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Aebi Holztransport
Foto: H. Höllerl

Aebi im Holztransport: Der Bergfex

02. Januar 2020

Für die Schweizer Alpwirtschaft sind sie wohlbekannt – die Viatracs von Aebi Schmidt. Die allradgetriebenen Mehrzweck-Transporter gibt es mit einer schier unüberschaubaren Zahl von Aufbauten und Anbaugeräten. Der Holztransporter von Markus Pfiffner ist bisher jedoch ein Einzelstück – aber was für eins!

Der Hauptort von Mels liegt unten im Rheintal, knapp 50 km südlich vom Bodensee. Das Gemeindegebiet zieht sich allerdings weit hinauf in die Berge, deren Gipfel fast 3 000 m erreichen. Schon ziemlich weit droben, in der Hangsiedlung Vermol auf rund 1 100 m, wohnt Markus Pfiffner. Hier gibt es jede Menge enger Bergsträßchen, die zum Großteil für herkömmliche Lkw nicht mehr befahrbar sind. Kurz hinter seinem Haus beginnt der Wald der Ortsgemeinde Mels, wo die Hänge schnell extrem steil werden und die Wege schmal und kurvig. Das ist alles Pfiffners Reich, wo er mit umfangreichen Dienstleistungen tätig wird. Sein Hauptgeschäft sind Erd- und Baggerarbeiten, daneben kommt der Winterdienst und als relativ neue Nische, die Holzabfuhr aus schwer bringbaren Lagen. Die Basis für all diese Tätigkeiten bildet sein Aebi VT 450 vario mit diversen Ergänzungen. Auf dem Tieflader kann er seinen Kompaktbagger mit 8,5 t problemlos umsetzen. Eine spezielle Einzelanfertigung hat er sich vor knapp einem Jahr für den Holztransport einfallen lassen: Ein ausgewachsener Z-Kran sitzt auf einem Schnellwechselrahmen und dahinter hängt ein ausziehbarer Rungenwagen für bis zu 8 m lange Holzsortimente. Realisiert hat das für ihn die Schwitter Landmaschinen AG am Ort, die zum einen Spezialisten für Aebi sind und zum anderen auch Erfahrung mit Holztransportaufbauten haben.

Hoch hinauf

Swiss-made: Der Aebi VT450 als Holztransporter

Um einen Eindruck zu gewinnen, was dieses Gespann zu leisten vermag, muss man einfach mal eine Runde mitfahren. Heute gilt es, Kalamitätsholz von einem lokalen Föhnsturm abzufahren, bevor der Hochwinter mit entsprechenden Schneehöhen kommt – in bisschen weiß ist es auch jetzt schon hier oben.

Ein durchaus moderner Arbeitsplatz. Das Display gibt sogar Auskunft über die hintere Achslast am Fahrzeug

Schon beim Einstieg in das Fahrerhaus wird klar, dass wir es hier mit einem sehr modernen Arbeitsplatz zu tun haben: Das stufenlos-leistungsverzweigte Getriebe wird nicht über ein Gaspedal und Schaltknüppel aktiviert, sondern an der Armlehne des Fahrersitzes prangt ein großer Joystick. Mit dem werden die Fahrmodi angewählt, beschleunigt, gebremst und auch die Richtung gewechselt. Ein Kupplungspedal ist zwar vorhanden, nennt sich hier aber nur mehr „Impfpedal“ und wird nur beim Starten oder als Not-Aus gebraucht. Die Bremse hat auch meistens Pause, weil der hydraulische Retarder die meiste Verzögerungsarbeit übernimmt. Ein Display dient als Info-Zentrale und vermeldet auf Wunsch auch die hintere Achslast. Das ist kein weiterer konstruktiver Aufwand, denn der Aebi besitzt eine Einzelradaufhängung mit hydropneumatischer Federung und 100 mm Federweg. Für den erweiterten Bodenkontakt im schweren Gelände sorgt ein progressiv gedämpftes Verdrehgelenk. Der Vierzylinder-Diesel von VM Motori entwickelt mit seinen 3 l Hubraum 80 kW und schiebt uns theoretisch mit bis zu 50 km/h den Berg hinauf. Pfiffners Aebi ist jedoch nur für 40 km/h zugelassen, weil er sich so den Fahrtenschreiber sparen kann.

 

Volle Konzentration: Markus Pfiffner bei der Rückwärtsfahrt

Nach kurzem Aufstieg erreichen wir eine Wendeplatte von kaum 6 m Durchmesser. Als wäre es selbstverständlich, holt Pfiffner kurz aus und dreht sein Gefährt hier in einem Zug – die Allradlenkung macht es möglich. Die restlichen 500 m bis zum Einsatzort müssen wir rückwärts fahren – auf einem superschmalen Waldweg, der sich knapp um große Felsen windet. Für jeden Lkw-Fahrer wäre das eine Mutprobe, mit dem Aebi schlängelt man sich aber fast spielerisch entlang.

Steil bergab

Der Landeplatz der Seilbahn befindet sich an einer besonders engen Stelle. Das Holz liegt direkt auf dem Weg und muss von hinten aufgeladen werden. Das wäre mit dem Ladekran zu mühsam, auch wenn der Epsilon C80Z mit seinem Doppelausschub 8,9 m weit langt und normalerweise flotter zu bedienen ist als der Bagger. Während der Beladung sorgen die Kollegen von Tamina-Forst aus der Nachbargemeinde Ragaz mit ihrem Konrad Kippmastseilkran 4000 U für Nachschub. Der Radbagger mit dem Prozessorkopf ZBH 58 von Zöggeler gehört der Gemeinde Mels. Nach wenigen Minuten ist die Fuhre voll. Bei 5-m-Abschnitten reicht der Ladequerschnitt des „Sachentransportanhängers“, wie es in den Fahrzeugpapieren heißt, für rund 12 Fm. Das zulässige Gesamtgewicht des Gespanns liegt bei 16 t. Leer wiegt es 7,5 t. Vom Gewicht der Ladung ist, zumindest für den Beifahrer, bei der Abfahrt kaum etwas zu spüren. Die Hydropneumatik federt alle Stöße gut weg und der Retarder hält die Fuhre auch an Steilstücken zuverlässig im Zaum.

Foto: H. Höllerl
Dort wo der Lkw wieder problemlos hinkommt, wird abgeladen

Wieder angekommen in der Zivilisation, sprich an einer Lkw-befahrbaren Straße, packen wir die Abschnitte auf ein großes Polter. Auch von den dicken Stämmen hebt der Kran mit 74 kNm Lastmoment immer mindestens zwei Stück. So geht das tatsächlich nochmal schneller als mit dem starken Bagger-Arm. Schon sitzen wir wieder im Cockpit für die nächste Tour. Die Zeit drängt ein bisschen: Für den Nachmittag ist starker Schneefall angekündigt.

Auf den Punkt

 

Gäbe es denn sinnvolle Alternativen zu dieser Transportform? Bisher erledigten hier Traktoren mit Rückewagen die erste Etappe aus dem Wald heraus. Die sind natürlich deutlich günstiger in der Anschaffung als dieses Spezialgefährt. Der Aebi VT 450 mit der umfangreichen Ausstattung Vario-Getriebe, Allradlenkung und Federung kostet schon knapp 200 000 CHF. Der Kranaufbau, der sich innerhalb von 10 min lösen und am Hof abstellen lässt, hat zusammen mit dem Anhänger noch einmal gut 100 000 CHF verschlungen. Rechnet sich das? „Ich habe eine gute Nische für mich gefunden,“ sagt Markus Pfiffner, „mit dem geländegängigen Transporter arbeite ich meistens dort, wo die Anderen schon nicht mehr hinkönnen. Wo es schwierig wird, ist die Konkurrenz auch nicht mehr so groß.“ Offenbar hat er gut zu tun, denn der Zähler weist nach knapp einem Jahr schon über 800 Betriebsstunden aus.

Auf der Forstmesse Luzern 2019 zeigte Schiltrac eine ganz ähnliche Fahrzeugkombination, bei der sogar die Nachläuferachse noch lenkbar ist. Dieses Gerät mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 24 t und 130 kW Leistung wäre Pfiffner schon zu groß, abgesehen davon, dass hier noch mehr Geld drinsteckt. Lindner Unitrac und Reform Muli spielen noch in der gleichen Liga wie sein Aebi. Die kamen aber aus einem anderen Grund nicht infrage: Markus Pfiffners Bruder Daniel führt den elterlichen Bauernhof weiter und fährt dort auch Aebi – so lassen sich sämtliche Anbaugeräte durchtauschen und die Brüder helfen sich gegenseitig aus.

Heinrich Höllerl