Im Einzelnen geht es um die EU-Notfallverordnung (EU-NotVO, VO (EU) 2022/2577) und das deutsche Raumordnungsgesetz (ROG). Die Notfallverordnung ist die Antwort der EU auf die durch den Überfall Russlands auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise.
Beschleunigte Planungsverfahren
Sie sieht straffere Planungsverfahren für Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energie und entsprechender Infrastruktur vor. Damit soll die Abhängigkeit insbesondere von Importen fossiler Energien verringert werden, insbesondere da man gesehen hat wie leicht die Abhängigkeit als Waffe eingesetzt werden kann.
Das ROG regelt die Planungsverfahren im Einzelnen und ist durch das „Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften (ROGÄndG) angepasst worden. So sind beispielsweise in einem Windkraftvorranggebiet, für das bei Ausweisung eine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wird, keine weiteren Umweltverträglichkeitsprüfungen für jede einzelne Anlage nötig. So wollen die die Regierungsparteien Zeit und vor allem Geld sparen, das an anderer Stelle gezielt für Maßnahmen zum Wald- oder Moorschutz eingesetzt werden könne. Voraussetzung für diese Vereinfachung ist, dass die Windenergieanlagen weder in einem Natura 2000-Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark liegt.
Windenergie
Für die schnelle Umsetzung von Windenergieprojekten ist der Art. 6 der EU-NotVO entscheidend, der sich vor allem auf das Repowering bezieht, also die Modernisierung bestehender Windenergieanlagen mit dem Ziel der Leistungssteigerung. Diese seien ohne zeitliche Verzögerung umsetzbar, so die Begründung der Gesetzgeber. Aber auch die Planungsverfahren für neue Windenergieanlagen sollen beschleunigt werden.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt die Regelung: Die Umsetzung von Art. 6 sei eine große Chance zur Weichenstellung für die Zukunft. Der Artikel ermögliche Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie von der artenschutzrechtlichen Prüfung auf Genehmigungsebene, falls bei der Ausweisung des Windenergiegebietes bereits eine Strategische Umweltprüfung (SUP) erfolgt sei und der Standort nicht in einem besonders geschützten Gebiet liege. Die Regelung sei ein zentrales Werkzeug für die Beschleunigung der Verfahren.
Positiv sei auch die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Änderungsgenehmigungsverfahren. Somit gelten die Erleichterungen auch für Repoweringverfahren nach § 16b Bundes-Immissionsschutzgesetz in Windenergiegebieten. Nach Ansicht des BWE eine wichtige Ergänzung, fallen doch bis 2027 Windenergieanlagen mit einer kumulierten Leistung von rund 18,3 GW aus der EEG-Förderung. Hier verberge sich ein Potenzial von fast 60 GW Leistung, das es unbedingt zu heben gelte. Ein Teil dieser Anlagen steht in Waldgebieten. Waldbesitzer, die ein Repowering der Windenergieanlagen in ihrem Wald anstreben, werden also von dieser Regelung profitieren.
Neue Dynamik für Wind im Wald
Die neue Dynamik in der Windenergie im Wald zeigt sich an zwei Beispielen aus Niedersachsen und Bayern. Soll will der Energiedienstleister enercity nordöstlich von Hannover im Gebiet Wedemark/Burgwedel einen Windpark mit bis zu 43 Anlagen errichten, von denen die Hälfte im Wald steht. Über ein Bürgerbeteiligungsmodell sollen die Anwohner von dem Windpark profitieren.
Die Bayerischen Staatsforsten haben am 1. März zwei Auswahlverfahren für neue Windenergieanlagen (WEA) im Landkreis Altötting gestartet. Als Standort für die neuen Windenergieanlagen werden interessierten Unternehmen Flächen im Burghauser Forst sowie im Altöttinger Forst angeboten. Bis Anfang Juni 2023 soll für die beiden Gebiete jeweils ein Standortsicherungsvertrag zur Errichtung neuer Windenergieanlagen im Wald abgeschlossen werden.
Durch die neuen Windenergieanlagen soll die eigenständige Energieversorgung des sogenannten Bayerischen Chemiedreiecks mit regional erzeugtem Strom gestärkt werden. Im Vorfeld wurden mit dem Landkreis Altötting die kommunalen Belange der betroffenen Gemeinden für den möglichen Betrieb von WEA auf diesen Flächen abgestimmt und diese als wesentliche Rahmenbedingungen im Auswahlverfahren verankert. Von den an den Burghauser und Altöttinger Forst angrenzenden neun Gemeinden haben sieben Gemeinden positive Gemeinderatsbeschlüsse gefasst.