Waldbesuchende sind dieser Tage vielerorts mit katastrophalen Waldbildern konfrontiert. Ganze Waldflächen, die vormals mit Fichten bestanden waren, sind dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Die Forstbetriebe sind dabei, die Schadflächen zu sanieren und die weitere Ausbreitung der Fichtenborkenkäfer möglichst zu verhindern. Immer wieder fällt dabei auf, dass i. d. R. nur grüne Fichten gefällt werden, während die offensichtlich abgestorbenen Exemplare auf der Fläche verbleiben. Für Waldbesuchende stellt sich hier schnell die Frage nach dem Warum. Der Förster wird doch wohl nicht auch noch die letzten gesunden Fichten zu guten Holzpreisen auf den Markt bringen wollen, statt die Käferflächen zu sanieren? Ein Sprecher von ThüringenForst klärt auf: „ Das ist ein Widerspruch, der sich erst bei genauer Kenntnis der waldökologischen Zusammenhänge wie auch der Biologie des Buchdruckers auflöst.“
Kleiner Käfer mit großer Wirkung
„Der Buchdrucker ist ein typischer Schädling heimischer Fichtenwälder. Seine ökologische Funktion besteht darin, kranke Bäume schneller zum Absterben zu bringen und den biologischen Kreislauf von Werden und Vergehen zu unterstützen“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Sind die Fichtenwälder vital und gut wasserversorgt, hat der Schädling deshalb kaum Chancen, sich in diesen Wäldern massenhaft zu vermehren. Die inzwischen jahrelange klimawandelbedingte Trockenheit setzt der Fichte allerdings kräftig zu und macht sie großflächig anfällig für die Schädlinge.
Nach Angaben von ThüringenForst zerstörte dieser wenige Millimeter große Käfer im Freistaat zuerst Fichtenbestände in den unteren, wärmeren Lagen, vermehrte sich dort millionenfach und erreicht jetzt dank seiner enormen Individuenzahl auch die Höhenlagen des Thüringer Waldes – ausgerechnet das natürliche Hauptverbreitungsgebiet der Fichte im Freistaat.
Waldbesitzende und Forstleute bemühen sich um die Sanierung borkenkäferverseuchter Fichtenbestände. Dabei geht es aber eben vor allem darum, Fichten, die vom Borkenkäfer frisch befallen sind und dessen Brut unter der Rinde tragen, schnellstens zu fällen, aufzuarbeiten und aus dem Wald zu transportieren.
Das Zeitfenster für die Sanierung ist klein
Nur ein kleines Zeitfenster von rund sechs Wochen – nach einem Neubefall gerechnet – bleibt den Akteuren für die Sanierung. Nach Ablauf dieser Frist hat sich eine neue Brut Borkenkäfer entwickelt, kann ausfliegen und umliegende, noch nicht befallene Fichten ansteuern. Eine vom Borkenkäfer frisch befallene Fichte ist allerdings nicht leicht zu erkennen, da die Baumkrone noch grün ist. Frühes und damit wichtiges Erkennungsmerkmal ist das Bohrmehl, verursacht durch den einbohrenden Käfer, das sich am Stamm und am Stammfuß finden lässt. Zweites deutliches Anzeichen sind herabfallende grüne Nadeln, die allerdings schon einen fortschreitenden Befall anzeigen. Fällt die Rinde plätzeartig vom Stamm, ist es für eine Sanierung fast zu spät. Der Jungkäfer ist dann oft schon ausgeflogen.
Deshalb werden also „grüne Fichten“ gefällt
Vor diesem Hintergrund wird schnell klar, warum die Sanierung Monate oder gar Jahre später abgestorbener Bäume bei der Borkenkäferbekämpfung nicht sinnvoll ist. Der Schädling ist längst ausgeflogen und hat sich auf die Suche nach noch unbefallenen Nachbarbäumen gemacht. Nur diese sind für sein nächstes Brutgeschäft tauglich. Waldbesitzende wie Forstleute müssen folglich ihr Hauptaugenmerk auf die „grünen Fichten“ lenken, diese laufend auf Buchdruckerbefall kontrollieren und diese umgehend einschlagen, sobald frisches Bohrmehl gefunden wird. Nur so kann mit dem befallenen Baumstamm die gefährliche Buchdruckerbrut aus dem Wald geschafft werden. Es bleibt aber immer ein Rennen gegen die Zeit.