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Abb. 3: Holger Sturhan bei der Unterweisung: Vor jedem Einsatz ist eine Person auf dem Boden in den Notsteuerbetrieb beziehungsweise den Notablass einzuweisen. Übungen sind dabei unerlässlich.
Abb. 3: Holger Sturhan bei der Unterweisung: Vor jedem Einsatz ist eine Person auf dem Boden in den Notsteuerbetrieb beziehungsweise den Notablass einzuweisen. Übungen sind dabei unerlässlich.

Baumarbeiten mit der Hebebühne – die bessere Alternative?

15. April 2020

Fahrbare Hubarbeitsbühnen erleichtern die Arbeit in der Höhe und sind sicherer als Leitern und Seilklettertechnik. Was ist beim Einsatz eines Hubsteigers zu beachten?

Abb. 1: Wichtig: Die Wahl des richtigen Hubsteigers

Die technischen Möglichkeiten fahrbarer Hubarbeitsbühnen entwickeln sich stetig. Großgeräte erreichen Höhen weit über die Baumwipfel hinaus; Kleingeräte passen durch Türen. Egal ob Baumarbeiten, Grünpflege oder Arbeiten an Gebäuden, das breite Angebot bietet vielfältige und gute Alternativen zu Leitern und zur Seilklettertechnik (Abb. 1). Der Arbeitskorb ermöglicht ein sicheres, konzentriertes Arbeiten mit Bewegungsfreiheit und in einer gesunden Körperhaltung. Das umlaufende Schutzgitter, der Auffanggurt und das Höhensicherungsgerät verhindern das Abstürzen (Abb. 2).

 

Trotz aller Vorteile im Vergleich zu konventionellen Arbeitsverfahren ereignen sich jedes Jahr schwere Unfälle beim Einsatz von Hubarbeitsbühnen. Deren überwiegende Ursachen sind Nachlässigkeiten bei der Arbeit – insbesondere beim Aufstellen der Bühne –, mangelndes Fachwissen des Bedieners und unerkannte Materialermüdung. Mit Recht fordert deshalb die Berufsgenossenschaft eine ausreichende Qualifikation des Bedieners, die regelmäßige Prüfung der fahrbaren Hubarbeitsbühne und eine gründliche Arbeitsvorbereitung vor jedem Einsatz im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. Dazu gehören vor allem die umsichtige Auswahl der Aufstellfläche und des Untergrunds, die gut überlegte Positionierung des Korbs und eine durchdachte, ausreichende Lastverteilung über die Stützen auf den Untergrund.

Abb. 2: Absturzsicherung mit Auffanggurt und Höhensicherungsgerät

Nur gut geschult auf die Bühne

Der Umgang mit der Hebebühne ist technisch anspruchsvoll und durch die Arbeitshöhe mit einem besonderen Risiko verbunden. Jeder, der Hebebühnen bedient, benötigt deshalb eine entsprechende Schulung. Wie wichtig diese Seminare sind, zeigt die Statistik. Etwa jeder fünfte Unfall ist zurückzuführen auf unkontrollierte Korbbewegungen (Peitscheneffekt). Jeder zehnte Verletzte hat sich zwischen dem Arbeitskorb und einem Gegenstand, etwa einem Ast, eingequetscht. Grund dafür waren Bedienfehler, die bei einer konzentrierten, fachkundigen Handhabung der Hubarbeitsbühne nicht passieren. Eintägige Schulungen, die auf die besondere Arbeitssituation zugeschnitten sind, bieten unter anderem Hersteller und Verleiher von Hebebühnen an. Der einwöchige Lehrgang „Arbeitssicherheit Baum II“ (AS Baum II) beinhaltet auch die Bedienerschulung für die Hubarbeitsbühne. Zusätzlich zur Schulung wird empfohlen, eine Eignungsuntersuchung zu veranlassen, wie sie bei gefährlichen Baumarbeiten längst Pflicht ist. Die Hebebühne bedienen darf nur, wer dafür schriftlich vom Unternehmer beauftragt wurde. Arbeitgeber sind dafür verantwortlich, dass eine Einweisung in das Gerät sowie eine jährlich zu wiederholende Unterweisung erfolgen (Abb. 3).

Abb. 3: Holger Sturhan bei der Unterweisung: Vor jedem Einsatz ist eine Person auf dem Boden in den Notsteuerbetrieb beziehungsweise den Notablass einzuweisen. Übungen sind dabei unerlässlich.

Welche Bühne ist die richtige?

Die individuellen Einsatzkriterien wie Reichweite, Traglast des Korbs, Zufahrt und Untergrund am Aufstellort bestimmen, welche Arbeitsbühne angeschafft oder ausgeliehen werden sollte. In der Baum- und Grünpflege werden meist Lkw-Arbeitsbühnen zwischen 20 und 35 m Arbeitshöhe eingesetzt. Sie lassen sich schnell und unkompliziert umsetzen. Um Lkw bis 3,5 t Gesamtgewicht fahren zu dürfen, reicht die Führerscheinklasse B. Diese Hebebühnen werden mit beachtlichen Arbeitshöhen von bis zu 27 m angeboten. Bei schwierigen Geländeverhältnissen haben sich Bühnen mit Kettenlaufwerk bewährt. Ge-rade für Arbeiten im Straßenraum ist bei der Auswahl der Hubarbeitsbühne darauf zu achten, dass weder die Stützen noch Teile des Drehtischs oder des Hubarms in den Verkehrsraum schwenken. Fragen Sie beim Hersteller oder Verleiher nach passenden Angeboten.

Auf Standsicherheit achten

Rund 30 % aller schweren Unfälle mit Hebebühnen lassen sich auf eine unzureichende Standsicherheit zurückführen. Bei seitlicher Ausladung können bis zu 80 % der Gesamtlast auf die entsprechende Stütze kommen. Bei gewachsenen Böden, Leitungstrassen, Kanaldeckeln oder Gräben kann dies zu einem Grundbruch und damit zum Umsturz führen. Die genaue Beurteilung des Untergrunds und die Berechnung der lastverteilenden Unterlagenfläche, die im Rahmen der Schulungen vermittelt werden, sind unumgänglich. Bei der Wahl der Unterlegplatten ist auf die Größe, Qualität, Rutschfestigkeit und auf leichte Handhabung beim Transport zu achten.

Sicher Arbeiten im Korb

Abb. 4: Der Positionswechsel des Korbes verlangt aufgrund von Hindernissen und darunter liegenden Gefahrenbereichen ständige Umsicht.

Etwa jeder zehnte schwere Unfall mit Hebebühnen ist auf Materialermüdung zurückzuführen. Vor dem Betreten des Korbes sollte daher immer eine Sicht- und Funktionskontrolle durchgeführt werden. Gerade bei Hubarbeitsbühnen, die zur Baumpflege eingesetzt werden, können durch besondere Belastungen, wie Aufsetzen, Einklemmen und Übernahme zu großer Lasten, Schäden entstehen, die bislang unentdeckt geblieben sind. Die jährliche Prüfung durch Sachkundige gibt eine zusätzliche Sicherheit. Insbesondere der Positionswechsel des Korbes verlangt aufgrund von Hindernissen und darunter liegenden Gefahrenbereichen ständige Umsicht (Abb. 4). Das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz wird über die Bedienungsanleitung der Hersteller geregelt. In der Praxis haben sich Auffanggurte in Kombination mit Höhensicherungsgeräten bewährt, die das maximal 1,80 m lange Seil stetig straff halten (Abb. 2). Bei Baumpflegearbeiten im Arbeitskorb mit der Motorsäge muss eine spezielle Schutzausrüstung getragen werden. Wird zu zweit mit der Motorsäge im Arbeitskorb ohne Trenngitter gearbeitet, bedarf es einer persönlichen Ausnahmegenehmigung durch die Berufsgenossenschaft. Schwere Lasten, zum Beispiel Stammabschnitte, dürfen nicht aufgenommen werden. Schnee und Windverhältnisse sind sowohl beim Aufstellen als auch bei der Arbeit laufend zu bewerten.

Das sagt der Praktiker

Dipl.-Ing. Holger Sturhan (Abb. 3) ist Lehrbeauftragter an der Göttinger Hochschule und akkreditierter Ausbilder für Baumarbeiten und Seilklettertechnik. Für ihn und seine Mitarbeiter ist der Einsatz von Hubarbeitskörben die erste Wahl, wenn es um Arbeiten in luftiger Höhe geht. „Der Einsatz von Arbeitsbühnen ist wirtschaftlich, komfortabel und macht die Arbeit sicher“, so der selbstständige Baumpfleger.

Schulungsangebote

In dem Seminar „Sicher und gesund arbeiten bei Baumarbeiten“, angeboten von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), wird den Teilnehmern vermittelt, wie sich bei Baumarbeiten Gefahrenquellen erkennen und Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz umsetzen lassen. Die nächsten Termine finden statt am:

  • 7. bis 9. Juli 2020: SVLFG-Seminar Baumarbeiten Niedersachsen,
    27374 Visselhövede
  • 14. bis 16. Juli 2020: SVLFG-Seminar Baumarbeiten Baden-Württemberg, 75181 Pforzheim/Hohenwart 
  • Weitere Infos unter:
    www.svlfg.de

    Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)