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Ein bayerischer Kabinettsbeschluss soll die Entnahme, sprich den Abschuss, von Wölfen und Fischottern zugunsten von Weide- und Teichwirtschaft erleichtern. Der Bund Naturschutz sieht „Nebelkerzen“.
Ein bayerischer Kabinettsbeschluss soll die Entnahme, sprich den Abschuss, von Wölfen und Fischottern zugunsten von Weide- und Teichwirtschaft erleichtern. Der Bund Naturschutz sieht „Nebelkerzen“.

Bayern will Wolf und Otter an den Kragen

26. April 2023
Der bayerische Ministerrat hat am 25. April die neue Bayerische Wolfs-Verordnung und eine Neuregelung zur Entnahme von Fischottern beschlossen.

Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber sagte, man könne nicht länger zusehen, wie die Rückkehr der Beutegreifer Wolf, Bär, aber auch der Fischotter die Nutztierhaltung und die Fischwirtschaft immer mehr zunichtemache. Der Bund müsse sich dafür einsetzen, den Schutzstatus des nicht mehr auf der Roten Liste stehenden Wolfs abzusenken.

Neue Wolfsverordnung

Mit der neuen Verordnung sollen für den Wolf verfahrensmäßige Erleichterungen zur Vergrämung und Entnahme unter Wahrung der EU- und bundesrechtlichen Anforderungen geschaffen und vereinfachte Ausnahmen für verhaltensauffällige Wölfe sowie für schadensstiftende Wölfe ermöglicht werden.

Verhaltensauffällige Wölfe dürfen beispielsweise entnommen werden, wenn ein Wolf sich Menschen mit Hunden annähert und dabei ein aggressives Verhalten zeigt.

„Ein Riss reicht“

Für schadensstiftende Wölfe werden Maßnahmen in den ausgewiesenen nicht schützbaren Weidegebieten erleichtert, wenn ein Wolf dort ein Nutztier reißt. Die Betonung liegt hier auf „ein Nutztier“. Ministerpräsident Söder sagte wörtlich: „Ein Riss reicht!“ Auch müsse der für den Riss verantwortliche Wolf nicht mehr identifiziert werden, sondern Wölfe dürften in der Region generell entnommen werden. Nicht schützbare Weidegebiete sind Gebiete, bei denen ein Herdenschutz entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist, etwa Almen oder Alpen.

Die neue bayerische Wolfs-Verordnung verlagert die Zuständigkeit für die behördlichen Maßnahmen zur Entnahme eines Wolfs von den Bezirksregierungen auf die untere Naturschutzbehörde am Landratsamt, um eine schnelle und ortskundige Reaktion zu ermöglichen. Die untere Naturschutzbehörde überprüfe dazu im konkreten Fall das Vorliegen der in der Wolfs-Verordnung festgelegten Voraussetzungen.

Mit der neuen Verordnung, die am 1. Mai 2023 in Kraft tritt, wolle man die Weidewirtschaft in den gebirgigen Regionen Bayerns und so die Almen und Alpen erhalten.

Entnahme von Fischottern erleichtert

Für die Probleme in der Teichwirtschaft hat der Ministerrat eine Änderung der Artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung und der jagdrechtlichen Vorschriften beschlossen. Danach wird es unmittelbar ermöglicht, zur Abwendung ernster fischwirtschaftlicher Schäden ganzjährig Fischotter zu entnehmen. Die Schadensmeldungen hätten sich seit 2016 nahezu verzehnfacht. Allein in den letzten beiden Jahren hätten deshalb 600 von 10.000 Betrieben in der Teichwirtschaft aufgegeben.

Die Teichwirte haben die volle Unterstützung der Staatsregierung, sagt Umweltminister Torsten Glauber, die Entnahme von Fischottern sei allerdings nur möglich, wenn es dazu keine zumutbaren Alternativen gebe, etwa eine Einzäunung. Die Entnahme soll nur dort zulässig sein, wo das Auftreten des Otters ein Problem darstellt wie insbesondere in den Teichbaugebieten in Franken, der Oberpfalz und Niederbayern und dies unter Beachtung des Artenschutzrechts vertretbar ist.

Der Erhaltungszustand der Population dürfe durch die Entnahme nicht verschlechtert werden. Deshalb werde eine Höchstzahl an Tieren festgelegt, die entnommen werden dürfen. Wegen der Ausbreitung des Fischotters in Ostbayern hat die bayerische Staatsregierung bereits 2013 einen Managementplan durch die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) erstellen lassen.

Nebelkerzen gezündet

Bereits nach der Ankündigung des Kabinettsbeschlusses eine Woche zuvor erklärte der BUND Naturschutz in Bayern (BN), man sehe durch die neuen Regelungen, den Abschuss von Wölfen und die Entnahme von Fischottern zukünftig zu erleichtern, keinerlei Auswirkungen auf die Praxis.

„Wolf und Fischotter sind als gefährdete Arten sowohl durch die europäische als auch durch die deutschen Richtlinien geschützt – darüber kann sich auch ein Herr Söder oder Herr Aiwanger nicht einfach so hinwegsetzen“, sagte der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner. Der Ministerpräsident und sein Wirtschaftsminister ignorierten hier einfach rechtliche Grundlagen.

Ein entsprechende artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung, die sich ans Naturschutzrecht halten muss, sei immer zwingend erforderlich, unterstrich der BN-Wolfsexperte Uwe Friedel und sprach von Nebelkerzen die, die Staatsregierung zünde.

Inwieweit die neuen bayerischen Regelungen zu Wolf und Fischotter im Zusammenspiel mit Bundes- und EU-Regelungen tatsächlich verfangen, ist höchst unsicher. Eines ist jedoch klar erkennbar: Es ist Wahlkampf in Bayern.

Quellen: Bay. Staatsregierung, BN, LWF