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Brennholz 4.0
Günter Meiners mit der elektronischen Kluppe

Brennholz 4.0

27. Oktober 2018

Mit dem allgegenwärtigen Schlagwort „Industrie 4.0“ wird die vierte industrielle Revolution bezeichnet, ausgelöst
durch die Digitalisierung. Eine Initiative rund um die beiden Brennholzproduzenten Günter Meiners (Eifelbrennholz) und Markus Keil (Brennholzservice BMK) lehnt ihren Slogan daran an. Aber was will man beim Scheitholz noch groß revolutionieren?

Das übergeordnete Ziel bei Brennholz 4.0 ist, das Holzvolumen sowohl für den Kunden als auch für den Produzenten greifbarer zu machen. Beim Verkauf des fertigen Scheitholzes gibt es eine ewige Diskussion, nach welcher Maßeinheit das zweckmäßigerweise erfolgen sollte; was die fairste und transparenteste Abrechnungsgrundlage darstellt: Ster, Schüttraummeter, Gewicht? Viele Brennholzhändler legen erfahrungsgemäß lieber eine Schippe drauf, um auf gar keinen Fall in den Ruch zu kommen, sie hätten zu wenig geliefert. Das führt in manchen Fällen jedoch in einen Teufelskreis: Fällt die Bonus-Menge bei der nächsten Lieferung geringer aus, fühlt sich der Kunde trotzdem benachteiligt.

Geeichtes Maß

 

Aber auch im Einkauf des Rundholzes bestehen erhebliche Unwägbarkeiten. Raummaß-Stichprobenverfahren sind bei den unregelmäßigen Stammformen mit erheblichen Fehlern behaftet, die Verwiegung mit der Kranwaage am Rückefahrzeug oder Lkw steckt noch in den Kinderschuhen. Über allem schweben noch die aktuellen Fragen der Eichbehörden nach zukünftig zulässigen Messmethoden im Holzverkauf.

 

Die Antwort der beiden Begründer von Brennholz 4.0 auf die aufgezählten Unsicherheiten ist zunächst einmal sehr pragmatisch: Sie messen einfach mit einem geeichten Instrument. An dieser Stelle kommt auch die Digitalisierung erstmalig ins Spiel. Sie setzen nämlich eine elektronische Kluppe ein, mit der jeder Stamm unmittelbar vor der Verarbeitung auf dem Fördertisch nach den gültigen Regeln vermessen wird (Länge und Mittendurchmesser, gegebenenfalls überkreuz gekluppt und gemittelt). Jeweils exakt 0,62 Fm in 33-cm-Scheiten befinden sich nachher in einer Gitterbox. Das entspricht nach den statistischen Erhebungen des Technologie- und Förderzentrums Straubing (TFZ) einem gestapelten Raummeter. Dabei kann es natürlich Schwankungen geben, wichtig ist Meiners und Keil aber, dass der Festgehalt, also die effektive Holz-Menge garantiert werden kann. Gleichzeitig wollen sie damit der oben genannten „Dreingabementalität“ in ihrer Branche entgegenwirken.

Kritiker der neuen Idee argumentieren dagegen, dass ebendieses Festmaß vom Kunden bei der Anlieferung eigentlich nicht nachgeprüft werden kann. Ein Schütt-Raummeter lässt sich z. B. anhand der Abmessungen des Transportfahrzeugs nachvollziehen, einen Ster könnte man theoretisch gemeinsam aufsetzen. Um das gesamte Festmaß der vielen Scheite zu kontrollieren, bräuchte es jedoch eine Tauchprobe, was natürlich niemand macht. Letztlich erfordert dieses Vorgehen in der Praxis doch wieder eine gute Vertrauensbasis. Dennoch wäre der Nachweis prinzipiell möglich und damit ist die Maßermittlung auch juristisch abgesichert, sagt Günter Meiners. Seine Kunden bekommen bei ihm immer die Messprotokolle der verarbeiteten Stämme und auf Wunsch sogar einen exakten Herkunftsnachweis mit GPS-Koordinaten für zertifizierte Ware.

Robotik

Ungeordnete, unregelmäßige Scheite sauber aufstapeln – keine leichte Aufgabe für einen Roboter

Es gibt aber noch ein zukunftsträchtigeres Projekt bei Brennholz 4.0: Zusammen mit der RWTH Aachen entsteht gerade ein Roboter, der das ungeordnete Scheitholz direkt aus der Gitterbox auf eine Palette oder in eine Schachtel stapelt. Was zunächst völlig übertrieben klingt, hat einen ganz handfesten Hintergrund: Lose Ware geht nur im Direktverkauf. Baumärkte und andere Großkunden kaufen Brennholz palettiert oder paketiert. Da kann ein deutscher Produzent derzeit nicht mit osteuropäischer Ware konkurrieren. Das Personal für das Aufstapeln ist hierzulande einfach viel zu teuer. Ein Roboter mag eine hohe Investition sein – die laufenden Kosten halten sich jedoch sehr in Grenzen.

Die Initiatoren des Forschungsprojektes, das vom Bundeswirtschaftsministerium im Zuge der Förderinitiative „Mittelstand 4.0“ gefördert wird, haben aber nicht nur den einzelbetrieblichen Erfolg im Auge, sondern wollen auch die Gesamt-Ökobilanz des Brennstoffs verbessern durch die drastische Reduzierung von Transportwegen. Aus Sicht der Wissenschaftler ist das Palettieren eine sogenannte „Pick-and-place“-Aufgabe wie viele andere auch. Die Herausforderung liegt darin, dass die Holzscheite ungeordnet sind und unregelmäßig geformt. Dafür musste ein Greifer entwickelt werden, ein 3D-Kamerasystem und die passenden Algorithmen. Im Labor funktioniert die Technik schon sehr zufriedenstellend.

Heinrich Höllerl