Der Arbeitskreis Stadtbäume der GALK (Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz) und die Arbeitsgruppe Stadtbäume des VSSG (Vereinigung Schweizerischer Stadtgärtnereien und Gartenbauämter) fordern den Schutz der Stadtbäume vor den schädlichen Wirkungen von Streusalz.
Straßenbäume werden durch Streusalz, das im Rahmen des Winterdienstes zur Bekämpfung von Glätte ausgebracht wird, beeinträchtigt. Insbesondere die hohen Streusalzmengen, die während extremer Glatteis-Wetterlagen über einen längeren Zeitraum ausgebracht werden, können Bäume nachhaltig schädigen. Im Winter 2009/2010 wurde eine gewaltige Salzmengen auf Autobahnen, Straßen, Wegen, Parkplätzen, aber auch auf Gehwegen und privaten Grundstücken gestreut, so dass bereits Anfang Januar die Vorräte vieler Bauhöfe und Stra-ßenmeistereien verbraucht waren. Hinsichtlich der Bäume bedeutet dieses einen erhöhten Finanzbedarf, um die Salzschäden durch Pflegemaßnahmen zu mildern oder Nachpflanzungen vor-zunehmen. Diese Mittel stehen in der Regel nicht zur Verfügung, so dass mit einem fortlaufenden Vitalitäts- und Substanzverlust gerechnet werden muss.
Wirkung von Streusalz
Streusalz beeinträchtigt die Bäume in mehrfacher Hinsicht. Zum einen treten Schädigungen beim direkten Kontakt der Pflanzenoberfläche mit den im Spritzwasser enthaltenen Chloriden auf, zum anderen führt die Aufnahme von salzreichem Bodenwasser durch die Wurzeln auf längere Sicht zur Schädigung und zum Absterben der Zellen im Inneren der Bäume, da der Wasser- / Nährstofftransport stark beeinträchtigt wird. Braune, abgestorbene Blattränder, sogenannte Nekrosen sind die äusserlich sichtbaren Folgen. Durch den Eintrag von Salzen wird zudem das Bodenleben wesentlich verändert. Zu wenig Bodenluft, ein verarmendes Nährstoffangebot und Bodenverschlämmung gehören zu den Auswirkungen. Für Bäume lebensnotwendige Pilze und Kleinlebewesen werden stark geschädigt oder sterben ab.
Bisherige Erfahrungen
Erfahrungen mit Auswirkungen von Streusalz auf Straßenbäume gibt es seit Jahrzehnten. Insbesondere nach dem extrem strengen Winter 1978/79 waren die Schäden an den Straßenbäumen alarmierend. Die GALK (Ständige Konferenz der Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag, heute: Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz) beschloss am 11. und 12.1979 in Bonn eine Resolution gegen die Vernichtung des Straßengrüns durch Streusalz. In der Folge wurden die Verfahren des Streusalzeinsatzes verändert und Streusalz zum Teil durch Splitt ersetzt. Auch die Dosierungen bei der Ausbringung und die Streutechnik wurden optimiert. Die meisten Städte untersagten den Einsatz von Streusalz auf Gehwegen. Durch die massiven Schäden an Bäumen mussten kostspielige Maßnahmen zur Standortverbesserung und zur Revitalisierung durchgeführt werden. Über viele Jahre kann so der Gesundheitszustand der Bäume durch derartige Maßnahmen wieder stabilisiert , soweit erneute Salzeinträge unterbleiben bzw. nur begrenzt stattfinden.
Informationsdefizit
Leider gibt es auch Veröffentlichungen und Studien, die den Einsatz von Streusalz als positiv bewerten. Insbesondere aus ökonomischen Gesichtspunkten wird beim Vergleich der aktuell verwendeten Streumittel (beispielsweise Splitt) das Salz als am wirtschaftlichsten bewertet. Diese Sichtweise berücksichtigt nicht die Wirkung des Salzes auf Pflanzen und Bodenleben. Umweltschäden durch die Streusalzausbringung werden außer Acht gelassen und infolgedessen nicht monetär bewertet. Für eine komplexe Betrachtung dieses Themas muss das gesamte Ausmaß der Schädigungen jedoch in eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbezogen werden.
Unterschiedlich sind auch die Meinungen über das Ausmaß der Schädigungen in Abhängigkeit von der ausgebrachten Menge an Streusalz. Problematisch ist es, nur die kurzfristig sichtbaren Schäden zu beurteilen, weil sich Beeinträchtigungen oft noch nach Jahren zeigen. Groß ist die Unkenntnis vieler privater Personen, die ihre Hauseingänge, Treppen etc. mit Streusalz gegen Winterglätte behandeln. Aufklärung über die Auswirkungen von Streusalz ist weiterhin dringend notwendig.
Verkehrssicherungspflicht / Haftung
Die Aufgabe der Strassendienste ist es, die Verkehrssicherheit für den Straßenverkehr zu gewährleisten. Dazu gehört eben auch, bei Frost die Rutschgefahr möglichst klein zu halten. Der Umfang des erforderlichen Winterdienstes ergibt sich aus den jeweiligen Erfordernissen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Im Sinne der Verkehrssicherungspflicht hat jeder, der einen Verkehr eröffnet oder den öffentlichen Verkehr auf dem seiner Verfügung unterstehenden Grundstück duldet, die allgemeine Rechtspflicht, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu schaffen, das heißt, für einen verkehrssicheren Zustand zu sorgen. Der Verantwortliche ist somit grundsätzlich verpflichtet, Schäden an Personen oder Sachen zu verhindern. Als Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche dient in Deutschland § 823 Abs. 1 BGB und in der Schweiz OR Art. 41 Haftung im Allgemeinen / OR Art. 59 Haftung des Werkeigentümer / OR Art. 59 Sichernde Massnahmen / SVG / USG.
Differenzierter Winterdienst
Das Konzept des „Differenzierten Winterdienstes“, das die mehrstufige Verwendung von Streumitteln nach Straßen- und Wetterlage vorsieht, ist geeignet, den Winterdienst umweltverträglicher zu gestalten und zugleich die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. In Nebenstraßen wird nur sehr zurückhaltend geräumt und nicht gestreut („weißer Winterdienst“). Auf den Hauptstrecken ist der Schnee zunächst gründlich zu räumen, bevor der Winterdienst streut („Schwarzräumen“). Je nach Straßen- und Wettersituation sollte dann zeitnah abgestuft entschieden werden, ob Salz oder Splitt ausgebracht wird, beziehungsweise ob auf das Streuen ganz verzichtet werden kann. Nur auf besonders gefährlichen und verkehrswichtigen Straßenabschnitten, wie beispielsweise starken Steigungen oder verkehrsreichen Kreuzungen, wird dann Auftausalz eingesetzt. Außerdem wird die Salzmenge durch den Einsatz von Feuchtsalz reduziert.
Weitere Möglichkeiten, den Einsatz von Salz zu reduzieren, bestehen darin, Wetter-vorhersagen besser zu nutzen und neue Dosiertechniken, wie zum Beispiel Thermostreuer, einzusetzen.
Fazit
Bäume in der Stadt, speziell am Straßenstandort , benötigen eine intensive Pflege mit hohen Kosten. Einflüsse, die ihre Gesundheit und Vitalität beeinträchtigen, müssen im besten Fall ausgeschlossen, mindestens aber auf ein Minimum reduziert werden. Der Arbeitskreis Stadtbäume der GALK und die Arbeitsgruppe Stadtbäume der VSSG fordert hinsichtlich des Winterdienstes zum Schutz der Straßenbäume die enge Zusammenarbeit der für den öffentlichen Verkehr und für das Grün Verantwortlichen. Hier sind die Unterstützung und die Akzeptanz für die jeweiligen Aufgaben des Anderen notwendig. Erforderlich ist ferner die Sensibilisierung der Bevölkerung im Hinblick auf eine umsichtige Teilnahme am Verkehr entsprechend der Wetterlage, denn die vollkommene Rutschsicherheit kann nicht gewährleistet werden!
Allgemein sollte das Gebot der Zurückhaltung beim Einsatz von Streusalz gelten. Im Sinne des differenzierten Winterdienstes ist Streusalz nur dort einzusetzen, wo der Verkehr ohne Salzeinsatz einer wesentlich erhöhten Gefahr ausgesetzt wäre.
Ferner ist die Verringerung der Salzmenge durch die Umstellung auf den Einsatz von Feuchtsalz mit modernen Ausbringtechniken mit Nachdruck vorzunehmen.
Schließlich ist die intensive Suche nach alternativen Tau- oder Abstumpfungsmitteln erforderlich.
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