. Zuchttiere werden in alle Regionen Deutschlands vermarktet. (aus: Schäferhof Teerling in www.moorschnucke.de). Laut Wikipedia (www.wikipedia.de/Stand Juni 2017) umfasst der Bestand dieser gefährdeten kleinen Landschafrasse heute wieder etwa 5.000 Stück.
Der historische Schafkoben am Pestruper Gräberfeld
Der Schafkoben wurde 1968 nach alten Plänen vom Heimatverein Düngstrup auf eigenem Gelände gebaut. Nach einem Brand erfolgte der Wiederaufbau in den Jahren 1976/1977. Im Februar 2011 fiel dieser Schafkoben erneut einem Brand (Brandstiftung) zum Opfer und wurde vom Verein ein weiteres Mal aufgebaut. Mehr Infos finden sich unter http://www.heimatverein-duengstrup.de/index.php/schafkoben/pestruper-graeberfeld.html.
Das Forstamt Ahlhorn
Im Nordwesten von Niedersachsen, südlich von Oldenburg zwischen Cloppenburg und Syke, betreut das Forstamt Ahlhorn mit seinen sieben Revierförstereien auf rund 15.000 ha Landeswald. Kiefernwälder nehmen gut 30 % der Waldfläche ein. 14 % beträgt der Douglasienanteil, gefolgt von 13 % Fichte, darunter leistungsstarke Küsten- und Weißtanne. Im Laubwaldanteil von fast 40 % dominieren Eiche und Buche.
Auch die Teichwirtschaft Ahlhorn, als einzige staatliche Teichwirtschaft in Niedersachsen, gehört zum Forstamt. Die über 100-Jährigen Teiche sind heute Naturschutzgebiet. Die Waldfläche von 1.600 ha, welche die Teiche umgibt, stammen aus einer Erstaufforstung vom Anfang des 20. Jahrhunderts und einem alten Eichen-Krattwald (Kratt ist eine Form des Niederwaldes – Anm. d. Red.). Mit dem „Urwald Baumweg“ hat das Forstamt in den letzten 10 Jahren die Wald- und Teichlandschaft als Erholungsgebiet erschlossen. Inmitten dieses naturnahen Areals liegt das Waldpädagogikzentrum Weser-Ems, das für die Umweltbildung der Landesforsten im Weser-Ems-Gebiet zuständig ist. Neben Wald-Naturschutzgebieten wie dem Barneführer Holz betreut das Forstamt zahlreiche Bodendenkmäler, vor allem Großsteingräber.