Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR), besuchte auf Einladung von MdB Dr. Klaus-Peter Schulze und in Begleitung von MdB Cajus Julius Caesar, Forstpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, innovative Forstbetriebe im Raum Cottbus (Land Brandenburg).
Die Rasanz des laufenden, im Wesentlichen menschengemachten Klimawandels stellt die Waldnatur und damit auch die mit ihr befasste Forstwirtschaft vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Die Bewahrung multifunktional leistungsfähiger Waldökosysteme ist essenziell für die Zukunft unserer zivilisierten Welt. Eine dieser weitreichenden Verantwortung gerecht werdende Forstwirtschaft benötigt dringend den dafür notwendigen politischen Rückhalt. Der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) verleiht ihr hierfür eine Stimme.
Als repräsentative Vertretung aller mit der Forstwirtschaft und dem Wald befassten Akteure in der Bundesrepublik Deutschland streitet der DFWR für die Interessen der um die Nachhaltigkeit der Waldressourcen bemühten Forstbetriebe. Denn nur langfristig leistungsstarke und handlungsfähige Forstbetriebe vermögen in Erwartung der nicht sicher prognostizierbaren Klimazukunft gesunde, multifunktional leistungsstarke und vor allem multioptional anpassungsfähige Wälder zu entwickeln.
Dieser Jahrhundertaufgabe stellen sich in Deutschland rund 2 Millionen Waldbesitzer. Ihr Wald prägt Deutschland: 11,4 Mio. ha bedecken etwa ein Drittel der Landesfläche, 1,1 Mio. Deutsche finden durch ihn Beschäftigung und 55 Mio. Deutsche besuchen ihn mindestens einmal jährlich zur Erholung.
Bei zwei in der Niederlausitz ansässigen Waldbesitzern war der DFWR zu Gast und überzeugte sich von der Notwendigkeit regional- und standortspezifischer Bewirtschaftungsstrategien zum Zwecke einer klugen strategischen und ökologischen Vielfalt für eine möglichst sichere Waldzukunft.
Forstbetrieb Reuthen
Der in Südbrandenburg an der Landesgrenze zu Polen und Sachsen gelegene Forstbetrieb Reuthen der Freiherr von Rotenhan´schen Forstverwaltung bewirtschaftet einen etwa 1.800 ha großen und bislang von Kiefern dominierten Altersklassenwald, der von der Naturraumausstattung her eigentlich ein buntgemischter Laubwald wäre. Die in den unnatürlichen Kiefern-Monokulturen begründeten Betriebsrisiken durch Waldbrand, Sturm und Insekten sucht der innovative Forstbetrieb dadurch aufzulösen, in dem er den bislang schlagweise bewirtschafteten Kiefernforst konsequent in einen risikoärmeren, weil naturnäheren, artenreicheren und horizontal wie vertikal strukturierten Laub-Nadel-Mischwald überführt.
Diese Vielfalt bereitet unweigerlich auch zahlreiche Entwicklungsoptionen in Erwartung der unsicheren Klimazukunft Risikominimierung durch Diversifizierung! Wesentlicher Bestandteil dieser Betriebsphilosophie sind die bewusste Integration natürlich verjüngter Baumarten in den Produktionsprozess und die permanente Gewährleistung dafür geeigneter Wilddichten durch eine effektive Jagd. Mit dieser Form der naturgemäßen Waldwirtschaft strebt der Forstbetrieb nach einer langfristigen Sicherung und Mehrung der Waldressourcen als Lebensgrundlage für die Betriebseigentümer und deren Familien, ihren Mitarbeitern und beauftragten Unternehmen und im weiteren Sinne unweigerlich auch für die Bevölkerung der Region.
Forstbetrieb von Dirk Kuhla
Der etwas westlich davon gelegene, etwa 520 ha große Forstbetrieb von Diplom-Kaufmann Dirk Kuhla nahe der Stadt Spremberg sieht sich gefordert, die an die Waldbewirtschaftung unter dem Einfluss des Klimawandels gestellten Zukunftsherausforderungen unter standörtlich wesentlich ungünstigeren Bedingungen zu bewältigen. Großflächig geringere Bodennährkraft auf langgestreckten Sanddünen und bereits heute ausgeprägte Trockenperioden machen die Kiefer hier wohl auch in Zukunft zur Hauptbaumart.
Zur langfristigen Wald- und Betriebssicherung bedient sich Dirk Kuhla deshalb vor allem den über viele Jahrzehnte am Forstinstitut in Eberswalde entwickelten wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Kiefernwaldbau im Nordostdeutschen Tiefland. In Verantwortung für seine Vor- und Nachfahren möchte der weitblickende Familienvater auf diesem Wege den Fortbestand seines Waldes sichern und mehren ökologisch und ökonomisch nachhaltig arbeiten.
Als waldbaulicher Autodidakt und in ständigem Wissensaustausch mit Naturwissenschaftlern aller Couleur hat er sich überregional als scharfer Kritiker paradiesökologischer Wunschvorstellungen seitens der Natur entrückter Großstadtideologen einen Namen gemacht. Tägliche Handlungsmaxime ist ihm der Ausspruch eines berühmten Eberswalder Waldbauprofessors: Wie weit wir vom Wege der Natur abweichen dürfen, ohne uns selbst zu schädigen, das ist die große Frage, aber auch die große Kunst des Waldbaus!
In diesem Sinne nimmt Kuhla als kühner Rechner sehr wohl alle kostenlosen Gaben der Natur wie Naturverjüngungen oder Selbstregulationsmechanismen in Durchforstungsbeständen an. Als der Zukunft verpflichteter Waldbauer ergänzt er sie jedoch auch mit aktiven Waldbaumaßnahmen zur Vitalitätssicherung und multifunktionalen Leistungssteigerung seines Waldes zum langfristen Nutzen seiner Familie und der Bevölkerung rund um die Stadt Spremberg. Mit Hilfe moderner Verfahren der Standorts-, Vegetations- und Biotopkartierung und durch wissenschaftlich fundierte Kultur- und Durchforstungsverfahren schöpft Dirk Kuhla die gegebenen Naturraumpotenziale nachhaltig aus, ohne es jedoch zu versäumen, dem Waldnaturschutz einen festen Platz in seinem Wald einzuräumen.
Lebensnotwendiges Kapital der deutschen Forstwirtschaft
Die beiden sich in ihrer Betriebsphilosophie zwar deutlich unterscheidenden Forstbetriebe zeichnet jedoch eine fundamentale Gemeinsamkeit aus: ihr hohes persönliches Engagement in der Innovationssuche zur nachhaltigen Gestaltung des Zukunftswaldes unter dem Einfluss des laufenden globalen ökologischen Wandels.
Einstimmig bewerteten die Teilnehmer der vom Deutschen Forstwirtschaftsrat angeführten Waldbereisung diesen Fakt nicht nachteilig, sondern schätzen ihn als das lebensnotwendige Kapital der deutschen Forstwirtschaft bei der Bewältigung der anstehenden Zukunftsherausforderungen.
Akzeptieren bzw. tolerieren alle forstlichen Akteure diese (standörtliche!) Unterschiedlichkeit und schicken einzelne nicht der ganzen Forstbranche das Bundesverfassungsgericht oder das Kartellamt ins Haus, so vermag diese bewusste Vielfalt an Nachhaltbetrieben erheblich das Risiko ausfallender Wohlfahrtswirkungen des Waldes für die Gesellschaft durch den Klimawandel abzumildern. Wer beispielsweise glaubt, die deutsche Forstwirtschaft wäre nur erfolgreich, wenn sie sich beispielsweise am Osnabrücker Modell orientiert, der irrt sich und täuscht andere. Zum Schaden aller 2 Mio. kleinen oder größeren Forstbetriebe in Deutschland.